Emanuel Winklhofer
Die Deutschen liegen mit ca. 71 Plastiktüten pro Einwohner und Jahr im europäischen Mittelfeld, andernorts werden weit mehr verbraucht und schon nach durchschnittlich 25 Minuten Nutzungszeit wieder weggeworfen.
Einige Denkanstöße
Es ist absolut lobenswert, wenn wir in der Apotheke einen Beitrag zu weniger Plastikmüll leisten. Es steht uns allerdings nicht zu, unsere Kunden zu belehren. Jeder Mensch darf selbst entscheiden, wie, wann und ob er sich für die Umwelt einsetzt. Außerdem sehen wir einem Kunden gar nicht an, was er schon alles tut: Vielleicht verzichtet er darauf, mit dem Flugzeug in den Urlaub zu fliegen oder mit dem Auto zu fahren, vielleicht kauft er generell sehr bewusst ein (und hat bei einem Spontankauf mal keine Tasche mit), vielleicht ernährt er sich vegan? Dies nur als einige Beispiele für Maßnahmen, welche die Umwelt schonen.
Bei dieser Gelegenheit: Wann beginnen wir selbst, weniger Plastik zu nutzen? Denken Sie an die ganzen Plastikverpackungen im Alltag. Prüfen Sie einmal Ihren Durchschnittseinkauf im Supermarkt: Eine einzelne, größere Verpackung entspricht oftmals etlichen Plastiktüten! Es ist praktisch unmöglich, frei von Plastik- und Folienprodukten einzukaufen!
Rechtlicher Einwurf
Wenn wir in der Apotheke 20 Cent Schutzgebühr für eine Plastiktüte nehmen, zählt dies zu dem Begriff „Feilhalten“, d. h. wir verkaufen Plastiktüten. Nach § 1 Absatz 10 Apothekenbetriebsordnung zählen diese sicherlich nicht zu „Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern“. So betrachtet, sind Plastiktüten keine apothekenüblichen Waren, die gegen Geld veräußert werden dürfen!
Wirtschaftliche Betrachtung
Der Apothekenumsatz pro Kopf und Jahr beläuft sich auf etwa 600 €. Bedenkt man, dass viele Apothekenkunden (v. a. Kundinnen!) durchschnittlich für rund drei Personen einkaufen, ergibt das einen „Wert“ pro Kunden von 1800 € im Jahr! Wollen Sie ernsthaft in vorauseilendem Gehorsam eines kundenbelehrenden Umweltbewusstseins wegen 0,20 € einen Kunden verlieren? Andere Fragen: Was machen Sie mit den 20 Cent (für die Umwelt)? Wie werden sie verbucht?
Was tun?
- Generell die Frage stellen, ob der Kunde die Medikamente so mitnehmen will oder vielleicht noch in seine Tasche bekommt.
- Abgabe von Papiertüten.
- Sie können den Kunden eine umweltfreundliche Mehrwegtasche anbieten und damit gleich noch ein neues Marketingkonzept aufbauen: Wenn der Kunde beim nächsten Einkauf diese Tasche wieder mitbringt, um sie mehrfach zu nutzen, können Sie ihn mit einem Extra-Taler, Treuepunkt etc. belohnen! Damit können Sie werben und sich positiv beim Kunden verankern.
Was ist Ihr Ziel? Der Kunde soll die Apotheke mit einem Lächeln verlassen und denken: „Hierher komme ich gern wieder!“ Dieses Ziel sollte zur Basis für all Ihre Marketing-Aktivitäten werden!
Gesundes Umweltbewusstsein zu praktizieren ist gut und wichtig. Aber bitte ohne dabei Kundenbeziehungen aufs Spiel zu setzen!
3-Minuten-Video
Ein kostenfreies 3-Minuten-Video zu diesem Thema finden Sie auf der Homepage des Autors unter: www.winklho.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(18):14-14