Personalkosten zu hoch (Teil 2)

An der Gehaltskostenschraube drehen


Jasmin Theuringer

Ein zu großer Personalbestand, nicht mehr tragbare Gehälter sowie eine unausgewogene Personalstruktur bilden die Rezeptur für zu hohe Personalkosten. Im zweiten Teil unserer Serie widmen wir uns der Problematik nicht mehr angemessener bzw. tragbarer Bezüge.

Sind die Personalkosten der Apotheke zu hoch, obwohl die Anzahl der Mitarbeiter dem Apothekenbetrieb angemessen ist, dann spricht einiges dafür, dass die dem einzelnen Mitarbeiter gezahlten Bezüge überdurchschnittlich hoch sind. Denkbar ist auch, dass Einsparpotenzial bei den stetig ansteigenden Lohnnebenkosten nicht genutzt wird oder ein unverhältnismäßig hoher Krankenstand die Kosten in die Höhe treibt.

Gehaltskürzungen

Gehaltskürzungen sind natürlich auf den ersten Blick ein verlockendes Mittel zur Senkung der Personalkosten. Sie sind allerdings rechtlich kaum durchsetzbar und sollten auch im Hinblick auf die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter nicht die erste Wahl darstellen.

Die Höhe der Vergütung ist regelmäßig im Arbeitsvertrag festgelegt. An diesen müssen sich beide Parteien halten, eine Änderung der dort vereinbarten Bedingungen des Arbeitsverhältnisses ist durch eine einseitig zulasten des Arbeitnehmers gehende Weisung nicht möglich.

Jederzeit möglich ist dagegen eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitnehmer wird jedoch einer Kürzung seines Gehalts nur zustimmen, wenn er die Notwendigkeit dieser Maßnahme – zum Beispiel zur Verhinderung von betriebsbedingten Kündigungen – einsieht. Die hierzu notwendige Überzeugungsarbeit dürfte nur in Ausnahmefällen gelingen.

Um Gehaltskürzungen einseitig durchzusetzen, bleibt dem Arbeitgeber das Instrument der Änderungskündigung. Das bestehende Arbeitsverhältnis wird gekündigt, gleichzeitig wird die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu einer geringeren Vergütung angeboten. Bei der Änderungskündigung handelt es sich um eine Kündigung, gegen die der Arbeitnehmer vor Gericht vorgehen kann. Tut er dies, so muss der Arbeitgeber nicht nur darlegen können, dass bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Gehaltsstruktur betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen und diese zu einer Reduzierung der Belegschaft oder einer Betriebsschließung führen. Zudem muss auch ein umfassender Sanierungsplan vorgelegt werden, aus dem deutlich wird, dass zuvor alle anderen Mittel ohne Erfolg ausgeschöpft worden sind, bevor Gehaltskürzungen ausgesprochen werden (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.06.2005, AZ: 2 AZR 642/04).

Diese Anforderungen der Gerichte sind in der Praxis kaum zu erfüllen. Eine einseitige Kürzung der Gehälter wird in den seltensten Ausnahmefällen die Lösung für zu hohe Personalkosten sein.

„Freiwillige“ Leistungen kürzen

Kommt eine Kürzung der regelmäßigen monatlichen Vergütung nicht in Betracht, drängt sich die Frage auf, ob ein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gekürzt oder ganz gestrichen werden kann. Schließlich werden diese Leistungen im Arbeitsvertrag häufig als freiwillig bezeichnet. Ob eine Kürzung möglich ist, hängt davon ab, woraus der Anspruch des Mitarbeiters resultiert.

In tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen gibt der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine im November fällige Sonderzahlung in Höhe eines Tarifgehalts. Diese Sonderzahlung kann nur unter den im Tarifvertrag genannten Voraussetzungen gekürzt werden, eine vollständige Streichung ist nicht möglich.

Die Sonderzahlung kann auf 50 % des tariflichen Monatsverdienstes gekürzt werden, wenn dies aus wirtschaftlichen Gründen notwendig ist. Dies ist im Streitfall mit Zahlen der Apotheke zu belegen. Wird die Sonderzahlung gekürzt, greift eine Kündigungssperre. Wird innerhalb von sechs Monaten nach der Zahlung der gekürzten Zuwendung eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen, ist der gekürzte Teil nachträglich auszuzahlen. Die Kürzung der Sonderzahlung ist also nur möglich, wenn dadurch betriebsbedingte Kündigungen verhindert werden.

Ergibt sich der Anspruch auf Weihnachtsgeld aus einem individuellen Arbeitsvertrag, kommt es auf die dort enthaltene Formulierung an. Enthält der Arbeitsvertrag einen Freiwilligkeitsvorbehalt, ist der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt, die Zahlung des Weihnachtsgelds für alle Arbeitnehmer einzustellen. Es muss sich jedoch unmissverständlich aus dem Arbeitsvertrag ergeben, dass es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt, auf die auch nach mehrmaliger Zahlung kein Rechtsanspruch besteht.

Enthält der Vertrag einen Widerrufsvorbehalt, ist das Abrücken von der Zahlung des Weihnachtsgeldes etwas schwieriger. Ein Widerrufsvorbehalt bedeutet, dass der Arbeitgeber sich verpflichtet, regelmäßig ein Weihnachtsgeld zu zahlen. Diese Verpflichtung kann er nur widerrufen, wenn er hierfür einen sachlichen Grund hat. Dieser Grund muss bereits im Arbeitsvertrag genannt werden (BAG, Urteil vom 12.01.2002, AZ: 5 AZR 364/04). Ohne wirksamen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt ist das Weihnachtsgeld unantastbar.

Langfristige Maßnahmen

Sinnvoller als das einmalige Einbehalten des Weihnachtsgeldes ist jede Maßnahme, die dauerhaft zu geringeren Lohnkosten führt. Zu hohe Personalkosten können durch starre Arbeitszeiten verursacht werden. Diese führen zu einer zu geringen Auslastung der Mitarbeiter, wenn wenig zu tun ist, und im umgekehrten Fall zu teuren Überstunden. Eine Vereinbarung, dass ein Teil der Arbeitszeit flexibel gestaltet wird, kann dem entgegenwirken. Auch sollten Überstunden möglichst in Freizeit abgegolten und nicht ausbezahlt werden.

Ein hoher Krankenstand kann zu einer doppelten Belastung führen, zu den Kosten für die Lohnfortzahlung kommen diejenigen für die Ersatzkraft. Häufige Kurzerkrankungen sind oft ein Zeichen für Probleme im Betrieb und Unzufriedenheit der Mitarbeiter. Hier sollte das Gespräch gesucht werden, um die Ursachen eines zu hohen Krankenstandes zu bekämpfen. Natürlich wird sich nicht jeder Mitarbeiter seinem Arbeitgeber offenbaren wollen, hier kann ein anonymer „Kummerkasten“ helfen.

Alternativen zur Lohnerhöhung

In tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen ist mindestens der Tariflohn zu zahlen. Die meisten Apotheken bezahlen ihre Mitarbeiter jedoch übertariflich. Wenn der Gehaltstarifvertrag angepasst wird, müssen Lohnerhöhungen nicht zwingend umgesetzt werden. Dies gilt in nicht-tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen ohnehin. Aber auch bei Tarifbindung kann eine Erhöhung der Tarifgehälter zunächst mit dem übertariflichen Teil des Gehalts verrechnet werden. Erhält also ein Mitarbeiter eine Vergütung von 10% über Tarif und das Tarifentgelt wird um 5 % erhöht, dann hat diese Tariferhöhung keine Gehaltserhöhung für den Arbeitnehmer zur Folge.

Bevor eine Erhöhung des Bruttoentgelts ausgehandelt wird, sollten beide Parteien prüfen, ob nicht stattdessen sozialversicherungs- und lohnsteuerfreie Leistungen in Betracht kommen (z.B. Zuschuss zu Kinderbetreuungskosten für nicht schulpflichtige Kinder, monatlicher Tankgutschein, pauschal versteuerter Ersatz von Fahrtkosten). Solche Leistungen sparen Lohnnebenkosten ein. Sozialversicherungsbeiträge werden auch eingespart, wenn ein Teil der Vergütung in eine betriebliche Altersvorsorge eingezahlt wird.

Eine Teilhabe am Erfolg der Apotheke ist für Mitarbeiter eine besondere Motivation. Motivierte Mitarbeiter sind ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor. Es sollte überlegt werden, ob anstelle eines Weihnachtsgeldes eine erfolgsabhängige Tantieme gezahlt werden kann. Diese kann sowohl an persönlichen Zielen als auch an der Entwicklung der Apotheke ausgerichtet werden

Jasmin Theuringer, Rechtsanwältin, Bellinger Rechtsanwälte und Steuerberater, 40212 Düsseldorf, E-Mail: theuringer@bellinger.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(23):15-15