Helmut Lehr
Ausgangspunkt für gezielte beziehungsweise gestalterische Maßnahmen zum Jahresende sollte eine aktuelle Bestandsaufnahme des bisher erreichten steuerlichen Betriebsergebnisses sein. Hier leistet erfahrungsgemäß eine vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung bzw. BWA des steuerlichen Beraters gute Dienste. Basierend auf den Ist-Zahlen für Januar bis November sollte der Dezemberwert durch sachgerechte Schätzung hinzuaddiert werden.
Hinweis: Steht das voraussichtliche Ergebnis „annähernd“ fest, kann auch die finanzielle Auswirkung von gestalterischen Maßnahmen (insbesondere von vorgezogenen Investitionen) recht gut eingeschätzt werden.
Gezielt „investieren“
Wer für das nächste Jahr ohnehin geplante Ausgaben vorzieht, kann dadurch das steuerliche Ergebnis für 2016 noch drücken.
Im privaten Bereich gilt insbesondere bei Vermietungseinkünften das Abflussprinzip, deshalb werden Werbungskosten grundsätzlich im Jahr der Zahlung berücksichtigt. Bei anstehenden Erhaltungsaufwendungen für das Mietobjekt könnte durch Abschlagszahlungen ein vorzeitiger Werbungskostenabzug generiert werden.
Wer noch betrieblich investieren möchte, muss natürlich bedenken, dass für größere Anschaffungen oft nur die zeitanteilige Abschreibung steuermindernd zu Buche schlägt (z.B. bei Anschaffungen im Dezember: 1/12 der Jahresabschreibung).
Für sogenannte geringwertige Wirtschaftsgüter kommt sogar noch der volle Betriebsausgabenabzug in Betracht – auch wenn diese erst in den letzten Tagen des Jahres angeschafft werden (keine Zwölftelung!). Als solche gelten abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von maximal 410 € netto (Bruttopreis: maximal 487,90 € bei einem Steuersatz von 19 %). Betragen die Anschaffungskosten mehr als 150 € und maximal 1.000 €, können die Wirtschaftsgüter alternativ in einen Sammelposten eingestellt und über fünf Jahre „abgeschrieben“ werden, was faktisch einen Betriebsausgabenabzug von 20 % des Netto-Kaufpreises pro Jahr bedeutet.
Zahlungen an das Versorgungswerk werden als Sonderausgaben berücksichtigt. Der Höchstbetrag für solche Vorsorgeaufwendungen beträgt für 2016 immerhin 22.767 €. Allerdings können maximal 82 % der Aufwendungen abgesetzt werden. Dennoch: Wer bislang den Regelpflichtbeitrag von 1.159,40 €/Monat (West) zahlt, kommt auf einen Jahresbetrag für 2016 von 13.912,80 €, sodass noch genügend Luft für eine zusätzliche Beitragszahlung besteht.
Spenden werden erfahrungsgemäß oft am Jahresende geleistet und können ebenfalls als Sonderausgaben abgezogen werden. Begünstigt sind Ausgaben von bis zu 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte im Kalenderjahr oder vier Promille der Summe der gesamten Umsätze und der aufgewendeten Löhne/Gehälter des Unternehmens.
Hinweis: Spendet der Unternehmer direkt von seinem betrieblichen Konto, kann auch die Gewerbesteuer gezielt reduziert werden. Das Gewerbesteuergesetz sieht in § 9 Nr. 5 nämlich ausdrücklich vor, dass die aus Mitteln des Betriebs geleisteten steuerbegünstigten Zuwendungen zu einer Kürzung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage führen.
Da zumindest im eigenen Haus nahezu immer wenigstens kleinere Reparaturen etc. anstehen, sollte kurz vor dem Jahreswechsel stets geprüft werden, ob die steuerliche Förderung für haushaltsnahe Handwerkerleistungen bereits ausgeschöpft ist. Hier gewährt der Fiskus eine 20 %ige Steuerermäßigung, maximal 1.200 €, sodass Aufwendungen von bis zu 6.000 € begünstigt sind.
Hinweis: Da lediglich der anteilige Arbeitslohn sowie eventuell anfallende Fahrtkosten gefördert werden, kann die Summe der Rechnungen die 6.000-€-Grenze natürlich deutlich übersteigen, sofern darin auch größere Positionen für Material enthalten sind.
Investitionsabzugsbetrag sichern
Gerade für kleinere Unternehmen ist der Investitionsabzugsbetrag ein taugliches Mittel, um im Vorfeld einer Investition durch eine gezielte Steuerminderung zusätzliche Liquidität (für die Investition) freizusetzen. Der Abzugsbetrag kann in Höhe von 40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten/Herstellungskosten eines beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens gebildet werden, wenn es in den folgenden drei Jahren angeschafft/hergestellt werden soll.
Neuerdings verzichtet der Gesetzgeber auf das Erfordernis der konkreten Benennung des Wirtschaftsguts und der Investitionsabsicht. Weil auch die voraussichtlichen Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts bzw. der Wirtschaftsgüter, das bzw. die zukünftig angeschafft werden soll(en), nicht mehr dem Finanzamt genannt werden müssen, ist der Unternehmer nun quasi völlig frei in seiner Entscheidung, in welcher Höhe er einen Investitionsabzugsbetrag bilden möchte – es gilt allerdings ein Höchstbetrag von 200.000 € (vergleiche hierzu ausführlich AWA-Ausgabe Nr. 1 vom 1. Januar 2016, Seite 17).
Hinweis: Weil der Investitionsabzugsbetrag nur gebildet werden kann, wenn das Betriebsvermögen zum Schluss des Wirtschaftsjahres den Wert von 235.000 € nicht übersteigt, sollte diese Grenze noch vorm Jahreswechsel gesondert in Augenschein genommen werden. Für die in § 7g Einkommensteuergesetz vorgesehene 20 %ige Sonderabschreibung ist dieser Wert als Vorjahresgrenze maßgebend. Das heißt konkret: Sollen im Jahr 2017 entsprechende Sonderabschreibungen vorgenommen werden, darf das Betriebsvermögen zum 31. Dezember 2016 nicht die 235.000-€-Grenze übersteigen.
Anlageverluste bei Kapitalvermögen: Deadline 15. Dezember
Im Geltungsbereich der Abgeltungssteuer ist ein Verlustausgleich zwischen Depots bei verschiedenen Banken dem Grunde nach nicht möglich, das funktioniert nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung beim Finanzamt. Dazu benötigt das Finanzamt allerdings eine Verlustbescheinigung der Bank.
Hinweis: Diese Bescheinigung muss (zwingend) bis zum 15. Dezember des laufenden Jahres unwiderruflich beantragt werden. Beantragt der Steuerpflichtige keine Bescheinigung oder stellt er den Antrag zu spät, werden die Verluste weiterhin im Verrechnungstopf belassen und mit (etwaigen) künftigen Einnahmen verrechnet.
Ausblick
Der Entwurf eines zweiten Bürokratieabbaugesetzes sieht vor, ab 2017 die Grenze für Kleinbetragsrechnungen im Sinne des Umsatzsteuerrechts von derzeit 150 € auf 200 € anzuheben. Bei Kleinbetragsrechnungen gelten verminderte Anforderungen für den Vorsteuerabzug (vgl. AWA-Ausgabe Nr. 20 vom 15. Oktober 2016, Seite 18 und 19). Außerdem soll die Aufbewahrungsfrist für Lieferscheine herabgesetzt werden, sofern keine Buchungsbelege betroffen sind.
Zwischenzeitlich hat sich der Bundesrat auf Antrag des Landes Brandenburg mit einer Entschließung zur Abschaffung der Abgeltungssteuer befasst (BR-Drucksache 643/16), da die Finanzbehörden mittlerweile durch umfassenden Datenaustausch eine Versteuerung der (ausländischen) Kapitaleinkünfte sicherstellen könnten. Ob es kurzfristig dazu kommt, darf allerdings bezweifelt werden.
Nahezu beschlossene Sache ist die Anhebung des Grundfreibetrags ab 2017 um 168 € und des Kinderfreibetrags um 108 €. Das monatliche Kindergeld soll um 2 € Euro je Kind erhöht werden.
Ein weiteres „Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz“ soll verhindern, dass inländische Steuerpflichtige mittels Briefkastenfirmen Steuern „umgehen“. Das Gesetz zielt insbesondere auf eine präventive Wirkung durch verschärfte Kontrollmaßnahmen ab.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2016; 41(23):7-7