Helmut Lehr
Verträge, insbesondere Arbeitsverträge zwischen nahen Angehörigen, müssen aus steuerlicher Sicht dem sogenannten Fremdvergleich standhalten. Das bedeutet: Seitens der Finanzverwaltung wird der Vertrag regelmäßig nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt, wenn er bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart wurde und seine Gestaltung (insbesondere Arbeitsbedingungen und Bezahlung) dem entspricht, was auch Fremde untereinander vereinbart hätten. Kurzum: Der Vertrag sollte „marktüblich“ sein und auch tatsächlich – wie vereinbart – durchgeführt werden1).
Hinweis: Die Finanzverwaltung wendet die strengen Maßstäbe des Fremdvergleichs in der Praxis nicht immer nur bei nahen Angehörigen an, sondern oft auch bei „nahestehenden Personen“. Wann sich Personen besonders nahestehen, ist aber vielfach nicht zweifelsfrei zu ermitteln.
Ehemalige Lebensgefährten
Das Finanzgericht Niedersachsen hatte kürzlich über einen Fall zu entscheiden, der nicht nur wegen der „Nähe“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von besonderer Praxisrelevanz ist, sondern auch wegen der Art der Vergütung eines Minijobs.
Ein selbstständiger Ingenieur beschäftigte als einzige Bürokraft seine frühere Lebensgefährtin (und Mutter seiner Tochter), die mit ihm auf einem Bauernhof lebte, allerdings in getrennten Bereichen. Das Arbeitsverhältnis war als Minijob (Gehalt: 400 €/Monat) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 5 Stunden ausgestaltet und umfasste neben allgemeinen Büroarbeiten auch Botenfahrten, Fahrten zur Bank, Post und zu speziellen Arbeitskreisen.
Nach drei Jahren wurde der Arbeitsvertrag dergestalt ergänzt, dass die Angestellte einen Firmenwagen (Listenpreis: 39.780 €) erhielt, nicht zuletzt wegen der überdurchschnittlichen Entwicklung des Unternehmens und der Notwendigkeit zusätzlicher Fahrten, insbesondere für die Angebotsbegleitung. Weil der Vorteil der Firmenwagengestellung nach der 1 %-Regelung (397,80 €/Monat) ermittelt wurde und gemäß Vertragsergänzung in Anrechnung gebracht werden sollte, wurde fortan kein Barlohn mehr ausbezahlt – die Differenz von 2,20 € fiel „unter den Tisch“.
Hinweis: Nach Ansicht der Betriebsprüfung lag hier ein krasses Missverhältnis vor, weil die tatsächlichen PKW-Kosten des Unternehmers für den Firmenwagen annähernd doppelt so hoch waren wie der Arbeitslohn in Form der Fahrzeugüberlas-sung. Außerdem würde das Arbeitsverhältnis einem Fremdvergleich nicht standhalten.
Vor Gericht zog das Finanzamt allerdings klar den Kürzeren. Nach Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen sind die strengen Grundsätze zur Anerkennung von Angehörigenverträgen nicht zwischen fremden Dritten anzuwenden. Fremde Dritte seien die Vertragspartner auch dann, wenn zwischen ihnen ein gewisses Näheverhältnis besteht.
Vorliegend gab es offenkundig keine Anhaltspunkte für eine „Wirtschaftsgemeinschaft“ zwischen den Vertragspartnern und auch nicht dafür, dass die Arbeitsleistungen nicht erbracht wurden oder die Entlohnung überhöht war. Außerdem betonte das Gericht, dass die betriebliche Nutzung des Fahrzeugs in Höhe von 35 % der Gesamtfahrleistung bei der Überlassung eines Firmenwagens nicht ungewöhnlich niedrig sei.
Obwohl hier ein „Näheverhältnis“ offenkundig war und die Beteiligten eine Firmenwagengestellung mit einem Minijob kombinierten, wurde der Betriebsausgabenabzug anerkannt. Vielleicht spielte (subjektiv) auch eine gewisse Rolle, dass der Unternehmer trotz dieser „Gestaltung“ noch einen Gewinn von über 1 Mio. € zu versteuern hatte.
Hinweis: Ob der Bundesfinanzhof ein solches Näheverhältnis ähnlich kulant beurteilt, ist offen. Tendenziell scheint die höchstrichterliche Rechtsprechung hier etwas strengere Maßstäbe anzulegen.
1) Vgl. AWA-Ausgabe Nr. 21 vom 1. November 2012, Seite 18 und 19.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(06):17-17