Mehr Erfolg mit …

Dynamic Pricing


Andreas Kinzel

Verschiedene Preise differenziert nach Tageszeiten, Kunden und Nachfrage? Oder lieber eine verlässliche und stabile Dauerpreisstrategie? Mit einer Mischung aus beiden Modellen können Apotheken mit wenig Aufwand eine ökonomisch gewinnbringende Strategie entwickeln.

Jeder kennt diese Situation: „Was haben Sie im Angebot?“ Nicht das Produkt steht im Vordergrund, sondern das Sonderangebot mit dem reduzierten Preis. Was an Tankstellen und im Onlinehandel gängig ist, kann man auch in der Apotheke anwenden: verschiedene Preise differenziert nach Tageszeiten, Kunden, Nachfrage und anderen Kriterien. Diese Strategie bietet viele Möglichkeiten und Vorteile, doch bedeutet sie einen erheblichen Mehraufwand. Preise lassen sich variabel gestalten, aber es müssen geeignete Produkte gefunden, kalkuliert und ausgezeichnet werden.

Grundsätzlich steht ein fairer Preis immer im Verhältnis zur individuellen Wertigkeit des Produktes. Ein dynamisches Preismanagement setzt dabei auf die Differenzierung. Mit Kundenkarten und entsprechenden Rabatten oder Sammelpunkten praktizieren dies Apotheken schon heute.

Dynamik entfachen

Der neue dynamische Effekt kann erzeugt werden, indem in bestimmten Aktionszeiträumen wie an speziellen Aktionstagen, zu Feiertagen oder im Advent, in einer „Happy Hour“ usw. höhere Rabatte oder andere Nachlässe (Punkte, Taler etc.) gewährt werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, nach Kundengruppen zu differenzieren. Die Gefahr besteht jedoch, dass unter den verschiedenen Kundengruppen Missmut wegen Ungleichbehandlung auftreten kann. Dennoch besteht die Möglichkeit, Aktionen auf gewisse Kunden oder deren spezielle Artikel preislich abzustimmen. Sie können z.B. Kosmetikaktionen wie einen Sonnenschutztag oder Familientag kreieren („Jede Familie mit Kind bekommt x Bonuspunkte“), oder auch spezielle Rabatte für sozial Bedürftige.

Eine „Happy Hour“ („zwischen 18 und 19 Uhr 10 % auf alle Freiwahlartikel“) kann den Kundenverkehr entzerren. Zwar können sich die Kunden dann eben in diesen Zeitspannen drängen, dennoch ergibt sich die Chance, frequenzarme Zeiten zu füllen.

Selbst die klassisch wechselnden Angebote stellen insoweit ein dynamisches Preismodell dar. Das Lager kann so elegant bereinigt werden, oder Sie geben besondere Einkaufsvorteile an die Kunden weiter. Ähnlich verhält es sich mit Schütten. Sie suggerieren einen Überschuss und damit ein Sonderangebot – obwohl es das gar nicht sein muss.

Eine gängige Methode von dynamischen Preisen sind Promotion-Aktionen. Dabei wird ein Produkt in Zusammenarbeit mit dem Hersteller besonders präsentiert, und sei es mit einer Couponaktion. Alle diese Methoden helfen, durch attraktive Preise Kunden zu binden und den Absatz zu erhöhen, aber auch Artikel und Kundenströme leichter zu lenken.

Allerdings: Ladenhüter werden trotzdem meist nicht zu Verkaufsschlagern, man erreicht höchstens einen temporären Anschub. Vielleicht steigt der Umsatz kurzfristig, aber nicht immer der Gewinn. Schlecht, wenn die Kunden zudem nur so lange kaufen, wie der Preis niedrig bleibt.

Aufwand beachten

Zudem entsteht ein hoher Mehraufwand durch solche Aktionen. Sie müssen geplant, effizient umgesetzt und finanziert werden. Wie lassen sich hierbei die Kundenströme sinnvoll steuern? Und wie hoch muss die Umsatzsteigerung sein, um Rabatte und sonstige Kundenvorteile auszugleichen? Letztlich nur emotional analysieren lässt sich die Frage nach dem Imagegewinn oder auch -verlust („billiger Jakob“).

Der preisstrategische Gegenentwurf sind (günstige) Dauerpreise. Fehlende Schwankungen sollen dem Kunden Verlässlichkeit und Glaubhaftigkeit signalisieren. Das Vertrauen steigt. Ein großer Vorteil ist die Vereinfachung für Apotheke und Kunde. Sie ersparen sich den Aufwand der Planung von Preisaktionen und der jeweiligen Nachkalkulation. Der Kunde wiederum erspart sich, auf Jagd nach dem besten Angebot in Ihrer Apotheke zu gehen und kann insoweit entspannt bleiben – er kauft stets günstig.

Eine solche gelassene und befreite Atmosphäre kann durchaus zu Mehrverkauf und Umsatzwachstum führen. Die Kunden beschäftigen sich vermehrt mit dem gesamten Angebot und letztlich auch mit sich selbst, und nicht mit der schnöden Preispolitik. Zudem lassen sich selbst hier Preise abseits der Dauerpreisliste variabel gestalten, indem man behutsam Elemente des „Dynamic Pricing“ einfließen lässt. Diese „flexiblen Dauerpreise“ (auf den ersten Blick ein Widerspruch in sich) bieten dann die Vorteile beider Modelle.

„Mischmodelle“ sinnvoll

Sie können beispielsweise außergewöhnlich gute Einkaufspreise (bei hohen Abnahmemengen oder speziellen Firmen) an die Kunden publikumswirksam weitergeben. Die Kosmetik der Firma XY oder auch nur ein bestimmter Teil wie die Fußpflegeserie kann dann zu Dauertiefpreisen angeboten werden.

Gleichwohl wird man damit nicht zum generellen Billiganbieter, und die Kunden werden nicht durch laufend schwankende Preise überfordert. Diese Sortimente bleiben im Idealfall über längere Zeit stabil. Entscheidend ist eine Planbarkeit für alle betroffenen Parteien (Apotheke, Team, Kunden, Lieferanten). Analog gilt dies für Couponaktionen. Sie sollten langfristig, bestenfalls bis zu einem Jahr angelegt sein. Die Apotheke muss dann nicht laufend auf ein mögliches Terminende achten, und die Kunden können ohne Hast ihre Bonuspunkte sammeln.

Zwar verhilft den Kunden das „Hamstern“ von Angeboten zu einem vermeintlich schnellen Gewinn, kann aber zu Ärger und Unzufriedenheit führen, denn sie müssen stets „schnell zuschlagen“ und kaufen gern mal über den tatsächlichen Bedarf hinaus.

Da bietet es sich an, Bonuspunkte oder Nachlässe nach bestimmten Kriterien bzw. Einkaufswerten zu vergeben. In der Adventszeit gibt es dann nur für die Kundenkarten-Inhaber die doppelte Bonuspunktzahl. Oder es gibt einen Sondernachlass für spezielle Kundengruppen, seien diese durch ihre bereits getätigten Umsätze, besondere Treue (Zahl der Besuche?) oder auch andere Merkmale charakterisiert. Allerdings sollte dies eher als ein spezielles Entgegenkommen gegenüber guten Kunden kommuniziert werden und nicht als klassische Werbung.

Schütten und Aufsteller können ebenfalls ein Element der „flexiblen Dauerpreisstrategie“ sein. Dabei ist nicht entscheidend, dass die Artikel ihren Ort (Generalalphabet, Sichtwahl, Aufsteller) wechseln, ausschlaggebend ist vielmehr ein abseh- bar stabiler, optisch günstiger Preis. Ist alles sichtbar abverkauft, kann man den Preis auch wieder ändern.

Fazit: Die Mischung macht‘s

Die Preisgestaltung kann heute zwei Wege einschlagen: Schnell und unterschiedlich wechselnd („Dynamic Pricing“) oder aber eine Dauerpreisstrategie mit stabilen Preisen, das bedeutet nicht unbedingt besonders niedrige! Apotheken fahren mit verlässlichen Preisen meist sehr gut – das langfristige Vertrauen der Kunden ist schließlich das Ziel. Elemente des „Dynamic Pricing“ können zwecks Steuerung des Absatzes klug und behutsam eingestreut werden. Deren konkrete Ausgestaltung ist jedoch nicht einfach. Als Kompromiss bietet sich das Konzept der „flexiblen Dauerpreise“ an. Wie so oft gilt: Die Mischung macht‘s – Vertrauen, Verlässlichkeit und dennoch eine gewisse Flexibilität und sichtbare Dynamik.

Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E-Mail: a-kin@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(09):13-13