Doris Zur Mühlen
Immer wieder gibt es Veränderungen im Apothekenbereich, die auch die Zahlungsströme der einzelnen Apotheke tangieren. So hat das Hochpreissegment signifikant zugenommen, hinzu kommen vielfach reduzierte Einkaufskonditionen. Das heißt, steigende Umsatzerlöse verursachen in der Relation oft deutlich höhere Ausgaben für den Wareneinkauf und das nicht selten bei gleichzeitiger Veränderung der Zahlungsmodalitäten. Insbesondere die Skonti wurden oftmals abgesenkt und sind zunehmend an kürzere Zahlungsziele gebunden. Das betrifft nicht nur den Direkteinkauf, auch die Großhändler haben vielfach die Rechnungstaktung erhöht.
Im Hinblick auf den noch beim BGH anhängigen Skontoprozess ist davon auszugehen, dass bei Rx-Skonti, sofern weiterhin zulässig, in Zukunft noch stärker auf zeitiges Zahlen gesetzt wird. Denn hier geht es um echte Skonti, geknüpft an vorzeitige Zahlungsziele. Das bedeutet, dass bereits Rechnungen zu bezahlen sind, bevor das Geld von der Rezeptabrechnung erstattet wird.
Immer wieder erleben wir in unserer Beratungspraxis, dass Apotheken bei der Umstellung auf Dekadenrechnungen die Spitzenbelastung ihres Kontos nicht ausreichend im Vorfeld kalkuliert haben (anhand einer Geldflussrechnung). Temporäre Kontenüberziehungen sind die Folge. Die genannten Veränderungen kennzeichnen die wachsenden Anforderungen an Rentabilität und vor allem Liquidität.
Transparenz als Voraussetzung
Liquidität bedeutet Zahlungsfähigkeit: Die Apotheke muss in der Lage sein, jede Verbindlichkeit zum vereinbarten Zahlungstermin zu begleichen. Leider gibt es immer wieder Fälle, bei denen rentable Unternehmen aufgrund mangelnder Liquidität in Schwierigkeiten geraten. Deshalb ist LiquiditätssicherungAufgabe und Ziel der Unternehmensführung.
Wichtig ist, den Überblick über die eigenen Zahlen und Finanzen zu behalten und vorhandene Ertragspotenziale (sowohl im Umsatzbereich als auch bei den Kosten) konsequent zu erschließen. Insofern sind Liquidität und Rentabilität zwei unabdingbar verbundene Seiten eines wirtschaftlich gesunden Unternehmens. Entscheidend ist vorausschauendes Agieren, nicht erst das Feststellen bereits bestehender Liquiditätslücken (Zahlungsschwierigkeiten). Liquiditätssicherung bedeutet, den Überblick zu behalten über Fälligkeiten und Höhe aller (nennenswerten) Forderungen und Verbindlichkeiten und dementsprechendes Vorhalten finanzieller Mittel.
Liquiditätsplanung
Gegenstand der Liquiditätsplanung (auch Geldflussplanung bzw. -rechnung) ist die periodengerechte Darstellung (Planung) der Geldzu- und -abflüsse der Apotheke bis hin zu den Entnahmen und Einlagen des Inhabers. Das klingt banal, aber in praxi erleben wir immer wieder, dass Apothekeninhaber in Schwierigkeiten geraten, weil sie größere Verbindlichkeiten nicht auf dem „Schirm“ hatten. Das trifft insbesondere für Steuernachzahlungen nach Abgabe der betreffenden Jahreserklärungen oder auch nach Betriebsprüfungen usw. zu.
Die Ursachen dafür, dass der Überblick verloren gegangen ist, sind vielfältig. Eine wesentliche Rolle spielt, dass materielle, finanzielle und steuerliche Prozesse zeitlich in der Regel auseinanderfallen. Der Wareneinkauf erfolgt z.B. heute, die Rechnung ist in zehn Tagen zu bezahlen, bei entsprechender Valutierung erst in einem Monat oder später. Ähnlich sieht der Sachverhalt im Mitarbeiterbereich aus. Die Arbeitsleistung wird im laufenden Monat erbracht, die Gehaltszahlung und die Abführung der Sozialabgaben erfolgen Ende des Monats und die der Lohnsteuer am 10. des Folgemonats. Auch beim Warenverkauf findet eine zeitliche Trennung statt. Arzneimittel werden heute abgegeben, der Geldzufluss erfolgt erst nach der Rezeptabrechnung, am 12. bis 14. des Folgemonats. Lediglich beim Handverkauf haben wir noch weitestgehend die Einheit von Ware und Geld.
Hinzu kommt bei verbrauchs- oder umsatzabhängigen Ausgaben (Energie, Wasser, Beiträge an Berufsverbände usw.), dass unterjährig Abschlagszahlungen zu leisten sind. Das trifft nicht zuletzt auch auf die Steuerzahlungen für das Unternehmen (Gewerbe-, Umsatzsteuer) und den Inhaber (Einkommensteuer) zu. Auch hier ist Transparenz wichtig. Dazu gehört die Übersicht über Beträge und Termine der Steuervorauszahlungen. Darüber hinaus muss der Apotheker die Größenordnung voraussichtlicher Nachzahlungen sowie eventuelle Risiken kennen, um bereits im laufenden Jahr notwendige Rücklagen bilden zu können. Alternativ kann auch eine Anpassung der Steuervorauszahlungen beantragt werden. Hier kommt es auf die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater an.
Rücklagenkonto einrichten
Um die nötige Transparenz der Geldströme und Liquidität zu sichern, hat es sich bewährt, wenn für die Bildung und Verwendung (insbesondere für Steuerzahlungen) von Rücklageneinseparates Bankkonto geführt wird. Für dieses Konto könnte, gut terminiert und zutreffend quantifiziert, ein Dauerauftrag mit monatlicher Zahlung eingerichtet werden. Die Höhe sollte sich mindestens an den voraussichtlichen Steuern des laufenden Jahres orientieren. Aufgestockt werden sollte der Betrag z.B. um eine Rücklage für außerplanmäßige Ereignisse (Reparaturen usw.), Weihnachtsgeldzahlung sowie für eine gewisse Liquiditätsreserve, ggf. auch für die Darlehenstilgung, sofern diese nicht monatlich erfolgt. Die Separierung von Rücklagen handhaben Apotheker sehr unterschiedlich; dies hängt von der jeweils vorhandenen Liquidität, dem individuellen Sicherheitsdenken und nicht zuletzt von der eigenen „Finanzdisziplin“ ab. Das Prinzip zur Ermittlung der monatlichen Rücklage geht aus der Tabelle unten hervor. Ausgehend von der ermittelten Rücklage widerspiegelt die zweite Tabelle unten die Entwicklung des Rücklagenkontos.
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Anliegen der Trennung der Geldströme des „normalen“ Geschäftsbetriebes von den nicht regelmäßigen Zahlungen ist mehr Transparenz, um sich abzeichnende Liquiditätslücken und deren Ursachen rechtzeitig zu erkennen. Handelt es sich um einen kurzzeitigen Liquiditätsengpass aus besonderem Anlass oder um ein generelles Problem, verursacht durch Rohertrags- und Ertragsrückgang? Für die kurzfristige Schließung einer Liquiditätslücke bieten sich u.a. folgende Maßnahmen an: Bestandsbereinigung, Eigenkapitaleinlage, Anpassung des Entnahmeverhaltens, Umschuldung, Aufstockung des Kontokorrents. Dabei kann die Geldflussrechnung (= Simulation aller Geldzu- und -abflüsse) über einen repräsentativen Zeitraum (ca. drei Monate) helfen, die Höhe des notwendigen Kontokorrents zu definieren. Wenn es um die langfristige Liquiditätsplanung (Prüfung der Tragfähigkeit des Unternehmens) geht, ist eine Geldverwendungsrechnung angeraten. Sie erfasst, wie im AWA vom 15.04.2014 dargestellt, neben der Firmenliquidität auch den privaten Bereich des Inhabers.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(16):7-7