Karin Wahl
Ein Patentrezept gibt es nicht, denn zu viele Faktoren spielen apothekenindividuell eine große Rolle, wie z.B.
- die Lage (City-Lauflage, Vorort, ländlicher Raum),
- die Verordnerstruktur,
- die Mitbewerberstruktur,
- die Kaufkraft, Altersstruktur und der Familienstatus der Kunden (Verheiratete? Alleinstehende? Kinder?) sowie
- die Kompetenz und Schwerpunkte des gesamten Teams.
Fest steht, dass sich bei einer gründlichen Analyse dieser Faktoren für fast jede Apotheke ein Verbesserungspotenzial ermitteln lässt. Inwieweit Konzepte umgesetzt werden können, die dieses Verbesserungspotenzial ausnutzen, hängt natürlich von der finanziellen Situation des Inhabers ab. Doch gibt es Möglichkeiten, die keiner großen finanziellen Investitionen bedürfen.
Kooperationen im lokalen Umfeld
Zunächst einmal wichtig ist dabei, dass Sie sich nicht mehr nur mit dem Kundenstamm zufriedengeben, der von allein in die Apotheke kommt. Verlassen Sie vielmehr den „sicheren Platz hinter dem HV-Tisch“. Schauen Sie sich Ihr gesamtes lokales Umfeld an. Was gibt es dort alles an öffentlichen oder privaten Institutionen, wie beispielsweise
- Behörden,
- Schulen, Kindergärten, Heime,
- Krankenkassen,
- Banken,
- Vereine oder
- Gewerbebetriebe, z.B. Handwerksbetriebe, Buchhandlungen, Reisebüros etc.?
Vielleicht existiert ja auch ein Gewerbeverein, dem Sie sich anschließen können?
Überprüfen Sie anschließend, mit wem und in welcher Form Kooperationsmöglichkeiten bestehen und bieten Sie diese auch an (vgl. dazu den Beitrag „So spannen Sie ein unsichtbares Netz!“ hier). Besonders im ländlichen Raum ist das durch Ihre eigenen Kontakte und diejenigen Ihres Teams besonders einfach. Doch auch in Großstädten funktioniert es!
Bei allen vorgenannten Kooperationspartnern können Sie und Ihr Team als Fachleute für Gesundheit punkten! Dabei kommt Ihnen zugute, dass Ihr Fachwissen von der Prävention bis zur komplizierten Therapie jeden Bereich abdeckt. Somit sind Sie für alle – für Patienten wie für Gesunde – „von der Wiege bis zur Bahre“ die richtigen Ansprechpartner! Leider nur stellen zu viele Kollegen ihr Licht unter den Scheffel und zeigen sich nicht selbstbewusst genug. Das jedoch ist genau die falsche Strategie: Wir Apotheker sollten unser Fachwissen viel stärker kommunizieren und auch gewinnbringend nutzen! Adressaten dafür gibt es in unserem unmittelbaren Umfeld (und nicht nur dort) genug!
Proaktiv die eigene Kompetenz anbieten
So etwa suchen örtliche Gewerbebetriebe gern Kooperationspartner, die sie bei der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) und beim Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) unterstützen (vgl. dazu AWA 9/2015). Häufig übernehmen dann ein Sanitätshaus, ein Fitnessstudio oder ein Sportverein (zumindest soweit möglich) diese Aufgabe. Dabei ist sie doch Ihnen und Ihrem Apothekenteam wie auf den Leib geschnitten! Schließlich sind Sie die wesentlich fachkundigeren Anbieter und Dienstleister für Aktivitäten im Gesundheitswesen. Halten Sie sich also nicht vornehm zurück, sondern bieten Sie proaktiv Ihre Kooperationsbereitschaft an!
Noch ein Hinweis für den Fall, dass Sie ein BGF- bzw. BGM- Konzept für ein größeres Unternehmen mit eigenem Betriebsarzt entwickeln: Betriebsärzte sind häufig offen für die apo- thekerliche Unterstützung und Kooperation. Deshalb sollten Sie sie nicht übergehen, wenn Sie ein neues Konzept entwickeln.
Manch ein Apothekenleiter hat die Krankenkassen z.B. wegen möglicher Retaxationen vielleicht eher als „Feindbild“ vor Augen. So wird häufig nicht berücksichtigt, dass auch hier Kooperationen möglich sind: Die Krankenkassen stehen untereinander in einem Wettbewerb um Mitglieder, die ihre Beiträge zahlen und möglichst wenig kosten. Deshalb unterstützen sie diverse Präventionsmaßnahmen, die ihre (potenziellen) Mitglieder fit und gesund halten. Immer wieder beteiligen sie sich in diesem Rahmen beispielsweise an Gesundheitsmessen. Auch unterstützen sie das (übrigens steuerlich geförderte) BGF und BGM in Firmen. Allerdings fehlt es ihnen oftmals an Kompetenz und am Personal. Auch hier könnten Sie und Ihr Team sich proaktiv einbringen!
Gleiches gilt übrigens auch für Anbieter wie TÜV, B·A·D und DEKRA, die gerade in großen Betrieben das BGF bzw. BGM für sich reklamieren: Bieten Sie auch hier Ihre Unterstützung an!
Schrittweise die Tätigkeitsfelder erweitern
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Wenn Sie die Liste oben mit den eher traditionellen sowie den zusätzlichen – und daher besonders Erfolg versprechenden – Tätigkeitsfeldern in der Apotheke betrachten, fragen Sie sich vielleicht, ob und wie Sie sich solch ein Portfolio aufbauen können? Seien Sie unbesorgt: Es funktioniert – und zwar ohne viel Geld in die Hand nehmen zu müssen! Gehen Sie dabei wie folgt vor:
- Besuchen Sie Seminare und Vorträge der Standesorganisationen und der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK). Fordern Sie überdies das vielfältige Informationsmaterial an!
- Fangen Sie zunächst klein an: Setzen Sie mit Ihrem derzeitigen, gut qualifizierten Personal und Ihren sonstigen Ressourcen um, was machbar ist.
- Sammeln Sie Erfahrungen und knüpfen Sie Kontakte zu den Geschäftsstellen der gesetzlichen und privaten Krankenkassen vor Ort – zumal deren Mitarbeiter ja häufig bereits Kunden in der Apotheke sind.
- Erstellen Sie Angebote für Ihre Kunden und kleine benachbarte Firmen, in denen auch Gebühren oder Honorare z.B. für Vorträge enthalten sind. Schließen Sie dann Betreuungsverträge für das jeweilige Kalenderjahr ab. Diese Verträge sollten sich automatisch verlängern, sofern sie nicht gekündigt werden.
- Qualifizieren Sie sich und Ihre Mitarbeiter laufend weiter.
- Erweitern Sie peu à peu Ihr Angebots-Portfolio.
Qualität setzt sich durch: Irgendwann werden Sie sich einen Namen als Experte in Gesundheitsfragen von den klassischen Beratungsaufgaben des Apothekers in der Apotheke bis hin zum BGM im lokalen mittelständischen Unternehmen gemacht haben. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda wird der Zustrom an Kunden wachsen. Zudem gewinnen Sie bei den Entscheidern in den Firmen und Zweigstellen der Krankenkassen Ansehen und werden so nicht nur zum Ansprechpartner auf Augenhöhe, sondern auch als Referent und Experte weiterempfohlen. Auch hierdurch erhöht sich der Bekanntheitsgrad Ihrer Apotheke!
Dieses Vorgehen erfordert zuallererst den akademisch ausgebildeten Pharmazeuten, aber sodann ebenso den unternehmerisch denkenden Apotheker: SchlieÃlich handelt es sich nicht um ein kostenloses Serviceangebot. Vielmehr müssen Sie ein neues Geschäftsfeld erschlieÃen! So differenzieren Sie sich von Ihren Mitbewerbern. Und im Gegensatz zu einem kurzfristig möglichen Preisdumping sichern Sie durch ein qualitativ hochwertiges Angebot im Dienstleistungsbereich die Existenz Ihrer Apotheke auf die lange Sicht!
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(18):10-10