Emanuel Winklhofer
Die HV-Tische gehören sicherlich zu den hochwertigsten Präsentationsflächen in der Apotheke. Deshalb haben sie auch eine besondere Beachtung verdient.
Systematisch analysieren
Ladengestaltung, Kundenführung und geschickte Produktpräsentation werden uns heute von den großen und erfolgreichen Unternehmen sehr gekonnt vorexerziert. Wir können uns in der Apotheke viel von dem abschauen, was hervorragende Werbepsychologen im Laufe vieler Jahre im Handel ausprobiert und herausgefunden haben.
Verkaufen bleibt heute nicht mehr dem Zufall überlassen. Der Kunde hat einen Bedarf, und es stellt sich nur die Frage, wo er ihn decken wird. Deshalb haben Planogramme und Erkenntnisse aus dem Category-Management bereits Einzug in der Gestaltung von Sicht- und Freiwahl vieler Apotheken gehalten. Das ist sicherlich sinnvoll, denn wir stehen im Wettbewerb mit den großen Drogerieketten und Supermärkten.
Grundsätzlich ist es wichtig, sich auch im Alltag viel mit dieser Materie zu beschäftigen: Man sollte mit offenen Augen und sehr kritischem Blick durch die unterschiedlichen Handelsunternehmen gehen. So wird das Auge geschult, und man bekommt allmählich ein gutes Gefühl für die richtige Auswahl und Präsentation von Produkten.
Dann braucht es allerdings auch noch ein ausgefeiltes Zahlenmanagement: Zum einen ist es wichtig, sich generell mit Absatzzahlen von Produkten aus der Apotheke zu beschäftigen. Zum anderen müssen die eigenen Verkaufszahlen dem allgemeinen Trend gegenübergestellt werden. Denn es könnte sein, dass beides nicht miteinander korreliert, z.B. wenn regionale Besonderheiten für den Absatz eine Rolle spielen oder wenn ein Produkt nicht präsentiert und deshalb zu wenig abverkauft wird.
Sicht des Kunden einnehmen
Den ersten Schritt in die richtige Richtung hin zu einer sinnvollen HV-Tisch-Gestaltung gehen Sie schon, indem Sie die Position des Kunden einnehmen: Stellen Sie sich auf die andere Seite des HV-Tischs. So können Sie erkennen und wegräumen, was dort nicht hingehört: Zettel, Büroklammern, Kugelschreiber, Tesa-Abroller, Scheren, Stempel und andere Gegenstände, die zwar für Ihre Arbeit sehr nützlich, für die Wahrnehmung als kompetentes Fachgeschäft aus Kundensicht allerdings sehr fragwürdig sind.
Genügend Platz für Kunden
Oft sind HV-Tische mit so vielen Utensilien, Aufstellern und Zahltellern voll gestellt, dass ein Kunde nicht einmal die Möglichkeit hat, sein Portemonnaie abzulegen. Dabei zeugt es von Wertschätzung, wenn wir unseren Kunden genügend Platz einräumen – der Erfahrung zufolge ist dies in der Apotheke rund ein Drittel der HV-Tisch-Fläche.
Keine Ladenhüter
Manche Apothekenleiter präsentieren auf den HV-Tischen ihre Ladenhüter oder die Produkte, die kaum verkauft werden. Dies ist aus Marketingsicht vollkommen unsinnig. Denn durch eine prominente Präsentation auf dem HV-Tisch können Sie den Absatz Ihrer besten Produkte um bis zu 30% steigern. Hierbei verdienen Sie Geld! Wenn Sie allerdings ein Produkt mit einem Abverkauf pro Monat (AMO) von lediglich 0,3 präsentieren, dann blockieren Sie damit die HV-Tisch-Fläche, auf der Sie ansonsten andere Produkte gut und messbar abverkaufen könnten. Einen AMO von 0,3 um 30% zu steigern, bringt keinen wahrnehmbaren Nutzen. Das heißt im Klartext: Werfen Sie Ihre Ladenhüter lieber weg! Das ist rentabler, als die hochwertige HV-Tisch-Fläche zu vergeuden!
Die Optik beachten
Die Pharmaindustrie ist sicherlich bemüht, uns Abverkaufshilfen in Form von Aufstellern, Zahltellern etc. zu bieten. Das Motto „Je größer, desto besser“ gilt hier allerdings nicht: Ein Kunde kommt nicht mit dem Ziel in die Apotheke, nach Aufstellern zu suchen. Vielmehr will er möglichst schnell von einem freien Mitarbeiter bedient werden. Die Präsentation von Produkten hat also zunächst eine untergeordnete Bedeutung – wenngleich sie auch sehr wichtig ist, damit der Kunde seinen Bedarf erkennt und ihn gleich bei uns in der Apotheke deckt. Deshalb sollten Aufsteller nicht so groß sein, dass sie kleinere Mitarbeiter aus Kundensicht verdecken. Bitte prüfen Sie dies immer wieder durch einen kritischen Blick entweder aus der Position des Kunden im Verkaufsraum oder sogar von außen durch das Schaufenster.
Produktauswahl
Apothekenpflichtige Arzneimittel müssen auf geeigneten Aufstellern so präsentiert werden, dass nicht der Kunde sie von vorne, sondern nur Sie selbst sie entnehmen können. Fragen muss man sich natürlich, ob diese Produkte auf den HV-Tisch gehören – oder nicht doch besser in der Sichtwahl angeboten werden sollten?
Mit Computerauswertungen nach Absatz und auch nach Umsatz aller nicht apothekenpflichtigen Produkte sehen Sie schnell, was Ihre „Renner“ mit den höchsten Abverkaufszahlen und mit den besten (Stück-)Erträgen sind. Entsprechende Listen können Ihnen bei der Auswahl für die HV-Tisch-Präsentation enorm helfen: Das, was Sie ohnehin gut verkaufen, lässt sich durch eine optimale HV-Tisch-Präsentation noch wesentlich besser verkaufen!
Interessant für Ihren Abverkauf sind Süßwaren (meist auch zwischen den Kassenplätzen), Lippenpflegeprodukte, Handbalsame, kleine Gesichtscremes, Vitamine, Herpes-Patches, heiße Zitrone, Desinfektionspräparate, Wärmepflaster, Zahnpflegeprodukte etc.
HV-Tisch als Impulskauf-Fläche
Die auf dem HV-Tisch präsentierten Waren gehören zu den Impulskauf-Artikeln: Ein Kunde hat solche Produkte nicht auf seiner Einkaufsliste, sondern nimmt sie erst während seines Einkaufs wahr. Die Produkte sprechen ihn an, und er kauft sie spontan meist ohne Beratung. Aus dieser Überlegung ergibt sich der Preiskorridor: Wenn Sie Produkte zwischen 3 € und maximal 7 € anbieten, dann liegen Sie schon sehr richtig! Ein Produkt für 33 € hingegen eignet sich sicherlich nicht für einen Impulskauf, weil es eine Beratung erfordert.
Weniger ist mehr
Nicht die Masse an Produkten ist entscheidend. Vielmehr bringt die Konzentration auf wenige und abverkaufsstarke Artikel den Erfolg! Man weiß aus der Forschung, dass Menschen einzelne Produkte nicht mehr wahrnehmen können, wenn sie zu viel Unterschiedliches sehen. Achten Sie also bei der Auswahl bitte darauf, dass nur wenige (vielleicht nur zwei, maximal drei) Produkte präsentiert werden. Es kann sogar immer wieder einmal eine Neueinführung darunter sein. Wichtig hierbei ist, dass der Hersteller eine umfangreiche Werbekampagne betreibt, damit das Produkt beim Verbraucher schon bekannt ist und er es in der Apotheke wiedererkennt.
Beobachten Sie die Verkaufszahlen der auf Ihren HV-Tischen angebotenen Produkte genau und haben Sie den Mut, immer wieder etwas zu verändern und auszuprobieren. So werden Sie schnell zu einem Spezialisten für den HV-Impulskauf.
Und bei aller Liebe zum Thema „Verkaufen“: Manchmal erfreut auch ein frischer Strauß Blumen auf dem HV-Tisch die Herzen von Chefs, Mitarbeitern und Kunden!
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Emanuel Winklhofer, Apotheker, 83197 Zeitlarn, E-Mail: coaching@winklho.de
Ein kostenfreies 3-Minuten-Video zum Thema finden Sie auf der Homepage des Autors unter der Rubrik AWA: www.winklho.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(20):8-8