Dr. Andreas Kinzel
Sicherlich wissen Sie, wie viel Zeit und Nerven die Diskussion mit dem Kunden darüber kostet, welche Packungsgröße er nehmen könnte und sollte. Oft verwirrt und überfordert, kauft er manchmal überhaupt nicht und verabschiedet sich stattdessen lieber mit einem: „Ich überlege nochmal!“ Was also können Sie tun, um sowohl sich selbst als auch den Kunden nicht im alltäglichen Hindernislauf durch den Dschungel der Packungsgrößen zu überfordern?
Wie bestücken Sie das Warenlager sinnvoll?
Beziehen Sie bereits den Einkauf in Ihre Überlegungen mit ein: Natürlich können Sie oft bei Bündeln oder Sondergrößen bessere Konditionen erreichen und diese an die Kunden weitergeben. Doch lohnt es sich manchmal, nicht alle Angebote des Außendienstes anzunehmen – das gilt besonders bei scheinbar guten Bündelangeboten. Einzelne unverkäufliche Produkte binden Kapital und kosten bei Verfall oder unzureichender Retourenregelung viel Geld – oft mehr, als sich durch einzelne Nachlässe im Einkauf theoretisch erwirtschaften lässt. Wenn Sie sich die Statistik anschauen und dabei auch überlegen, welche Größen therapiegerecht sind, kommen Sie besonders bei nicht sehr umsatzstarken Artikeln vielleicht zu dem Schluss, dass es sich lohnt, nur die gängigste(n) Größe(n) einzukaufen. Damit werden weniger Kapital gebunden und potenzielle Ladenhüter gar nicht erst in Schubschrank oder Kommissionierautomat eingelagert.
Wie präsentieren Sie die Produkte am besten?
Wie verhält es sich nun mit dem Kunden? Wonach wählt er aus? Und wie können Sie das ggf. beeinflussen?
Betrachten wir dazu zunächst die Produktpräsentation: Generell nimmt der Kunde kleine Packungen in der Sicht- und Freiwahl weniger wahr. Deshalb lohnt es sich, größere Packungen zu präsentieren – oder aber kleinere so zu platzieren, dass sie größer wirken. Das können Sie erreichen, indem Sie beispielsweise „Blöcke“ oder „Treppen“ bilden. Oder indem Sie die Gewohnheiten des Kunden berücksichtigen: Der nämlich liest beispielsweise von links nach rechts – und interessiert sich auch in der Apotheke zunächst für die links platzierten Produkte. Demgegenüber ist allerdings auch zu beachten, dass die meisten Kunden Rechtshänder sind. Deswegen greifen sie intuitiv oft lieber auf die rechte Seite. Was können Sie nun tun, um diesen gegenläufigen Gewohnheiten gerecht zu werden? Am besten platzieren Sie Artikel, die Sie forcieren möchten, links in einem Aufsteller, der rechts der Kasse steht.
Was will der Kunde?
Neben der Produktpräsentation haben Sie auch die Möglichkeit, im Beratungsgespräch Einfluss auf die Wahl des Kunden zu nehmen. Zunächst sollten Sie ermitteln, welche Packungsgröße die „richtige“ für den Kunden ist. Das geht nur gemeinsam im Gespräch! Fragen Sie den Kunden und hören Sie ihm genau zu! Zunächst sollten Sie in Erfahrung bringen, ob es sich eher um einen preissensiblen Kunden handelt oder nicht. Achten Sie deswegen im Gespräch auf verbale Indikatoren: Will der Kunde „etwas, das schnell wirkt“ bzw. „etwas Richtiges“? Gilt für ihn vielleicht auch: „Hauptsache, es hilft“? Oder verwendet er eher Worte wie „günstig“, „wenig“ und „klein“? Über solche Indikatoren können Sie versuchen, die Wünsche des Kunden zu erkennen und ihn im Beratungsgespräch zu lenken.
Was Sie dabei allerdings immer im Hinterkopf behalten sollten: Egal, wie sinnvoll eine Packungsgröße unter therapeutischen Gesichtspunkten sein mag: Übersteigt der Preis die finanzielle Bereitschaft des Kunden, wählt er die kleinere Einheit oder kauft gar nicht erst.
Es gibt natürlich auch Situationen, in denen Kunden von vornherein wissen, was sie möchten: Kennen sie beispielsweise Produkte schon und haben gute Erfahrungen damit gemacht, greifen sie häufig zu den großen Packungen. Denn dann sehen sie allenfalls noch ein geringes Risiko, dass ihre Erwartungen nicht erfüllt werden. Manchmal wünschen Kunden aber auch bei bewährten Produkten nur kleine Packungen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn sie bei einer Reise nur wenig Platz im Gepäck haben oder wenn sie lediglich kleine Mengen von einem Produkt mit geringer Haltbarkeit verbrauchen. Überdies greifen auch Kunden, die gerne mal etwas Neues ausprobieren, zu einer kleinen Packung. Falls Sie das antizipieren können, lohnt es sich, auch nur eine kleine Packung anzubieten. Ihr Image jedenfalls profitiert, da der Kunde so nicht denkt, dass Sie ihn zu überreden versuchen.
Im Beratungsgespräch sollten Sie die Vor- und die Nachteile der einzelnen Packungsgrößen darlegen. Manchmal wählt der Kunde – bewusst oder auch unbewusst – eine Größe aus, die Ihnen unpassend erscheinen mag. Eine große Aufgabe des Apothekers besteht deswegen darin, im Vorfeld die Einnahmedauer und somit die benötigte Packungsgröße abzuschätzen. Das müssen Sie dem Kunden anschließend kommunizieren, so z.B.: „Bei dreimal täglich zwei Tabletten reicht diese Packung eine Woche.“
Wenn Sie bei einer typischen Erkältung eine Packung mit 20 Dosen eines Hustenlösers empfehlen, kann das bei einmal täglicher Einnahme schnell zur Verärgerung führen. Denn der Kunde muss eventuell einen Großteil der Packung verwerfen und ist somit aufgebracht, weil er zu viel gezahlt hat. Einen ähnlichen Effekt haben Sie aber auch dann, wenn Sie eine zu kleine Packung empfehlen: Muss der Kunde nämlich später eine weitere Packung kaufen, bewertet er Ihre Beratung – und in der Folge vielleicht auch das Präparat – oft als unzureichend.
Und wie können Sie ihn im Gespräch beeinflussen?
Durch eine geschickte Fragetechnik können Sie den Kunden steuern. Möchten Sie ihn dazu bewegen, die größere Packung zu wählen, empfiehlt sich die Frage: „Klein oder groß?“ Da das zuletzt Gesagte häufig noch im Ohr mitschwingt und damit ein stärkeres Gewicht hat (sogenannter „Rezenz-Effekt“), tendiert der Kunde hier eher dazu, die große Packung zu nehmen. Geschickt kann es ebenfalls sein, eine Frage zu stellen, die nur ein „Ja“ oder „Nein“ als Antwort zulässt, so z.B.: „Wünschen Sie die große Packung?“ Der Kunde wird dabei eher zum „Positiven“ – also zum „Ja“ – neigen.
Nehmen wir an, es stehen drei Packungsgrößen zur Verfügung. Sie möchten nun nicht die kleinste verkaufen und überdies einer aufwendigen Diskussion mit dem Kunden aus dem Weg gehen. Dann sollten Sie fragen: „Klein, mittel oder groß?“ Instinktiv entscheidet sich der Kunde meist für die mittlere Packungsgröße, weil ihm die kleine zu wenig enthält und ihm die große zu teuer scheint.
Fazit
Schon für Sie selbst ist es nicht einfach, sich im Dschungel der Packungsgrößen zurechtzufinden – noch schwieriger ist es für Ihre Kunden. Gelingen kann es trotzdem. Dazu sollten Sie schon beim Einkauf eine Vorauswahl treffen. Über eine geschickte Produktpräsentation und Gesprächsführung haben Sie weitere Möglichkeiten, den Kunden die Entscheidung zu erleichtern – und sie ggf. in Ihrem Sinne zu steuern. Lassen Sie dabei allerdings nie einen (vielleicht vorher schon unbewusst vorhandenen) Kundenwunsch außer Acht. Er ist wichtiger als das, was Sie als Apotheker rein rational auswählen würden. Letztlich gilt: Die „richtige“ Packungsgröße ist entscheidend für die Kundenzufriedenheit – und somit für Ihr Apothekenergebnis.
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2017; 42(23):10-10