Deutscher Online-Apothekenmarkt bleibt umkämpft

Das E-Rezept als Heilsbringer


Dr. Hubert Ortner

Die deutschen Top-16-Online-Apotheken erzielten laut Sempora Consulting 2021 Umsätze von 2,8 Mrd. € netto. Davon entfallen gut 40% auf die klar marktführende Zur Rose-Gruppe. Extrem hohe Erwartungen knüpfen die Versender an das E-Rezept sowie an Online-Plattformen.

Das Übernahmekarussell im Online-Apothekenmarkt dreht sich weiter. Nachdem die Zur Rose-Gruppe bereits 2020 Apotal übernommen hatte und 2021 die Übernahme von Delmed durch den Finanzinvestor Marcol folgte, sorgte unlängst Douglas für Schlagzeilen: Die Parfümeriekette hat sich bekanntlich die niederländische Versandapotheke Disapo einverleibt, und Vorstandschefin Tina Müller verspricht sich davon deutliche Wachstumsimpulse.

Laut aktuellen Zahlen von Sempora Consulting ist die Zur Rose-Gruppe mit ihren fünf Versandapotheken-Marken (DocMorris, Medpex, Apotal, Eurapon und Zur Rose) mit einem Umsatzvolumen von knapp 1,1 Mrd. € netto klarer Marktführer unter den Top 16 der deutschen Online-Apotheken. Das entspricht einem Marktanteil von 42%. Als Einzelmarke ist Shop-Apotheke mit Umsatzerlösen von 700 Mio. € und einem Marktanteil von 27% (bezogen auf die Top 16) die marktführende Versandapotheke hierzulande. Entscheidend für die künftige Wachstumsperspektive ist die verschobene, flächendeckende Einführung des E-Rezepts. Hiervon erwarten sich die Versender einen regelrechten Wachstumsschub; entsprechend negativ reagierten die Börsenkurse auf dessen Verschiebung.

Über das Handelsgeschäft hinaus setzen die großen Versandhändler unterschiedliche Schwerpunkte in ihrer Strategie. Finanzstarke Player wie Zur Rose wollen sich mittelfristig mit telemedizinischen und weiteren Services per App als integrierter (europäischer) Gesundheitsdienstleister positionieren.

Kerngedanke von DocMorris Express und ähnlichen Geschäftsmodellen ist es, Gesundheitsleistungen verschiedener Akteure – Apotheken, Sanitätshäusern, Ärzten oder Krankenhäusern – zentral auf einer Plattform zu bündeln und den Patienten aus einer Hand anzubieten. Allerdings bewegt man sich damit hierzulande gleich in mehrerlei Hinsicht in einer rechtlichen Grauzone: Zum einen müssen sich Plattformen den Vorwurf gefallen lassen, gegen das Zuweisungsverbot des §11 Abs. 1a Apothekengesetz zu verstoßen (vgl. AWA 19/2021).

Zum anderen hat das Landgericht Köln in einem Fall bereits geurteilt, dass von einer Online-Plattform ausgestellte Rezepte gegen das Fernbehandlungswerbeverbot (§9 Satz 1 Heilmittelwerbegesetz) verstoßen, wenn der Verschreibung nicht eine (analoge) Basisuntersuchung vorausgeht (vgl. AWA 19/2021).

Dr. Hubert Ortner, Biochemiker, Chefredakteur AWA, E-Mail: hortner@dav-medien.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(05):9-9