Wie Sie Ihr Team in der Corona-Krise stärken können

Mit Herz und Ohr nah bei den Mitarbeitern sein


Esther Stollenwerk

Durch die Pandemie werden die Mitarbeiter in Apotheken vor große Herausforderungen gestellt. Was können Sie als Apothekenleiter konkret dafür tun, dass Ihre Belegschaft gut gerüstet für die vielfältigen Anforderungen ist, die mit der Krise einhergehen?

Es ist schon lange kein Sprint mehr, sondern wir befinden uns im Kampf gegen die Pandemie inmitten eines Marathons und sind dabei einer Vielzahl von Belastungen ausgesetzt. So fürchten viele Menschen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Hinzu kommt eine enorme Arbeitsverdichtung, da Kollegen an Corona erkranken und dadurch bei der Arbeit ausfallen. Das Arbeitsvolumen verteilt sich dann auf die Köpfe der übrig gebliebenen Mitarbeiter und wird so für jeden Einzelnen mehr. Auch die Infektionsgefahr selbst löst bei vielen Menschen Ängste aus und ist nicht zu unterschätzen.

Zwei Jahre Ausnahmezustand ohne Unterbrechung

Als ob dies nicht schon genug wäre, kommen für die Mitarbeiter in Apotheken noch weitere psychische Belastungen hinzu. Denn Apotheken sind für radikale Impfgegner durchaus ein Feindbild. So hat Vandalismus gegen Apotheken, die sich in der Pandemie-Bekämpfung engagieren, zuletzt deutlich zugenommen (vgl. AWA 3/2022). Auch kommt es immer häufiger vor, dass Ungeimpfte versuchen, sich in Apotheken einen Impfnachweis zu erschwindeln, um so auch ohne Impfung weiter am öffentlichen Leben teilhaben zu können. Das Problem gefälschter Impfnachweise ist in den letzten Wochen vom Randphänomen zu einer großen Herausforderung für Apotheken und Strafverfolgungsbehörden gleichermaßen geworden. Last but not least werden die Mitarbeiter in der Offizin häufig mit genervten und mitunter sogar aggressiven Kunden konfrontiert.

Dieser belastende Zustand hält nun schon seit fast zwei Jahren an – und ein Ende ist nach wie vor nicht in Sicht. Eines ist klar: An den äußeren Umständen lässt sich nicht viel rütteln. Das Virus wird uns noch eine ganze Zeit lang auf Trab halten und die Menschen weiterhin vor große Herausforderungen stellen.

Aktiv nachfragen, wie es den Mitarbeitern geht

Doch was können Sie als Apothekenleiter/-inhaber konkret für Ihre Mitarbeiter tun, um diese angesichts der besonderen Belastungen gezielt zu unterstützen und zu stärken? Wie können Sie Ihre Mitarbeiter gut und sicher durch die Krise führen? Tatsächlich ist das, was Sie machen können, im Grunde sehr banal. So geht es in Krisenzeiten insbesondere darum, gut für die Menschen zu sorgen und sich ernsthaft um sie zu kümmern. Das A und O dabei ist: Mit Herz und Ohr dabei sein!

Was brauchen die Menschen in Zeiten wie diesen? Um das herauszufinden, ist es hilfreich, in einen regelmäßigen, offenen Dialog mit Ihren Mitarbeitern zu gehen und sie aktiv danach zu fragen:

  • "Wie geht es Ihnen?"
  • "Was brauchen Sie?"
  • "Wie zufrieden sind Sie gerade mit der Arbeit in der Apotheke und der Unterstützung, die angeboten wird?"
  • "Was wünschen Sie sich noch an Support?"

Kleines Investment, große Wirkung

Gerade jetzt ist es so wichtig, das Herz und Ohr nah bei den Menschen zu haben und zu verstehen, welchen Bedarf es aus ihrer Perspektive gibt! Auch wenn es einfach klingt und die Umsetzung für Unternehmen gut machbar ist, zeigt die Praxis doch immer wieder, wie schwer sich viele damit tun. Dabei ist das Investment klein und die Wirkung spürbar groß. Die meisten Mitarbeiter in Ihrem Team wissen es sehr zu schätzen, wenn ihnen bei ihren Anliegen Gehör geschenkt wird und sie sich gesehen fühlen. Insbesondere dann, wenn sie merken, dass die eigenen Bedürfnisse ernst genommen werden und ihr Chef sich die Mühe macht, daraus entsprechende Handlungen abzuleiten.

Tipp: Schaffen Sie in der Apotheke die Möglichkeit für einen regelmäßigen, offenen Austausch mit Ihren Mitarbeitern. Alternativ können Sie die oben aufgeführten Fragen auch als festen Bestandteil in schon vorhandene Meetings integrieren.

Situationen aus der Praxis gemeinsam reflektieren

Eine weitere, sehr wirkungsvolle Intervention in der Krise ist die kollegiale Beratung. Damit ist gemeint, dass Sie gemeinsam Situationen aus der Praxis reflektieren. Ein Beispiel könnte der Umgang mit genervten Kunden in der Offizin sein, ein anderes, wie sich Betrüger von falschen Impfpässen entlarven lassen. Im nächsten Schritt können Sie dann gemeinsam mit Ihrem Team eine gute Strategie entwickeln, wie man in solchen Momenten angemessen reagieren könnte. Die kollegiale Beratung trägt dazu bei, dass die Mitarbeiter – insbesondere bei belastenden Situationen – gestärkt werden und handlungsfähig bleiben. Berufliche Probleme können besser bewältigt und Belastungen reduziert werden. Ein solcher Erfahrungsaustausch bietet vor allem den Vorteil, dass eine Situation aus mehreren Blickwinkeln beleuchtet werden kann und in der gemeinsamen Diskussion daraus verschiedene Lösungsansätze entstehen.

Tipp: Damit Sie die kollegiale Beratung erfolgreich in Ihrer Apotheke umsetzen können, ist es wichtig, strukturiert und koordiniert vorzugehen. Es braucht einen festen Zeitrahmen und klare Regeln für die Kommunikation. Hilfreich ist auch, die Beratungen jeweils reihum von einem anderen Kollegen moderieren zu lassen.

Suchen Sie die Good News in Ihrer Offizin

Welche Möglichkeiten gibt es noch, damit Sie selbst und Ihre Mitarbeiter in der Krise stark und widerstandsfähig bleiben? Einen großen Stellhebel, den Sie als Apothekenleiter/-inhaber immer haben, um die Ressourcen zu stärken und die Leute "bei Laune zu halten", ist der Faktor Wertschätzung. Viele Studien belegen den positiven Effekt von Wertschätzung auf die Psyche, das Miteinander und das Arbeitsklima. Auch stärkt und erhält ein wertschätzendes Miteinander die Arbeitsfähigkeit Ihrer Mitarbeiter. Gerade jetzt braucht es Menschen, die ihr Bestes geben wollen. Und das tun sie besonders dann, wenn sie sich wertgeschätzt fühlen. Dabei ist mit Wertschätzung weit mehr gemeint als nur Lob. Und erst recht mehr als Floskeln wie "das haben Sie gut gemacht".

Vielmehr geht es darum, den Fokus ganz bewusst auf das Positive zu richten, auf all die Dinge, die besonders gut gelaufen und gelungen sind. Kleine Hilfestellung dazu: Nehmen Sie sich die Nachrichten zum Vorbild und machen Sie genau das Gegenteil: Statt des journalistischen Grundprinzips "only bad news are good news" suchen Sie bewusst die "good news" in Ihrer Offizin. Übertragen auf die Praxis könnte das zum Beispiel so aussehen, dass Sie regelmäßig eine positive Feedback-Runde machen: Was ist die letzte Woche gut gelaufen, wofür sind Sie ihren Mitarbeitern dankbar? Und im besten Fall machen Sie diese Inhalte für sich und andere sichtbar. Zum Beispiel auf einer Pinnwand, an der Sie öfter während der Arbeit vorbeikommen.

Regelmäßig Pause machen – aber richtig

Und schließlich ist es in belastenden Situationen ratsam, darauf zu achten, dass "die Basis stimmt". Hierbei geht es um grundsätzliche Dinge wie regelmäßige Pausen. Diese fördern die Gesundheit und steigern das Wohlbefinden. Wichtig ist dabei, "richtig" Pause zu machen. Die Erholungsforschung zeigt, dass man in der Pause möglichst etwas Gegenteiliges zu den Tätigkeiten bei der Arbeit machen soll. Zum Beispiel einen Spaziergang an der frischen Luft als Ausgleich zur Arbeit in der Offizin. Falls die Apothekenräume es zulassen, schaffen Sie einen abgetrennten Ruhebereich, wo die Mitarbeiter sich auch mal zurückziehen und zwischendurch abschalten können.

AWA-Leser wissen mehr

Weitere Tipps & Tricks für den Umgang mit Stress können Sie im AWA 18/2021 nachlesen.
In diesem Bericht beleuchtet die Autorin das Thema Stress ganz grundsätzlich und gibt konkrete Empfehlungen, wie ein gesunder Umgang mit diesem unvermeidlichen Begleiter im Berufsalltag aussehen kann.

Esther Stollenwerk, Wirtschaftspsychologin (M.Sc.), Beraterin für betriebliches Gesundheitsmanagement, 50670 Köln, E-Mail: esther_stollenwerk@web.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(06):14-14