Helmut Lehr
In der Praxis werden Eheverträge insbesondere in solchen Fällen geschlossen, in denen einer der Partner deutlich mehr Vermögen als der andere besitzt, oder ein Unternehmen betreibt, das im Fall der Scheidung vor der Zerschlagung geschützt werden soll. Die Vereinbarungen zielen häufig darauf ab, sehr hohe Zugewinnausgleichszahlungen bzw. Unterhaltsleistungen oder sogar den Versorgungsausgleich zu vermeiden. Derjenige Partner, der auf all diese Leistungen "verzichtet", wird dies in der Regel nur gegen Zusicherung einer Abfindung bzw. Ausgleichszahlung tun.
Hinweis: Bei der Ausgestaltung solcher Ausgleichszahlungen ist allerdings Vorsicht geboten, da sie in bestimmten Fällen Schenkungsteuer auslösen können. Zudem könnten solche Vereinbarungen sittenwidrig sein (vgl. § 138 Bürgerliches Gesetzbuch).
Ein Fall aus der Praxis
Frau Andris schloss anlässlich ihrer Eheschließung mit ihrem früheren Ehemann im Jahr 2003 einen notariell beurkundeten Ehevertrag. In diesem wurde u.a. der gesetzliche Versorgungsausgleich zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt begrenzt. Außerdem wurde "Gütertrennung" vereinbart. Frau Andris erhielt einen indexierten Zahlungsanspruch im Falle der Scheidung. Dieser sollte bei einem Bestand der Ehe von 15 vollen Jahren 1 Mio. € betragen. Für den Fall der Ehescheidung vor Ablauf von 15 Jahren sollte sich der Anspruch um jeweils 1/15 pro Jahr vermindern.
Als die Ehe im Jahr 2019 rechtskräftig geschieden wurde und das Geld schließlich zur Auszahlung kam, setzte das Finanzamt Schenkungsteuer gegen Frau Andris fest.
In einem vergleichbaren Fall blieb die Klage vor dem Finanzgericht in erster Instanz zunächst erfolglos. Der Bundesfinanzhof hatte allerdings ein Einsehen und entschied mit Urteil vom 1.9.2021 (Az: II R 40/19), dass die Abfindungszahlungnicht der Schenkungsteuer unterliegt. Denn nach Ansicht der obersten Steuerrichter ist diese keine "freigebige Zuwendung".
Vorliegend sei eine so genannte "Bedarfsabfindung" vereinbart worden, da die Abfindungsregelung nur zum Tragen kam, weil die Ehe tatsächlich geschieden wurde und die Zahlung im Gesamtzusammenhang mit weiteren ehevertraglichen Regelungen stand. In einem solchen Fall sei davon auszugehen, dass der zahlende (frühere) Partner gar nicht den subjektiven Willen hatte, etwas zu schenken, sondern vielmehr lediglich verschiedene ggf. gesetzlich durch die Scheidung entstehende familienrechtliche Ansprüche abgelten wollte.
Anders sieht die Sache insbesondere dann aus, wenn so genannte Pauschalabfindungen vor bzw. zu Beginn der Eheschließung geleistet werden. Hier ist regelmäßig ungewiss, ob überhaupt ein Zugewinnausgleichsanspruch entsteht und ob die Ehe überhaupt geschieden wird.
In einem solchen Fall hat der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass die Ausgleichszahlung der Schenkungsteuer unterliegt (Urteil vom 17.10.2007, Az: II R 53/05). Hier ist nämlich noch kein gesetzlicher Anspruch auf Ausgleichszahlung entstanden, der die Unentgeltlichkeit der Zuwendung ausschließen könnte.
Sorgsam abwägen – insbesondere den Güterstand
Bevor sich die Partner für umfangreiche Abfindungsregelungen entscheiden, sollte eine grundlegende "zivilrechtliche" Beratung erfolgen, die dann nochmals von steuerlicher Seite zu prüfen ist. In diesem Zusammenhang sollten Sie unbedingt auf die steuerlichen Unterschiede zwischen einer "Bedarfsabfindung" und "Pauschalabfindung" achten. Besonders ungünstig erscheinen Pauschalabfindungen, die bereits vor der Ehe oder erst nach einer Ehescheidung geleistet werden, weil dann der Partner einer ungünstigen Steuerklasse angehört und regelmäßig nur über einen Freibetrag von lediglich 20.000 € verfügt.
Allein durch die Vereinbarung der Gütertrennung wird (natürlich) noch keine steuerbare Zuwendung begründet. Die Gütertrennung verhindert im Allgemeinen den Zugewinnausgleich zu Lasten des wohlhabenderen Partners nach der Scheidung. Allerdings verbauen sich die Eheleute damit die Möglichkeit, nennenswertes Vermögen schenkungsteuerfrei auf den anderen Partner zu übertragen. Denn: Nach § 5 Absatz 2 Erbschaftsteuergesetz unterliegt der Zugewinnausgleich bzw. die Ausgleichsforderung eines Ehegatten nicht der Schenkungsteuer.
Es ist sogar möglich, den Zugewinn durch einen Wechsel des Güterstands während der Ehe vorzeitig auszugleichen. Auch in einem solchen Fall bleibt der Ausgleich "schenkungsteuerfrei" – selbst, wenn Sie kurz danach wieder in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückkehren (sog. Güterstandsschaukel – vgl. AWA 20/2013). Schließlich besteht noch die Möglichkeit, eine "modifizierte Zugewinngemeinschaft" zu vereinbaren, bei der auch die Steuervorteile in der Regel erhalten bleiben.
Vereinbaren Eheleute zu Beginn der Ehe die Gütertrennung, haben sie auch die Möglichkeit, diese später rückwirkend zu beenden (durch einen notariellen Vertrag) und – ebenfalls rückwirkend auf den Zeitpunkt des Ehebeginns – die Zugewinngemeinschaft zu begründen. Selbst in einem solchen Fall bliebe die Zugewinnausgleichsforderung wohl "schenkungsteuerfrei", auch soweit die Forderung den Zeitraum zwischen der Eheschließung und dem Vertragsschluss betrifft (vgl. dazu auch Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.6.2006, Az: 4 K 7107/02 Erb).
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(07):16-16