Photovoltaikanlage als steuerliche „Liebhaberei“

Gilt das auch für die Umsatzsteuer?


Helmut Lehr

Kleinere Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10,0 kW/kWp dürfen Sie für einkommensteuerliche Zwecke neuerdings als Privatsache behandeln. Wenn Sie dies auch für die Umsatzsteuer anstreben, dann gilt es jedoch, einige Fallstricke zu beachten.

Im letzten Jahr hat die Finanzverwaltung für Besitzer kleinerer Photovoltaikanlagen die Möglichkeit geschaffen, die Einkommensteuer für ihre Anlage "abzuwählen" und diese künftig als "Privatvergnügen" anzusehen. Das bedeutet: Gewinne oder Verluste, die mit der Anlage erzielt werden, unterliegen nicht mehr der Besteuerung, und Gewinnermittlungen müssen nicht mehr eingereicht werden (vgl. AWA 20/2021 und AWA 23/2021).

Hinweis: Der Antrag auf "Liebhaberei" ist für Altanlagen, die noch vor dem 31.12.2021 in Betrieb genommen wurden, bis zum 31.12.2022 zu stellen.

Wer seine Photovoltaikanlage als Privatsache einstuft, möchte sich möglicherweise auch von seinen umsatzsteuerlichen Pflichten lösen. Hierzu müssen Sie aber wissen, dass das neu geschaffene Wahlrecht nicht für die Umsatzsteuer gilt.

Als Betreiber der Anlage haben Sie allenfalls die Möglichkeit, die Kleinunternehmerregelung zu beanspruchen, wenn Sie anderweitig keine höheren Umsätze erzielen. In diesem Fall müssen Sie keine Umsatzsteuer zahlen – dürfen allerdings auch keine Vorsteuer mehr abziehen. Als Kleinunternehmer gelten Sie, wenn ihr Vorjahresumsatz max. 22.000 € betragen hat und der Umsatz des laufenden Jahres voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigt.

Das bedeutet: Wenn Sie als selbstständiger Apotheker alleiniger Eigentümer der Photovoltaikanlage sind, werden Sie sich in aller Regel nicht auf die Kleinunternehmerregelung berufen können. Sie müssen dann auch weiterhin die Umsätze mit der Photovoltaikanlage in Ihrer Umsatzsteuererklärung deklarieren.

Hinweis: Betreiben Sie die Anlage aber zusammen mit Ihrem Ehepartner, weil sie z. B. auch gemeinsam Eigentümer des Hauses sind, oder gehört die Anlage nur Ihrem Partner, der ansonsten keine unternehmerischen Einnahmen erzielt, dürfte es in der Regel möglich sein, die Kleinunternehmerregelung zu beanspruchen.

Ein Fall aus der Praxis

Apothekerin Gerlach besitzt gemeinsam mit ihrem Ehemann ein selbstgenutztes Einfamilienhaus, auf dem sie eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 9,9 kWp betreibt. Die Anlage wurde am 1.9.2017 in Betrieb genommen. Weil die Eheleute die Vorsteuer aus der Anschaffung auf Anraten ihres Steuerberaters geltend gemacht haben, wurde mit Wirkung ab dem Jahr 2017 auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet (sogenannte Option zur Regelbesteuerung). Diese Option bindet die Eheleute laut Gesetz für 5 Jahre. Da sie erfahren haben, die Anlage einkommensteuerlich neuerdings als Liebhaberei behandeln zu können, möchten sie ab dem Jahr 2022 auch keine Umsatzsteuer mehr anmelden und von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Sie fragen ihren Steuerberater, was sie dabei zu beachten haben.

Die Antwort des Steuerberaters: In diesem Fall ist es grundsätzlich möglich, ab dem Jahr 2022 zur Kleinunternehmerregelung zurückzukehren, sofern anderweitig keine höheren Umsätze erzielt werden. Die Regelung greift immer mit Wirkung zu Beginn eines Kalenderjahres und kann noch im Rahmen der Steuererklärung für das betreffende Jahr beantragt werden.

Dabei müssen die Eheleute Gerlach allerdings beachten, dass der 5-jährige Vorsteuerberichtigungszeitraum (= 60 Monate) für die Photovoltaikanlage erst am 31.8.2022 abläuft, weil die Anlage zum 1.9.2017 in Betrieb genommen wurde. Und da der Wechsel zur Kleinunternehmerregelung eine Änderung der umsatzsteuerlichen Verhältnisse darstellt, muss der anfängliche Vorsteuerabzug teilweise korrigiert werden. Das bedeutet: Beantragen die Eheleute bereits mit Wirkung zu Beginn des Jahres 2022 die Behandlung als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer, müssten sie nun für die Monate Januar 2022 bis August 2022 Vorsteuern aus der Anschaffung der Anlage im Jahr 2017 an das Finanzamt zurückzahlen – und zwar in Höhe von 8/60 des ursprünglich geltend gemachten Betrages.

Vor diesem Hintergrund wäre zu empfehlen, eine Rückkehr zur Kleinunternehmerregelung frühestens ab dem Kalenderjahr 2023 anzustreben.

Hinweis: Sollte es sich bei der Photovoltaikanlage nicht um eine sogenannte Aufdachanlage handeln, sondern – was nicht so häufig vorkommt – um eine dachintegrierte Anlage ("Solarziegel"), gilt diese umsatzsteuerlich als wesentlicher Gebäudebestandteil. In solchen Fällen verlängert sich der Vorsteuerberichtigungszeitraum von 5 auf 10 Jahre (vgl. § 15a Absatz 1 Umsatzsteuergesetz). Eine Rückkehr zur Kleinunternehmerregelung nach 5 Jahren würde in diesem Fall eine viel höhere Vorsteuerberichtigung (Rückzahlung an das Finanzamt) zur Folge haben.

Ob die Abwahl der Umsatzsteuer generell Sinn macht, kann nicht pauschaliert beantwortet werden. Dabei wird auch eine Rolle spielen, ob in absehbarer Zeit weitere Investitionen in die Anlage (oder Reparaturen) geplant sind, für die ein Vorsteuerabzug dann ja nicht mehr möglich wäre. Auch die Höhe des selbstverbrauchten Stroms spielt womöglich eine Rolle, da die Umsatzsteuer dafür nicht vom Netzbetreiber überwiesen wird. Außerdem werden die steuerliche Abwicklung natürlich deutlich verschlankt und Steuerberatungskosten verringert.

Hinweis: Wer sich für eine Rückkehr zur Kleinunternehmerregelung entscheidet, muss auch seinen Netzbetreiber informieren, damit dieser die Zahlung der Umsatzsteuer einstellt. Ansonsten wird dieser vermutlich weiterhin fälschlicherweise Gutschriften mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellen. Diese Umsatzsteuer würden Sie als Anlagenbetreiber dann quasi als "Strafsteuer" (§ 14c Umsatzsteuergesetz) dem Finanzamt schulden.

Helmut Lehr, Dipl.-Finanzwirt (FH), Steuerberater, 55437 Appenheim

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(08):16-16