Dr. Hubert Ortner
"Wir Apotheker haben unseren Beitrag geleistet, dass Deutschland gut durch die Pandemie gekommen ist." So lautete das selbstbewusste Eingangsstatement von Dr. Hans-Peter Hubmann, dem Stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands (DAV), auf der digitalen DAV-Wirtschaftskonferenz am 27. April 2022. Umso irritierender sei der Referentenentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gewesen: Dieser hatte bekanntlich eine Erhöhung des Apothekenabschlags plus Senkung der Umsatzsteuer für Arzneimittel vorgesehen – was die Apotheken mit 230 Mio. € zusätzlich belastet hätte. Für Hubmann ist es absolut unverständlich, dass die Apotheken trotz ihres hohen Engagements in der Pandemie als einzige Leistungserbringer zusätzlich belastet werden sollen.
Das sieht die ABDA-Geschäftsführerin für Ökonomie, Claudia Korf, ganz ähnlich und verpackt die erwogene Mehrbelastung in eine schöne Metapher: "Man soll keine Bäume ausreißen, nur um zu sehen, ob die Wurzeln noch da sind." Freilich hätten Apotheken erhebliche Sonderumsätze infolge der Pandemie eingefahren. Konkret sind die Umsatzerlöse der Apotheken 2021 ohne Corona-Sondereffekte um 5,5% auf 59,93 Mrd. € gestiegen (2020: 56,73 Mrd. €). Inklusive Sonderumsätze lagen sie sogar bei 62,43 Mrd. € – entsprechend einem Plus von 10,1%. "Aber das war ja kein Geschenk.“ So habe das Verteilen der Schutzmasken, das Testen und das Ausstellen von Millionen Impfzertifikaten zu einer erheblichen Mehrbelastung für die Mitarbeiter und höheren Personalkosten geführt.
Um die Verhältnisse ins Lot zu rücken, schlüsselte Korf die GKV-Ausgaben 2021 nach Leistungserbringern auf (siehe Abb. 1): Demnach entfallen von den üppigen 284 Mrd. € Gesamtausgaben gerade mal 1,9% (5,52 Mrd. €) auf die Apothekenhonorare. Ihr Fazit: "Wir sind nicht das Problem und das absolut falsche Target für politische Sparbemühungen!"
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Pragmatismus a la ABDA
Zu den zentralen strategischen Projekten gehört für Hubmann neben dem Abbau der überbordenden Bürokratie die zügige Einführung der vergüteten pharmazeutischen Dienstleistungen. Hier sei man seitens der ABDA "mit großem Elan in die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband gestartet", dann aber an dessen Blockadehaltung abgeprallt. Das zeige ihm, dass "die Selbstverwaltung (zumindest in diesem Fall) nicht mehr funktioniert", dennoch ist er zuversichtlich, dass es noch im Mai zu einer Entscheidung der Schiedsstelle kommen werde.
Claudia Korf: "Von den GKV-Ausgaben in Höhe von 284 Mrd. € entfielen 2021 gerade mal 1,9% auf die Apothekenhonorare. Wir sind nicht das Problem und das völlig falsche Target für politische Sparbemühungen!"
Die verlängerte Testphase für das E-Rezept begrüßte Hubmann ausdrücklich - aufgeschoben sei hier aber definitiv nicht aufgehoben. Dass die Apotheken-Standesvertretung nicht zu den "Treibern" des E-Rezepts zählte, ist ein offenes Geheimnis. Doch mittlerweile sei man auf Kurs - auch beim DAV-Onlineportal, so Hubmann. "Was man nicht aufhalten kann, muss man selbst gestalten." So sieht Pragmatismus a la ABDA aus.
Dr. Hubert Ortner, Biochemiker, Chefredakteur AWA, E-Mail: hortner@dav-medien.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(10):9-9