Dr. Bettina Mecking
Die neuen Regeln zur Preisangabenverordnung wurden bereits am 3. November 2021 beschlossen. Eine Übergangsphase für die Umsetzung wird es nicht mehr geben. Hintergrund der Novellierung ist die Umsetzung der sogenannten 2Omnibus-Richtlinie (EU) 2019/21612 als ein Teil des 2New Deal for Consumers2.
Konkret geht es vor allem um zwei Aspekte:
- Die Auszeichnung des Grundpreises: Preisangaben sollen künftig für den Kunden transparent, nachvollziehbar und leichter vergleichbar sein.
- Die Informationspflicht bei Werbung mit Angebotspreisen: Verbraucher sollen Preisermäßigungen in Zukunft besser einordnen können.
Auch für die neugefasste Preisangabenverordnung bleibt es dabei: Die Verordnung findet keine Anwendung auf verschreibungspflichtige Arzneimittel! Für diese ist Werbung weiterhin untersagt.
Ausnahmen für kleinere Apotheken
Speziell für kleinere Apotheken stellt sich die Frage, ob sie auch nach der neuen PAngV nicht weiterhin von der Pflicht zur Grundpreisangabe befreit sein könnten. Denn laut §4 Abs. 3 Ziff. 3 PAngV neue Fassung (n. F.) ist die Grundpreisangabenpflicht nach §4 Abs. 1 PAngV nicht anzuwenden auf "Waren, die von kleinen Direktvermarktern, insbesondere Hofläden, Winzerbetrieben oder Imkern, sowie kleinen Einzelhandelsgeschäften – insbesondere Kiosken, mobilen Verkaufsstellen oder Ständen auf Märkten oder Volksfesten – angeboten werden, bei denen die Warenausgabe überwiegend im Wege der Bedienung erfolgt (...)".
In der alten Fassung war eine Ausnahme für kleine Einzelhandelsgeschäfte enthalten, bei denen die Warenausgabe überwiegend im Wege der Bedienung erfolgt. Unter diese Ausnahme wurden – so seinerzeit z.B. die Klarstellung des zuständigen Ministeriums in NRW – auch Apotheken gefasst, die eine Verkaufsfläche (nicht die gesamte Grundfläche) von weniger als 200 qm aufweisen.
Teilweise wird nun angenommen, aufgrund der genannten Beispiele sei diese Ausnahmeregelung nun nicht mehr auf Apotheken anwendbar, weil diese sich doch erheblich von Kiosken oder Ständen auf Volksfesten unterscheiden.
Jedoch leitet das Wort "insbesondere" keine abschließende Aufzählung der kleinen Einzelhandelsgeschäfte ein. Auf Nachfrage gab etwa das zuständige Ministerium in Nordrhein-Westfalen kürzlich an, dass der Verordnungsgeber durch die beispielhafte Aufzählung lediglich Rechtsklarheit schaffen wollte und Apotheken bei entsprechender Größe weiterhin von der Pflicht zur Grundpreisangabe ausgenommen sind. Insofern muss man als Apotheke mit einer Verkaufsfläche unter 200 qm zumindest in NRW kein ordnungsbehördliches Verfahren fürchten. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima teilte kürzlich auf Anfrage der DAZ Online mit, dass sich durch die Novelle der PAngV nichts an den Ausnahmevorschriften für kleine Apotheken ändern würde. Gleichwohl gilt die Grundpreisangabenpflicht bei Werbemaßnahmen wie Flyern, Internetauftritten, Werbeanzeigen etc. uneingeschränkt!
Eine kritische Frage ist, inwieweit ministerielle Vollzugshinweise ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen verhindern können. Grundsätzlich sind Verstöße gegen die Preisangabenverordnung Wettbewerbsverstöße nach §3a UWG. Die Wettbewerbsgerichte beurteilen solche Sachverhalte regelmäßig eigenständig und können von einer ordnungsbehördlichen Beurteilung abweichen.
Wie so oft werfen neue Regelungen Fragen auf, die letztendlich nur gerichtlich geklärt werden können. Will man auf der sicheren Seite sein, sollte man die Grundpreise grundsätzlich auch in der (kleinen) Offizin mit angeben. Falls dies fahrlässig hier und da unterlassen wird und es kommt zu einer Beanstandung, kann man sich jedenfalls in den Bundesländern, die Ausnahmen vorsehen, immer noch mit den behördlichen Vollzugsregeln herausreden.
Angabe eines einheitlichen Referenzpreises
Der Grundpreis macht den Gesamtpreis vergleichbarer, so kann der Kunde besser abwägen. Jetzt schreibt die PAngV vor, auf welche Einheit bezogen Sie den Grundpreis auszeichnen müssen, nämlich Kilogramm oder Liter. Auch bei Gebindegrößen von unter 250 g oder 250 ml ist nun vorgeschrieben, dass stets die Bezugsgröße 1 kg oder 1 l sein müssen.
Es gibt jedoch einige Ausnahmen: Ist der Grundpreis mit dem Gesamtpreis identisch, weil die Packungsgröße ohnehin bei 1 l oder 1 kg liegt, brauchen Sie den Grundpreis nicht noch einmal separat anzugeben. Die Untergrenze, ab der auf eine Grundpreisangabe verzichtet werden kann, bleibt – wie bisher – bei 10 g oder 10 ml.
Bei nach Masse verkaufter loser Ware – das wäre in den Apotheken zum Beispiel Tee – dürfen Sie den Grundpreis auch pro 100 g angeben. Aber Achtung: Bislang durfte man bei allen Produkten, die unter dem Grenzwert von 250 g oder ml lagen, den Grundpreis auf 100 g oder ml beziehen. Diese Ausnahme entfällt mit der neuen PAngV!
Beispiel zum Grundpreis
Die 180-Gramm-Tube einer Creme kostet 18,00 Euro. Nicht zulässig wäre die Angabe "10,00 €/100 g", denn als Einheit sind Kilogramm vorgeschrieben. Die Regelung für Packungen unter 250 g gilt nicht mehr, und die Ausnahme für lose Ware greift hier nicht. Korrekt wäre die Angabe "100,00 €/kg".
Unterm Strich werden die neuen Vorgaben in Apotheken, wo die Gebindegrößen meistens kleiner sind, dazu führen, dass hier nun Preise von unverhältnismäßig großen Mengen als Referenzpreis angegeben werden müssen, die voraussichtlich keinem Verbraucher mehr Klarheit geben.
Für viel Unsicherheit sorgt die Frage, ob die Grundpreisangabe auch für Tabletten und Kapseln gilt. Das betrifft ebenso Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform. Wünschenswert wäre eine ausdrückliche Regelung gewesen. Bis auf Weiteres ist daher zu empfehlen, hier einen Grundpreis anzugeben, indem der Preis pro Tablette/Kapsel aufgeführt wird.
Preisangabenpflicht beiPreisermäßigungen
Seit dem Stichtag (28. Mai) muss laut §11 PAngV bei der Bekanntgabe einer Preisermäßigung – beispielsweise im Angebotsflyer der Apotheke – der niedrigste Gesamtpreis angegeben werden, der innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet wurde.
Ziel der Neuregelung ist es, zu verhindern, dass bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen auf vorherige Preise Bezug genommen wird, ohne dass diese tatsächlich von Verbrauchern so verlangt wurden. Außerdem soll so einer kurzzeitigen Preiserhöhung vor einer Preisermäßigung ein Riegel vorgeschoben werden. Wird mit durchgestrichenen Preisen geworben und ein aktuell niedrigerer Preis im Verhältnis zu einem ursprünglich höheren Preis gegenübergestellt, so muss eine "Preisschaukelei" vermieden werden.
Wird nur mit einem Angebotspreis geworben, ohne dass zugleich eine Preisgegenüberstellung stattfindet, bedarf es derartiger Angaben nicht. Die Vorgabe gilt nicht für individuelle Preisermäßigungen oder Ermäßigungen für schnell verderbliche oder Waren mit kurzer Haltbarkeit, wenn der Preis wegen drohendem Verderb oder Ablauf der Haltbarkeit reduziert wird und dies für die Verbraucher entsprechend kenntlich gemacht wird. Ebenfalls keine Anwendung findet die Neuregelung, wenn ausdrücklich mit der "unverbindlichen Preisempfehlung" (UVP) geworben wird.
Referenzpunkt für die 30-Tages-Frist ist der Zeitpunkt, zu dem die Preisermäßigung gewährt wird. Bei einem Verkauf der Produkte über verschiedene Vertriebskanäle soll der niedrigste Gesamtpreis des jeweiligen Vertriebskanals maßgeblich sein. Es ist ratsam, den Preisverlauf zu dokumentieren, was viele Warenwirtschaftssysteme zum Glück automatisch machen.
Dr. Bettina Mecking, M.M., Fachanwältin für Medizinrecht, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, 40213 Düsseldorf, E-Mail: b.mecking@aknr.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(11):14-14