Vom richtigen Umgang mit Praktikanten

Fingerspitzengefühl gefragt


Tatiana Dikta

Nach dem PTA-Reformgesetz hat die BAK eine Richtlinie erarbeitet, welche die praktische Ausbildung zur PTA regelt und deren Qualität sicherstellt. Wie gelingt aber ein fairer Umgang mit Praktikanten in der Praxis, was dient der Motivation und beidseitigen Zufriedenheit?

Fachkräfte fehlen und Apotheken suchen händeringend Personal. Praktikanten werden aber nicht nur als Arbeitskräfte von morgen gebraucht, sie schließen nicht selten eine Personallücke im Team. Allerdings sollten sie zu keinem Zeitpunkt als billige Arbeitskräfte betrachtet werden, denn sie kommen in die Apotheke, um den praktischen Teil ihrer Ausbildung zu absolvieren. Was dabei häufig vergessen wird: Ausbilden ist nur dann möglich, wenn Ausbilder zur Verfügung stehen. Ist das Team sehr knapp besetzt, sind die Rahmenbedingungen für eine gute praktische Ausbildung schlecht.

Auszubildende können ein Gewinn für ein Team sein, sie können aber auch sehr anstrengend werden, wenn sich im Laufe des Praktikums kein Lernerfolg bemerkbar macht. In einem solchen Fall kann ein Praktikant dem Team mehr Aufwand bescheren, als Nutzen bringen. Schul- und Uniabsolventen bringen zwar fundiertes Wissen mit, sie können aber in ihrer Ausbildung nicht auf schwierige und unvorhersehbare Situationen im Apothekenalltag adäquat vorbereitet werden. Die Verknüpfung von Theorie und Praxis ist vor allem die Aufgabe des Ausbildungsbetriebs.

Die ersten Tage am Arbeitsplatz sind wichtig: Sowohl das Team als auch der Praktikant verschaffen sich einen ersten Eindruck voneinander. Allerdings sollte diesem auch kein übergroßes Gewicht beigemessen werden, denn sowohl die Persönlichkeit des Praktikanten als auch das wahre Teamklima zeigen sich erst im Laufe der nächsten Wochen. Hier kommt es darauf an, Zuständigkeiten im Team festzulegen und den Praktikanten richtig „an die Hand zu nehmen“. Es braucht Zeit, bis die in der Schule oder im Studium gelernte Theorie sich sicher in der Praxis widerspiegelt. Beachten Sie: Auch Schulabsolventen mit einem sehr guten Zeugnis können zu Beginn ihrer praktischen Ausbildung noch sehr unsicher sein, und auch die Einarbeitung kann holprig sein. Achten Sie als Vorgesetzter deshalb darauf, dass Praktikanten jederzeit Fragen stellen dürfen und lassen Sie keine abwertenden Kommentare von Seiten des Teams zu!

„Einmal ist kein Mal“ – Ausbilden braucht Geduld

Etwas einmal zu erklären, bedeutet keinesfalls, dass der neue Mitarbeiter den Sachverhalt verstanden hat. Für PTA- und Pharmaziepraktikanten müssen strukturierte Ausbildungs- und Einarbeitungspläne konzipiert werden, die die Vorgaben der BAK (Bundesapothekerkammer) und die Abläufe in der Apotheke miteinander verknüpfen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass neues Wissen Zeit braucht, um sich zu verfestigen: Nach sechs Tagen bleibt nur etwa ein Viertel des Gelernten im Gedächtnis, wenn die Inhalte nicht wiederholt werden. Praktikanten werden zu Beginn ihrer Tätigkeit regelrecht mit Informationen „überflutet“ und fühlen sich dadurch bisweilen überfordert. Sie trauen sich nicht zu fragen, da sie die Antwort „das haben wir dir doch schon mal erklärt!“ fürchten. Mehrfaches Wiederholen bringt nachweislich den besten Lernfortschritt.

Praktikanten, die nur ihre Bescheinigung über das abgeleistete Pflichtpraktikum „abholen wollen“ und sich dementsprechend wenig engagieren und auch nicht an vereinbarte Regeln halten, können für das Team Stress bedeuten. Motivation schöpfen Menschen am effektivsten von innen heraus, doch auch externe Faktoren wie ein attraktiver Arbeitsplatz wirken positiv.

Bringt ein Praktikant keine Eigenmotivation mit, wird es allerdings schwierig. Regelmäßige Gespräche und Feedback können dabei helfen, die Gründe dafür herauszufinden und die Persönlichkeit des Praktikanten besser kennenzulernen. Im Idealfall entdecken Sie verborgene Talente und Stärken, die in Ihrem Apothekenteam fehlen und den Berufsstarter doch noch motivieren, Fachliches mit seinen Talenten zu verbinden – das können Social-Media-Beiträge ebenso sein wie die Schaufenster-Deko oder eine Anwendung von Fremdsprachen.

Praktikanten haben (k)einen großen Wirkungskreis

Praktikanten lernen nicht nur, sie erleben auch den Alltag in der Apotheke, lernen den Kundenstamm kennen, und in vielen Fällen verlassen sie mit dem erworbenen Wissen den Ausbildungsbetrieb. Trotz ihrer scheinbar unwichtigen Position sind sie in ihrer Außenwirkung nicht zu unterschätzen: Sie sind wichtige Multiplikatoren und haben ein Netzwerk aus Klassenkameraden und Kommilitonen.

Der Eindruck, den sie über Ihre Apotheke gewinnen, kann für den Betrieb sowohl positive als auch negative Wirkung nach sich ziehen und einen Einfluss aufs Image Ihrer Apotheke haben. Selbst dann, wenn Praktikanten bereits zu Beginn signalisieren, dass sie sich später beruflich anderweitig aufstellen wollen, ist eine gemeinsame berufliche Zukunft nicht ausgeschlossen. Erfolgreiche Unternehmen pflegen eine Willkommenskultur und stellen gerne auch ehemalige Mitarbeiter wieder ein.

Einige Apotheken stehen im Austausch mit PTA-Schulen, engagieren sich in deren Ausbildung und zeigen aktiv Interesse am Nachwuchs. In solchen Apotheken sind Praktikantenplätze häufig rar – Sie wecken Interesse bei Berufsschülern und Studenten durch Ihr Engagement und nicht durch eine formale Stellenausschreibung.

Was tun, wenn Praktikanten nicht bleiben wollen?

In vielen Fällen verlassen Praktikanten am Ende des Praktikums oder kurze Zeit danach den Ausbildungsbetrieb. Dadurch verlieren das Team und auch die Apothekenleiter nicht selten ihre Motivation, wieder neue Mitarbeiter einzuarbeiten.

Die Gründe für den Abschied nach der Ausbildungszeit sind jedoch vielfältig und liegen nur zu einem geringen Anteil an der Persönlichkeit des Praktikanten. Junge Menschen sind flexibel und denken an ihre Karriere. Sie haben den Wunsch, ihre Kompetenzen anzuwenden und zu erweitern. Teams, die vertraute Wege nicht verlassen wollen, können mit Sprüchen wie „das haben wir schon immer so gemacht!“ insbesondere junge, motivierte Menschen schnell demotivieren. Flexibilität ist heutzutage anders zu verstehen, als es noch vor vielen Jahren der Fall war – junge Menschen haben kein Problem damit, kurzfristig die Arbeitsstelle zu wechseln, wenn sie keine positiven Emotionen erleben oder es an Entwicklungsperspektiven mangelt.

Unser Tipp: Engagieren Sie sich trotz aller Herausforderungen dennoch in der Ausbildung der Arbeitskräfte von morgen – es ist die einzige Möglichkeit, dem akuten Fachkräftemangel effektiv entgegenzuwirken!

Tipps zum Umgang mit Praktikanten im Apotheken-Alltag

Ein Praktikum ist der Anfang einer beruflichen Reise. Damit diese zu einer langfristigen Erfolgsgeschichte wird, lohnt es sich, folgende Punkte zu beachten:

  • Überlassen Sie die Einarbeitung des Praktikanten nicht dem Zufall: Orientieren Sie sich an Vorgaben und Leitlinien für die praktische Ausbildung (siehe ADBA-Dokument zum Download).
  • Behandeln Sie Praktikanten als vollwertige Mitarbeiter!
  • Sorgen Sie für ein angenehmes Teamklima und attraktive Arbeitsplätze.
  • Zeigen Sie Entwicklungsperspektiven auf, die sowohl zu Persönlichkeit und Interessen der Beschäftigten passen, als auch im Sinne der Apotheke sind.
  • Bieten Sie abwechslungsreiche Aufgaben, das fördert Lerneffekt und Erfolg.
  • Übrigens: Einfache Routinearbeiten, Botengänge und das sprichwörtliche „Kaffeekochen“ sollten für jeden Mitarbeiter – von der Praktikantin bis zum approbierten Apotheker – in Ordnung sein, denn sie bieten sogar eine gute mentale Entspannung. Grundsätzlich kommt es bei der Aufgabenverteilung auf die Balance zwischen Routine und anspruchsvollen Fachaufgaben an.

Quelle

Die Mitte Mai 2022 veröffentlichte Richtlinie der Bundesapothekerkammer
(BAK) zur PTA-Ausbildung

Tatiana Dikta, B.Sc. Psychologie (Schwerpunkt: Arbeits- & Organisationspsychologie), PTA, 48161 Münster, E-Mail: tatiana.dikta@gmail.com

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(14):12-12