Till Sittner
Während Sie die Besonderheiten Ihrer Apotheke immer vor Augen haben, fehlt den allermeisten Kunden dazu oft ein klares Bild. Insbesondere jene, die mal in Ihre, mal in andere Apotheken gehen, erwarten klare Gründe, um zu Stammkunden zu werden. Doch das geht heute ohne eigene Website und eine regelmäßige Präsenz in den sozialen Netzwerken nicht mehr, weil immer mehr Menschen diese Kanäle als zentrale Informationsquelle nutzen.
Die Zahlen zeigen das Potenzial: Allein Facebook hat weltweit 2,9 Milliarden aktive Nutzer, davon rund 32 Millionen in Deutschland. Deren Durchschnittsalter liegt bei 33 Jahren, also der Altersgruppe vieler Fachkräfte. Nimmt man Instagram, WhatsApp und Facebook Messenger dazu, kommen global knapp 4 Milliarden aktive Nutzer zusammen.
Nutzen Sie die Chancen, die sich aus dieser enormen Reichweite der unterschiedlichen Social-Media-Kanäle auch für Ihre Apotheke ergeben: Posten Sie die Vorteile und das einzigartige Profil Ihrer Offizin unterhaltsam, kurzweilig und informativ in den sozialen Netzwerken. Ziel dabei ist es, dass möglichst viele Nutzer die Postings zu Ihren Stärken, Kompetenzen und Besonderheiten "liken" und wiederum mit ihren Followern teilen.
Unter den Blinden ist der Einäugige König
Dazu reicht es meist, nur etwas mehr "Social Media Work" zu machen als die umliegenden Apotheken, denn die Internet-Logik bevorzugt immer den jeweils Sichtbarsten in der "Community". Für Apotheken als lokale Vor-Ort-Dienstleister ist das maximal eine Gemeinde, eine Kleinstadt oder ein großstädtischer Kiez. Wenn Sie nur dort gezielt Kundenloyalität aufbauen und unter Fachkräften eine positive Stimmung verbreiten, bei Ihnen anzuheuern, dann hat sich der Aufwand schon mehr als rentiert. Denn auch für Apotheken gilt: Die entscheidende Standortfrage wird heutzutage mehr denn je im virtuellen Raum beantwortet.
Insofern geht es bei Social-Media-Aktivitäten um viel mehr als "nur" Werbung und Kundenbindung. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das Internet auch für Apotheken zur wichtigsten Stellenbörse geworden. Denn – offen gefragt – wie viele kompetente, willige und teamfähige Fachkräfte sind denn aktuell ohne Anstellung? Wer also offene Stellen wie bisher ausschreibt, wird überproportional viele schwache, ungeeignete Kandidaten oder solche, die unverhältnismäßig hohe Forderungen stellen, in den Bewerbungsgesprächen treffen.
Freilich sind auch Apothekenfachkräfte mitunter wechselwillig und googlen einfach mal andere Apotheken. Wer aber auf Facebook & Co. nach neuen Aufgaben sucht, tut dies vergleichsweise zielgenau – also in unmittelbarer Nähe. Und die Schritte dabei sind kein Geheimnis: Google-Ranking, Website, Social-Media-Präsenz plus Bewertungen auf Google MyBusiness & Co. (vgl. AWA 17/2022 sowie AWA 18/2022). Dabei kommt es vor allem auf den ersten Eindruck an, wird doch in Sekundenschnelle entschieden, ob Ihre Apotheke infrage kommt oder nicht. Deshalb: Ziel aller Aktivitäten sollte es sein, Ihrer Apotheke ein unverwechselbares, sympathisches "Gesicht" zu geben, dem die Nutzer gerne folgen.
So machen Sie im virtuellen Raum eine gute Figur
Welche Möglichkeiten können Sie als Apothekeninhaber konkret nutzen, um sich in den sozialen Netzwerken ein positives Image in Ihrer Zielgruppe aufzubauen? Ein Überblick:
- Das Sortiment und aktuelle Angebote bilden die Basis. Wichtiger sind jedoch Punkte, die das Profil der Apotheke schärfen – also Produkte und Services, die Ihre Mitbewerber bisher nicht bewerben. Ein Beispiel: Sie stellen möglicherweise eigene Gesundheitstees her? Dann ist das ein gutes Thema für Ihre Online-Kanäle! Sie haben reichlich Parkplätze, einen nagelneuen Abholautomaten oder einen modernen Kaffeevollautomaten für Ihre Mitarbeiter? Zum Geburtstag gibt es bei Ihnen immer Blumen oder Kuchen, zudem werden Weiterbildungserfolge honoriert? Genau das ist der Stoff für ansprechende Social-Media-Posts!
- Entscheidend bei allen Social-Media-Aktivitäten ist, dass diese authentisch rüberkommen: Mitarbeiter sollten die Botschaft "wir arbeiten gerne hier" unterstützen, indem sie entsprechenden Postings zustimmen. Das kommt viel besser an, als wenn Sie das als Inhaber behaupten. Darüber hinaus erhalten auch die Kunden einen besseren Eindruck von der Apotheke und dem Personal. So wächst Vertrautheit, was die Kundenbindung erhöht.
- Regelmäßige News und spannende sowie emotionale Themen sorgen dafür, dass Ihre Social-Media-Beiträge häufig geteilt werden. Ihre Apotheke wird damit zum Akteur im Internet, der gewohnheitsmäßig "besucht" wird.
- Über solche regelmäßigen Social-Media-Aktivitäten kann mittelfristig sogar eine Apotheken-Marke im Web entstehen. Entscheidend dabei ist, den Apothekenalltag öffentlich zu machen: Das kann eine PKA, die einen Kommissionierautomaten erklärt, ebenso sein wie eine Approbierte, die etwas zu "pharmakologischen Bedenken" sagt oder die "Azubine", die von ihren ersten Wochen in der Offizin erzählt.
- Last but not least: Worte sind wichtig, in sozialen Medien aber sind Bilder – insbesondere bewegte – noch wichtiger! Fotografieren oder filmen Sie mit Ihrem Smartphone witzige Begebenheiten, Feiern etc. in Ihrer Offizin. So kommen Sie schnell und kostenfrei an bildhaften Content für Ihre Social-Media-Kanäle. Oder lassen Sie von einem Dienstleister Videos erstellen.
All das wird über die sozialen Netzwerke nach und nach zum neuen "Gesicht" Ihrer Apotheke. Jeder "Follower" erkennt Ihre Kompetenzen und Besonderheiten. So werden Stammkunden bestärkt, Neukunden gewonnen und die Fachkräfteansprache ins Web verlagert, wo sie (heutzutage) auch hingehört.
Kritik als Authentizitäts-Turbo
Viele Apotheken scheuen jedoch eine eigene Präsenz in den sozialen Medien, weil eine Sichtbarkeit auf Facebook & Co. auch verletzlich macht. Da man es niemals allen recht machen kann, steigt die Wahrscheinlichkeit, auch (teilweise unberechtigte) Kritik zu bekommen, die womöglich zudem noch von vielen Nutzern geteilt wird. Also doch lieber die Finger weg von Instagram & Co.? Nein, das wäre tatsächlich die falsche Antwort, denn gerade Kritik bietet die Chance auf eine authentische Reaktion!
Wer online ohne kritische Kommentare oder negative Beurteilungen unterwegs ist, wirkt suspekt. Echt und wahrhaftig ist man online nur, wenn auch mal was schiefgeht oder nicht perfekt ist. Wenige negative Kommentare wirken zusammen mit vielen positiven oder gutwillig-neutralen als Authentizitäts-Turbo – aber nur dann, wenn darauf auch zeitnah eingegangen wird. Wer Kritik jedoch ignoriert, macht sich angreifbar und weckt das Gefühl, dass das Gesagte stimmt. Deshalb: Nutzen Sie negatives Feedback als kostenfreies Consulting, um Ihren Auftritt in sozialen Medien zu optimieren (vgl. AWA 17/2022)!
Besonders wichtig für Fachkräfte ist ein eigener Recruiting-Teil auf der Website, wo alle wichtigen Vorteile aus Mitarbeitersicht aufgezeigt werden. Das ist dann quasi die "Landing-Page" für Job-Interessenten. Dort sollten auch Infos zu Ihren Social-Media-Kanälen samt direkter Verlinkung zu finden sein.
Ergänzend zu content-basierten Aktivitäten haben Sie noch die Möglichkeit, aktiv Anzeigen zu schalten, um die digitale Sichtbarkeit Ihrer Apotheke zu erhöhen und diese als attraktiven Arbeitgeber in der Region zu positionieren. Üblicherweise werden im Schnitt 1.000 "Impressions" pro Tag erzielt. Für 450 € wird Ihre Anzeige etwa 30.000 Mal ausgespielt. Effizienter lässt sich ein dringendes Mitarbeiterproblem nicht lösen!
Till F. Sittner, Social Media Consultant, Kommunikate GmbH, Berlin/Dresden, E-Mail: tillsittner@gmail.com
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(21):12-12