Helmut Lehr
Wenn Sie ein Mietobjekt gerade erst erworben haben und fleißig renovieren, müssen Sie die 15%-Grenze für anschaffungsnahe Aufwendungen beachten. Danach werden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Objekts durchgeführt werden, in Herstellungskosten umqualifiziert, wenn die Kosten (netto) 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.
Infolgedessen können Sie die Handwerkerrechnungen etc. nicht sofort als Werbungskosten geltend machen, sondern lediglich im Rahmen der Gebäudeabschreibung, also in der Regel nur mit 2% pro Jahr.
Hinweis: Bei der Berechnung der misslichen 15%-Grenze bleiben allerdings Kosten für Erweiterungen und Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, außen vor (zu Schönheitsreparaturen vgl. AWA 16/2017 und 24/2017). Als Aufwendungen, die jährlich üblicherweise vorkommen, gelten u.a. Ablesekosten für Strom-, Gas- und Wasserzähler, Ausgaben für Heizungs- und Aufzugswartung sowie Rohrverstopfungen – nicht allerdings für das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände: Hierbei handelt es sich nämlich um klassische Schönheitsreparaturen.
Beispiel: Kosten für die Entmietung
Apothekerin Wortmann erwarb 2018 ein Mietobjekt mit vier Wohneinheiten. In den folgenden zwei Jahren renovierte sie das Haus so umfassend, dass die Aufwendungen unstreitig zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führten. Um die vorherigen Mieter zur vorzeitigen Räumung zu bewegen, zahlte sie an die Mieter noch im Jahr 2018 "Abfindungen" in Höhe von 25.000 €, die sie als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend machte.
Das Finanzamt lehnte dies allerdings ab, weil auch die Abfindungen an die Mieter als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu werten seien und deshalb nur im Wege der Abschreibung berücksichtigt werden könnten.
Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster hat das Finanzamt den Werbungskostenabzug in einem vergleichbaren Fall zu Recht versagt (Urteil vom 12.11.2021, AZ: 4 K 1941/20 F). Danach zählen zu den Kosten einer baulichen Maßnahme nicht nur die Aufwendungen für Instandsetzung und Modernisierung, sondern auch die damit in engem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden sonstigen Kosten, die durch die Durchführung der Maßnahme veranlasst sind. Insofern sind auch Kosten für eine Entmietung zu den anschaffungsnahen Aufwendungen zu rechnen.
Hinweis: Das letzte Wort ist in dieser Sache allerdings noch nicht gesprochen, der Fall ist nun beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig (AZ: IX R 29/21). Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung sollten vergleichbare Fälle offengehalten werden.
Aufwendungen vor der Anschaffung
Hätte Frau Wortmann die Abfindungen bereits zu einem Zeitpunkt gezahlt, als sie noch gar nicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Gebäude hatte, wären die Aufwendungen wohl als sofort abzugsfähige Werbungskosten berücksichtigt worden. Denn nach neuerer Rechtsprechung des BFH sind Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die vor der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht erfolgen, keine anschaffungsnahen Herstellungskosten (vgl. AWA 09/2021).
Die wirtschaftliche Verfügungsmacht an einem Grundstück erlangen Sie als Käufer in der Regel zu dem Zeitpunkt, in dem der Eigenbesitz, Gefahren, Nutzen und Lasten auf Sie übergehen.
Hinweis: Sofern Sie bereits vor diesem Zeitpunkt Arbeiten an dem Objekt durchführen wollen, sollten Sie möglichst schon im Kaufvertrag eine entsprechende Vereinbarung treffen.
Übrigens: Verschweigen Sie dem Finanzamt einen Teil der tatsächlich angefallenen Aufwendungen, um so die 15%-Grenze nicht zu überschreiten, begehen Sie womöglich eine Steuerstraftat. Maßgebend sind nämlich die objektiv angefallenen Kosten.
Wenn Sie nennenswerte Modernisierungsmaßnahmen vornehmen, die nicht als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu werten sind, müssen Sie die Kosten nicht zwingend in voller Höhe im Jahr der Verausgabung steuerlich geltend machen. Sie haben nämlich auch die Möglichkeit, größere Erhaltungsaufwendungen auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig zu verteilen – das kann aufgrund des progressiven Steuertarifs durchaus sinnvoll sein.
Das dürfen Sie allerdings nur dann machen, wenn das Gebäude nicht zu einem Betriebsvermögen gehört und überwiegend Wohnzwecken dient (vgl. §82b Einkommensteuer-Durchführungsverordnung). Voraussetzung dafür ist, dass die Grundfläche der Wohnungen bzw. der Wohnzwecken dienenden Räume mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche beträgt.
Hinweis: Zum Gebäude gehörende Garagen sind ohne Rücksicht auf ihre tatsächliche Nutzung den Wohnzwecken zuzuordnen, soweit in ihnen maximal ein Pkw für jede in dem Objekt befindliche Wohnung untergestellt werden kann.
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Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(23):16-16