Andreas Kinzel
Viele Produkte sind austauschbar und die Mitbewerber heutzutage oft nur einen Klick entfernt. Was unterscheidet uns als Vor-Ort-Apotheken von ihnen? Es sind vor allem die Persönlichkeit, das Vertrauen und positive Emotionen. Kunden kaufen nicht nur Funktionen wie Immunstärkung und Zusatznutzen wie schnellen Wirkeintritt, sondern zuallererst Emotionen.
Der erste Eindruck zählt, der letzte bleibt. Deshalb gilt es, die Kunden und ihre Emotionen in den Mittelpunkt zu stellen und ihnen ein authentisches Einkaufserlebnis zu bieten. Sicherlich gehören dazu immer auch Schaufenster, Einrichtung, Beleuchtung und Gerüche. Sie sind der erste Eindruck, den Kunden von Ihrer Apotheke bekommen. Auch sie schaffen Emotionen. So ruft ein frischer Geruch nach Sauberkeit und klassischer Apotheke andere Emotionen hervor als der nach den Resten des Mittagessens.
Gute Stimmung im Team und ein Lachen übertragen sich ebenfalls auf die Kunden. Genauso wichtig ist der persönliche Kontakt. Er ist neben der guten Beratung der entscheidende Unterschied zu Drogerie und Internet. Dabei lässt Vertrauen die Anspannung sinken, Kunden sind eher bereit zu kaufen. Voraussetzung für Vertrauen ist ein authentisches Verkaufsgespräch. Kunden merken schnell, wenn etwas nicht stimmt.
Zuallererst möchten Kunden jedoch wahrgenommen werden. Dies bedeutet nicht, dass sie sofort "angesprungen" werden wollen. Im Gegenteil – sie sollten in der Apotheke erst einmal "ankommen". Dennoch können wir sie mit einem Lächeln oder dem Hochziehen der Augenbrauen begrüßen, auch wenn wir gerade in einem Kundengespräch sind. Ein Augenblick genügt.
Es will gelernt sein, Kundenwünsche zu erkennen und zufriedenzustellen, doch oft genügt schon ein aktives Zuhören und eine ehrliche Antwort. Die Kunden erkennen standardisierte Empfehlungen sehr schnell – sowohl in Wortwahl als auch bei Produkten. Noch deutlicher wird es, wenn das Team nicht hinter der Empfehlung steht. Dementsprechend hat ein persönliches Statement am meisten Zugkraft wie z.B. "Ich bin zwar kein Freund der Homöopathie, in diesem Fall jedoch …". Genauso verhält es sich beim Storytelling: Geschichten, Erlebnisse und Anekdoten rund um das Produkt schaffen Emotionen und damit Vertrauen.
Wann ist weniger mehr …?
Die Kunden vergessen schnell, worum es in der Sache gegangen ist, aber selten, wie sie behandelt wurden. Schon allein deshalb ist es so wichtig, sie mit ihren Bedürfnissen und Emotionen in den Mittelpunkt zu stellen. Entscheidend ist dabei, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Weder Belehrungen noch Unterwürfigkeit führen zum Ziel. Kunden sollten Sicherheit, Wertschätzung und Anerkennung im Gespräch erkennen, dürfen jedoch nicht das Gefühl bekommen, als Bittsteller vor uns zu stehen. Dennoch gibt es Situationen, in denen es ein klares "Nein" braucht. Auch hier zählen Authentizität und Ehrlichkeit von Anfang an. Was juristisch, zwischenmenschlich oder ökonomisch nicht geht, sollte der Kunde von Anfang an wissen. Alles andere führt nur zu Enttäuschungen.
Nicht immer ist gut gemeint auch gut gemacht. Oft wollen wir dem Kunden sprichwörtlich etwas Gutes tun, doch manchmal gelingt es uns nicht und ruft negative Emotionen hervor – am Ende kauft der Kunde nicht. Doch wann gilt der Satz: Weniger ist mehr? Wir sollten z.B. vorsichtig sein mit zu vielen Fachbegriffen und Informationen. Der Kunde ist dann schnell verwirrt. Und kauft nicht.
Aus der Psychologie wissen wir, dass zwischen Eigenbild und Fremdwahrnehmung oft eine große Diskrepanz besteht. Was für die Apotheke als Ganzes gilt, gilt auch im persönlichen Gespräch. Selbstverständlich wünschen wir uns zufriedene Kunden und geben uns in der Regel auch Mühe, gut anzukommen. Doch nicht immer gelingt das. Verschränkte Arme vor der Brust, ein Blick von oben herab, aber auch ein falscher Witz, können die Stimmung schnell "einfrieren". Fehler passieren. Im Idealfall korrigieren wir uns selbst und lachen dann gemeinsam mit den Kunden darüber. Schwieriger wird es, wenn wir uns unwiderstehlich finden, der Kunde jedoch nicht. Andererseits sollten wir uns auch nicht unterschätzen: Manchmal kommen wir beim Kunden besser an, als wir denken.
Zeit ist Geld – auch bei den Emotionen
Kunden kaufen nicht nur Produkte, sondern Emotionen. In einer immer schneller werdenden Welt gibt es immer Kunden mit Redebedarf. Aktives Zuhören erzeugt grundsätzlich positive Gefühle beim Gegenüber. Grundsätzlich dürfen wir die Vorbildung der Kunden nicht verteufeln, sondern sollten sie dort abholen, wo sie stehen – egal wie fundiert ihre Meinung ist. Dabei gilt es insbesondere, die richtigen Worte und passende Körpersprache zu finden (siehe Tipps unten).
Emotional bedeutend für kurze Gespräche und ein gutes Gefühl bei den Kunden ist das Vermeiden von Monologen. Auf solche sollten wir in einem Beratungsgespräch tunlichst verzichten, führen sie doch dazu, dass die Kunden passiv bleiben und sich oft nicht gesehen, sondern eher fremdbestimmt fühlen. Besser ist es, nach ihren Bedürfnissen zu fragen und bei Bedarf auch aktiv ins Gespräch einzugreifen ("Entschuldigung, wenn ich unterbreche …"). Erfolgversprechend kann ein lösungsorientierter Gesprächsansatz sein: Während die Kunden noch sprechen, bereits nach Lösungen zu suchen, ohne über die Probleme selbst zu reden. Sie rufen dann lediglich das Leiden der Kunden in Erinnerung und negative Gefühle hervor. Eine konkrete Lösung vor Augen zu haben, hebt die Stimmung und kürzt das Gespräch ab.
Letztlich gilt: Zeit ist Geld – auch bei den Emotionen. Ein Gespräch sollte idealerweise beendet sein, bevor die Stimmung durch Überberatung und Kundenverwirrung kippt.
Sensibilität ist gefragt
Der erste Eindruck zählt, der letzte bleibt. Kunden bewerten ihren Einkauf immer sowohl auf der Sach- als auch der emotionalen Ebene. Hat sich der Kauf gelohnt? Sachlich lässt sich das oft einfach lösen: Das Problem ist gelöst oder zumindest gemildert – seien es die Kopfschmerzen, die unreine Haut oder das Völlegefühl. Emotional ist das schwieriger. Formulieren wir unsere Ziele als Fragen ("Wollen Sie das Produkt XY kaufen?"), fühlen sich die Kunden einbezogen und stehen dann stärker hinter ihrer Entscheidung, weil sie diese selbst getroffen haben. Kauft der Kunde, sollten wir ihn in seiner Entscheidung bestärken ("eine gute Wahl").
Letztlich müssen wir jedoch bedenken: Das gute Gefühl des Verkäufers muss nicht immer das gute Gefühl des Kunden sein. Sensibilität ist gefragt.
Tipp 1. Positive Emotionen mit Körpersprache erreichen wir durch:
- authentisches Verhalten anstatt antrainierter Standardpositionen,
- Anpassen an den Kunden (spiegeln), aber nicht kopieren,
- offenes Entgegenkommen: dem Kunden zugewandt, ungezwungenes Lächeln,
- Zugehen auf den Kunden – mit einer Armlänge Abstand,
- eine Position, in der wir dem Kunden gegenüberstehen und Augenkontakt suchen, jedoch nicht seitlich (Fluchtposition).
Tipp 2. Positive Emotionen mit Worten erreichen wir durch:
- eine klare Sprache ohne Relativierung (vielleicht, eigentlich usw.),
- positive Wörter (schnell besser, können usw.) sowie das Vermeiden negativer Wörter (Problem, Schmerz, müssen usw.),
- Dinge benennen – Probleme sind Probleme und keine Herausforderungen,
- die Anpassung der Sprache an die des Kunden (Wortwahl, Dialekt), ohne sich zu verbiegen (Authentizität),
- eine Übertragung der Entscheidung an den Kunden mittels Fragen, aber ohne Bevormundung durch Suggestion.
Quellen und weiterführende Literatur
Lars Schäfer: Emotionales Verkaufen – Was Ihre Kunden WIRKLICH wollen. Verlag Gabal, Offenbach (2012)
Gerhard Bittner, Elke Schwarz: Emotion Selling – Messbar mehr verkaufen durch neue Erkenntnisse der Neurokommunikation. Verlag Springer Gabler, Wiesbaden (2014)
Andreas Kinzel, Apotheker und Diplom-Kaufmann (FH), 80637 München, E-Mail: a-kin@web.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2022; 47(23):14-14