Was muss bei gegebener Kostenstruktur eigentlich erwirtschaftet werden, um auf einen „grünen Zweig“ zu kommen? Leicht zu merkende Faustformeln geben zumindest eine Orientierung.
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Unlängst ließ sich der bekannte Fernsehkoch Tim Mälzer darüber aus, dass ein Schnitzel im Restaurant 30 € bis 35 € kosten müsste. Die heute noch verlangten 24 € seien eigentlich gar nicht mehr auskömmlich. Vorgerechnet werden Lebensmittel-Einstandspreise von 7,20 €, Raum- und Energiekosten von 4,80 € pro Gast und nochmals 7,20 € für Personal. Dann werden noch 2,40 € für Wassergebühren und die GEMA (musikalische Beschallung) aufgerufen. Macht in der Summe 21,60 €. Bei 24 € bleiben da nur noch etwas über 2 € Gewinn. Soweit also Tims Rechenstunde, von der man halten mag, was man mag; so gehen die Kosten pro Gericht und pro Person schon mal durcheinander, die Mehrwertsteuer bleibt auf der Strecke u.a.m. Dennoch ist die Grundaussage nicht ganz falsch. Profis wissen, dass man je nach Anspruch mit etwa 20 % Materialeinsatz bei niedrigerem Qualitätsanspruch und bis gut 25 % bei höherem Anspruch an die Rohstoffe kalkulieren kann. Lassen wir die 7,20 € Wareneinsatz für das Schnitzel einfach mal so stehen, ergäben sich daraus bei 25 % Wareneinsatzquote 28,80 € Verkaufspreis netto, zuzüglich momentan 7 % Mehrwertsteuer, also knapp 31 €. Diese Regel gilt übrigens auch für die meisten FMCG, die „Fast Moving Consumer Goods“ (Allerwelts-Konsumgüter, Supermarkt-Fertigware): 20 % bis 25 % dürfen die reinen Fertigungskosten ausmachen, hier meist im Wesentlichen durch die eingesetzten Rohstoffe bestimmt. Von der Tüte Chips über Waschpulver bis zur Fertigpizza.
Und die Apotheken?
Und wie rechnen wir in der Apotheke? Eine leicht zu merkende Aufteilung des Rohgewinns (RG) lautet auf:
50 % für Personal,
25 % Allgemeinkosten,
25 % Gewinn.
Bisweilen, z.B. in hochfrequenten Lauflagen mit viel schnellem Barverkauf und hohen Margen, kann der Personaleinsatz auch mal mit gut 40 % vom Rohgewinn niedriger ausfallen, dafür fallen die Allgemeinkosten wegen sehr hoher Raumkosten und intensivem Marketing mit z.B. 30 % aus, und der Gewinnbeitrag ist gern auch etwas höher als 25 % des Rohgewinns.
Das ist schon eine ganz gute Rechengrundlage. Im Normalfall sollte also der Rohgewinn einer Packung oder das Honorar für eine Dienstleistung mindestens doppelt so hoch sein wie der Personalaufwand, im Falle von nur 40 % vom RG an Personaleinsatz das 2,5-Fache. Benötigt ein Rezept sechs Minuten Zeitaufwand je 0,67 € je Minute für die Bearbeitung und Beratung (= 40 € effektive Stundenkosten mit Nebenkosten für einen Mix aus Approbierten und PTA), und noch einmal 1,00 € für den Personalaufwand der Warenwirtschaft, dann wird ein betriebsüblicher Kosten- und Gewinnbeitrag ab 10,00 € Rezeptertrag erzielt, bei niedrigerem Personaleinsatz von 40 Rohgewinn-% würden insoweit 12,50 € Ertrag benötigt. Das wird typischerweise auch erzielt, sowohl bei „Kassenrezepten“ und erst recht bei Privatverordnungen – Rezepte sind nach wie vor die Ertragsbringer. Ob dieser Ertrag letztlich ausreichend und zukunftsfest ist, sei dahingestellt, aber es wird noch welcher erwirtschaftet.
OTC: Mindestens 5,00 € Stückertrag
Ein OTC-Arzneimittel gehe mit knapp-effektiver Beratung im Schnitt in strammen zwei Minuten je 0,67 € über den Verkaufstisch, zuzüglich 0,70 € Personalkosten für das Warenhandling, macht gut 2,00 € Personalkosten. Unter 4,00 € Stückertrag kommen Sie da also auf keinen grünen Zweig, es drohen sogar eher kalkulatorische Gewinnbelastungen. Erstrebenswert im OTC-Segment sollten also mindestens 5,00 € sein, wobei dies natürlich für viele Artikel aus dem Bereich der Mitnahme- und „Krabbelartikel“ nicht realisierbar ist. Für die Aufnahme neuer OTC-Artikel ist es aber eine Richtschnur. Und: Das gilt alles nur, wenn Sie Ihren Zeitaufwand (zumindest im Schnitt) streng im Blick haben!
Stundenerträge und -umsätze im HV
Diese hübschen Faustformeln können wir erweitern und etwas modifizieren.
Wie hoch muss der Ertrag und gefolgt der durchschnittliche Umsatz einer Kraft im Handverkauf (HV) sein? Nun, einfach die Stundenkosten wieder mal 2 oder 2,5 zu nehmen, griffe hier im wahrsten Sinne des Wortes zu kurz – denn die HV-Kosten stellen nur einen, wenn auch überwiegenden, Teil der Personalkosten von bisher angenommenen 50 % (40 %) des Rohgewinns dar. Es sind meist etwa zwei Drittel, damit machen die HV-Kosten im Schnitt 33 % oder gut 25 % in Centerlage vom gesamten Rohgewinn aus. Die Faktoren lauten nun also 3 oder gar 4.
Wenn eine PTA effektiv mit Nebenkosten 30 € die Stunde kostet, muss sie im HV-Bereich also 90 € (oder gar bis 120 €) Rohgewinn in ebenjener Stunde heranschaffen. Das sind 7 bis 10 typische GKV-Rezepte (Rezeptertrag typisch 12,00 € bis 14 €), oder etwas weniger Privatrezepte. Bei 50 € Stundensatz (Approbierte) wären 150 € bis 200 € Stundenertrag vonnöten, das entspricht 12 bis 15 GKV-Rezepten und ist kaum zu schaffen. Praktisch kommen jedoch noch OTC-Käufe und Freiwahlartikel dazu. Die entscheidende Größe ist also der Rohgewinn je Kunde („Bonertrag“). Dieser beträgt im Schnitt um die 13,00 €, in Centern bisweilen immer noch um oder gar unter 10,00 €, in Ärztehäusern gern 15,00 € und mehr.
Damit müssen PTA im Center 12 Kunden je Stunde durchsetzen (30 € Stundensatz, Faktor 4 für Stundenertrag, 10,00 € Bonertrag), Approbierte gar 20 Kunden (!). Im Normalfall reichen bei der PTA 7 Kunden und der Approbierten knapp 12 Kunden. Im Ärztehaus ginge es auch mit 6 respektive 10 Kunden auf. Das illustriert grob-holzschnittartig, wie weit heute die Anforderungen in den Apotheken auseinandergehen. Es zeigt zudem: Mit ganz einfachen Überschlagsrechnungen und „Faustformeln“ bekommt man schon einen ganz guten Überblick, wo es (nicht) hakt.
„Mache die Dinge so einfach wie möglich - aber nicht einfacher.“ (Albert Einstein)
„Wie viel ist dreimal sieben? Ganz feiner Sand! Und was ist viermal sechs? Anstrengend.“ (Quelle unbekannt)
Prof. Dr. Reinhard Herzog
Apotheker
Apothekenexperte, Fachautor und seit 1993 Lehrbeauftragter an der FH Sigmaringen im Studiengang Pharmatechnik – und dort seit 2020 Honorarprofessor. Herausgeber und langjähriger Autor des AWA.