Hochpreiser in der Apothekenpraxis

Durch innovative Therapien lassen sich heute viele vormals unheilbare Krankheiten erfolgreich behandeln. Doch sind diese oft mit beträchtlichen Kosten verbunden. Was müssen wir Apothekeninhaberinnen und -Inhaber beim Umgang mit Hochpreisern betriebswirtschaftlich wissen und besonders beachten?

Der Anteil hochpreisger Arzneimittel an den GKV-Ausgaben hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. (© AdobeStock/InfinitumProdux)

Vor einiger Zeit erinnerte ich mich an ein Gespräch aus meiner Jugend (wir schreiben das Jahr 1995) zwischen meiner Mutter und ihrer Freundin. Diese besagte Freundin bekam „spezielle Hormone“ verordnet. Sie stöhnte!  Nachdem sie die Rezepte in ihrer Stammapotheke einlöste, wäre ihre Einkaufstasche so voll. Soviel Seifen und Cremes bekäme sie dazu, sie wisse nicht mehr, wohin damit.

Dieses Bild, Hochpreiser seien für Apothken äußerst lukrativ,  prägt immer noch die Sichtweise vieler unserer Kunden, Mitarbeiter und – noch schlimmer - (Gesundheits-)Politiker, weil es ihnen  am (betriebs-)wirtschaftlichen Wissen fehlt.

 

Warum Hochpreiser wirtschaftlich unrentabel sind

 

Bei Hochpreisern handelt es sich um Fertigarzneimittel, deren AEK mindestens 1.238,50 € beträgt. Apotheken können diese auf zweierlei Weise beziehen:

  • Zum einen werden Hochpreiser über den Großhandel bestellt. Hier kommen auf der Rechnung noch Rabatte hinzu, die aber – bei entsprechendem Bestellverhalten – auf der monatlichen Endabrechnung als Handelsspannenausgleich wieder „aufgefressen“ werden.
  • Zum anderen gibt es Hochpreiser, die nur über den Direktbezug erhältlich sind. Einige Hersteller gewähren Skonti oder eine verlängerte Valuta.  Auch hier ist das Jonglieren mit dem Kontokorrent (s. u.) und den entsprechenden Sollzinsen eine wahre Herausforderung.

Abb. 2: So entsteht der Arzneimittelpreis

Abb. 3: Ein Blick auf den Kontokorrentkredit

 

Blick in die Zukunft: Wachsender Anteil an Hochpreisern

 

Fakt ist:  Hochpreiser schaden letztlich dem Apothekenbetrieb, weil sie die Wareneinsatzquote nach oben verschieben. Eine Abmilderung ist derzeit nicht zu erwarten, weil sich die Arzneimittelpreise – auch inflationsbedingt – weiter erhöhen werden. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Risiken durch die GKV (Retaxationen) sowie bei PKV-Kunden, die in der Apotheke auf Rechnung bezahlen (Kunden zahlen ihre Rechnungen später oder plötzlich nicht mehr; bei einem Todesfall können die Erben das Erbe – und somit die Ansprüche der Apotheke – ausschlagen).

Die Arzneimittelausgaben steigen laut Statista kontinuierlich an. So betrugen die Ausgaben der GKV für Arzneimittel im Jahr 2012 insgesamt 26,88 Mrd. € – zehn Jahre später waren es bereits 42,95 Mrd. €. Das entspricht einer Steigerung von 60 % (!) in einer Dekade (1).

Laut GKV-Arzneimittel-Schnellinformation (Gamsi) lag der durchschnittliche Arzneimittelrezept-Umsatz je gesetzlich Versichertem nach Abzug von Zuzahlung und Rabatt im Jahr 2022 bei unter 498,96 € (2) – das ist weniger als die Hälfte eines Hochpreisers. Und es sind gerade die Hochpreiser, die einen deutlichen Mehraufwand (z. B. Direktbestellung) in der Apothekenpraxis nach sich ziehen.

Manche Berechnungen zur Rentabilität schließen diese Faktoren (Kontokorrent sowie Aufwand in der Apothekenpraxis) nicht ein (3).

 

Es braucht eine neue Form der Erstattung

 

Fazit: Eigentlich müssten wir als Apotheker/innen von den Krankenkassen für den (auch finanziellen) Zusatzaufwand die Seifen und Cremes als Geschenke zurückerhalten. Dann befinden wir uns wieder in Zeiten des Tauschhandels. Weil das freilich keine Lösung ist, brauchen wir dringend eine neue Form der Erstattung, die die zusätzlichen Kosten und Risiken der Apotheken insbesondere im stetig wachsenden Hochpreissegment absichert.

Tempus est etiam maiora conari – es ist der richtige Zeitpunkt, auch Größeres anzugehen!

 

Quellen:

(1)    Statista, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/5112/umfrage/gkv-arzneimittelausgaben-und-zuzahlungen/, abgerufen am 06.08.2023

(2)    https://www.gkv-gamsi.de, abgerufen am 06.08.2023

(3)    https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/markt/treuhand-das-tolle-an-hochpreisern-warenlager/, abgerufen am 06.08.2023

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Nadine Freialdenhoven

Apothekerin

Inhaberin des Verbundes der vier Freialdenhoven Apotheken 
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