… und erst recht nichts für knauserige Naturen. Die gesetzlichen Krankenversicherungen analysieren laufend ihre Ausgaben und publizieren die „Ausgabenprofile“ nach Alter, Geschlecht und Leistungsbereich in umfangreichen Excel-Tabellen. Ein Streifzug durch diese Zahlenwelt.
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Sucht man im Internet nach „GKV Ausgabenprofile“, landet man rasch beim Bundesamt für soziale Sicherung (ehemals Bundesversicherungsamt), welchem unter anderem die Verwaltung des Gesundheitsfonds mitsamt Zuweisungen gemäß Alter, Geschlecht und Morbidität („morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich“ in der GKV) obliegt. Die Werte sind auf Basis von Versicherungstagen aufgeschlüsselt und umfassen die reinen Leistungsausgaben ohne Verwaltungsanteil. Zudem lassen wir hier den Krankengeldanteil außen vor.
Im Alter wird es teuer
Im Alter steigen die Gesundheitskosten bekanntermaßen steil an, etwa um einen Faktor 5 bis 10 von den günstigsten jungen Jahren bis hin zu den teuersten Altersklassen Mitte bis Ende achtzig. Über alle Leistungsbereiche hinweg stellen sich die Leistungsausgabenprofile versus Alter und Geschlecht wie in Abbildung 1 gezeigt dar. In der Spitze rund 25 € täglich (Frauen) bzw. etwa 28 € (Männer) bedeuten Jahreskosten von gut 9.100 € bzw. 10.200 €. Frauen sind in jüngeren und mittleren Jahren teurer (nicht zuletzt spielen die Kosten rund um Schwangerschaften eine Rolle), im Alter überholen die Männer. Über die Lebenszeit und die gesamte Bevölkerung hinweg nehmen Frauen jedoch den größeren Teil vom „Kuchen“ für sich in Anspruch – weil sie länger leben und in den (teuren) hohen Altersklassen die Frauen zahlenmäßig dominieren. Der Peak ganz am Anfang des Lebens sind übrigens die Kosten für die eigene Geburt sowie die diversen Untersuchungen im ersten Lebensjahr.
Abb. 1: Leistungsausgaben der GKV 2022, alle Bereiche, versus Alter und Geschlecht
Differierende Leistungsbereiche
Gliedert man die Kostensummen nach einzelnen Leistungsbereichen – hier Ärzte, Zahnärzte, Apotheken und Krankenhäuser – weiter auf, dann fallen die Profile deutlich auseinander (siehe Abbildung 2 für die Männer und analog Abbildung 3 für die Frauen). Nicht ganz überraschend zeigt sich das Krankenhaus als der vor allem im Alter größte Kostenblock, der zudem sehr hohe Steigerungsraten von jung nach alt aufweist, bei den in jungen Jahren günstigeren Männern noch mehr als bei den Frauen. Letztere sind in jüngeren Jahren teurer (auch u.a. wieder schwangerschaftsbedingt), im Alter aber billiger. Die Ausgaben für Apotheken und Arztkosten verlaufen bei den Männern in jüngeren Jahren, bei den Frauen dafür im Alter recht ähnlich. Hier erfordern die Männer ebenfalls im hohen Alter signifikant höhere Arzneimittelausgaben, sterben aber auch früher. Die einzigen Kosten, welche im Alter sinken (zumindest für die Krankenversicherung) sind jene für die (erstattete) Zahnarztbehandlung. Dritte Zähne bzw. bereits erfolgte sonstige Prothetik und bisweilen schlicht fehlende Zähne sind dafür ursächlich.
Abb. 2: Leistungsausgaben der GKV 2022, Männer, versus Alter und Leistungsbereichen
Abb. 3: Leistungsausgaben der GKV 2022, Frauen, versus Alter und Leistungsbereichen
Was lässt sich verändern?
Für die Zukunft stellt sich die Frage der Finanzierbarkeit. Angesichts dieser Kostenverläufe und einer demnächst ausscheidenden Babyboomer-Generation mit Jahrgangsstärken von ehedem 1,2 bis 1,4 Millionen Geburten (in den letzten zwei Jahrzehnten lagen wir dagegen noch um 650.000 bis 800.000, aktuell wieder um 700.000 Babys pro Jahr) ist dies offenkundig. Aus recht komplexen statistischen Gründen – unter anderem zählt ja der Saldo aus wegsterbenden und in die teuren Altersklassen „einwandernden“ Kohorten – ist dieser demografische Kostenberg tatsächlich nicht so schlimm, wie die Profile befürchten lassen. So wird der Apothekenumsatz bis zur Mitte des Jahrhunderts rein demografisch bedingt nur um 10% bis allenfalls 15% steigen (in Preisen von heute), also um weniger als 1% pro Jahr. Die in praxi viel höhere Kostenzunahme resultiert aus stets steigenden Packungspreisen, vor allem durch immer kostspieligere Innovationen. Drängender stellt sich jedoch die Frage nach der erodierenden Werktätigen- und Beitragszahler-Basis – wer soll das künftig noch alles bezahlen? Oder werden Maschinen und künstliche Intelligenz eines Tages steuerpflichtig?
Da wäre es doch sehr schön, wenn man durch Prävention, Gesundheitserziehung, Krankheits-Früherkennung und manchem mehr ein gesundes Altern (Modebegriff „Longevity“) ermöglichen könnte, mit der Konsequenz geringerer Kostenanstiege. Hier liegt ein enormes Zukunftspotenzial für die Apotheken. Volkswirtschaftlich gibt es aber einen Wermutstropfen. Gesünderes Altern bedeutet regelhaft eine teils deutlich höhere Lebenserwartung. Diese zusätzlichen Lebensjahre fressen die Kostenersparnis meist mehr als auf, denn gesund hin oder her: Im Alter wird man nun einmal kränker. Irgendein oft teures Leiden, ob nun Krebs, Alzheimer oder der Schlaganfall, droht den Allermeisten, dann nur später. Aber immerhin gewinnt man mehr (gesunde) Lebensjahre sowie eine höhere Leistungsfähigkeit und Produktivität, die neben dem persönlichen wiederum von volkswirtschaftlichem Nutzen ist. Und idealerweise verzögert man eine Pflegebedürftigkeit oder kürzt sie sogar deutlich ab. „Gesundes Altern“ sollte daher in den Zukunftskonzepten der Apotheken einen besonderen Stellenwert erhalten!
„Manche Leute altern, andere reifen.“ (Sean Connery, Schauspieler)
„Das Geheimnis des Genies besteht darin, den Geist des Kindes ins hohe Alter zu tragen, was bedeutet, dass Sie niemals Ihre Begeisterung verlieren.“ (Aldous Huxley, Schriftsteller und Philosoph)
Prof. Dr. Reinhard Herzog
Apotheker
Apothekenexperte, Fachautor und seit 1993 Lehrbeauftragter an der FH Sigmaringen im Studiengang Pharmatechnik – und dort seit 2020 Honorarprofessor. Herausgeber und langjähriger Autor des AWA.