Was macht die Inflation?

Galoppierende Preise haben lange die Schlagzeilen bestimmt. Inzwischen wird es ruhiger an der Preisfront, die Inflationsrate ist fast auf Vorkrisenniveau gesunken. Alles wieder im Lot?

© Reinhard Herzog 2024

Blicken wir auf die historische Preisentwicklung der Nachkriegszeit (Abbildung 1), dann sehen wir ein munteres Auf und Ab. Insbesondere die 1970er Jahre waren ausgesprochen inflationäre Jahre. Neben der allgemeinen Geldpolitik hat auch damals der Energiepreisschock (Ölkrise ab 1972) einen wesentlichen Teil beigetragen. Fallende Energiepreise und eine straffere Geldpolitik in den 1980er haben die Raten stark sinken lassen. Eine gute Konjunktur und dann die Wiedervereinigung haben noch einmal einen inflationären Peak bewirkt, bevor wir die Jahrzehnte der (relativen) Geldstabilität erreicht hatten. Bereits 2021 im Gefolge von Corona und erst recht dann mit Beginn des Ukraine-Krieges und seiner Verwerfungen auf dem Energiemarkt schossen die Inflationsraten hoch bis auf rund 7% in der Spitze und auf Jahresbasis. In einigen Monaten waren gar zweistellige Teuerungsraten zu beklagen. Dies sinkt nun wieder beinahe im Rekordtempo. Im März 2024 werden 2,2% Inflation erwartet, im Gesamtjahr 2024 könnten es um 2,5% werden. Die Einzelhandelspreise (hellere Linie) sind übrigens regelhaft etwas weniger als die allgemeine Inflation gestiegen, was u.a. auf den hohen Konkurrenzdruck und tendenziell ein Überangebot in allen Sektoren zurückzuführen war. Das hat sich in den letzten zwei Jahren geändert. Teils herrschten eher Mangel und Lieferschwierigkeiten. Die Preise im Einzelhandel zogen überdurchschnittlich an. Wahrscheinlich werden die Einzelhandelspreise auch dieses Jahr noch ein wenig über der allgemeinen Inflation zulegen, aber die großen Preissprünge dürften vorbei sein.

 

Abbildung 1: Inflationsrate (Verbraucherpreise) seit 1951, vor 1991 alte Bundesländer; Daten nach Statistischem Bundesamt.
 

Große sektorale Unterschiede

Während der Verbraucherpreisindex auf einem allgemeinen Warenkorb beruht, werden die Preise vom Statistischen Bundesamt auch nach Branchen und Warengruppen bzw. Wirtschaftssektoren erfasst. Und hier driften die Entwicklungen stark auseinander, wie Abbildung 2 zeigt. So haben die Preissprünge bei Nahrungsmitteln die allgemeine Inflationsrate weit in den Schatten gestellt. Auch der Verkehrssektor (Sprit, aber auch Pkw-Preise) ist in die Höhe geschossen. Etliche Sektoren haben sich ähnlich der allgemeinen Inflation entwickelt. Dagegen hinkt der Gesundheitssektor weit hinterher, und liegt noch unter Bekleidung und Schuhen (wo der Versandhandel und Corona ihre Spuren hinterlassen). Im Gesundheitssektor sind die größtenteils regulierten Preise ursächlich, die Anbieter haben nur eine geringe und eingeschränkte Preissetzungsmacht – eines unserer Kernthemen.

 

Abbildung 2: Branchenspezifische Preisindices vom Vorkrisenjahr 2019 bis 2023 (2020 = 100); Daten nach Statistischem Bundesamt.
 

Inflation: Wenn die Brieftaschen immer voller und die Einkaufstaschen immer leerer werden.“  (Robert "Bob" Orben, amerikan. Publizist und Humorist)

Inflation: der periodisch wiederkehrende Beweis für die Tatsache, dass bedrucktes Papier eben nur bedrucktes Papier ist.“  (Helmar Nahr, deutscher Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler)

 

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Prof. Dr. Reinhard Herzog

Apotheker

Apothekenexperte, Fachautor und seit 1993 Lehrbeauftragter an der FH Sigmaringen im Studiengang Pharmatechnik – und dort seit 2020 Honorarprofessor. Herausgeber und langjähriger Autor des AWA.