Helmut Lehr
Befinden sich volljährige Kinder in Berufsausbildung, so haben die Eltern regelmäßig Anspruch auf Kindergeld bzw. auf den Kinderfreibetrag. Dies setzt allerdings zusätzlich voraus, dass die Kinder die maßgebende Altersgrenze von 25 Jahren (gilt „ab 2007“1) ) noch nicht überschritten haben. Zudem dürfen die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag in Höhe von 7.680 € nicht überschreiten.
Wann genau die Ausbildung beendet ist, kann insbesondere dann fraglich sein, wenn das Kind seine Abschlussprüfung nicht besteht.
Ausbildungsdienstverhältnis nicht beendet
Nach Ansicht der Finanzverwaltung wird ein Auszubildender, der seine Abschlussprüfung nicht besteht, weiter als Kind in Berufausbildung behandelt, wenn sich das Ausbildungsdienstverhältnis auf sein Verlangen bis zur nächsten Abschlussprüfung verlängert. Außerdem muss das Kind weiterhin zur Prüfung zugelassen werden und darf seine Ausbildung nicht durch Aufnahme eines Vollzeiterwerbs unterbrechen2) .
Praxisfall
Ein Kind hatte seine Abschlussprüfung zum Chemielaboranten nicht bestanden. Die Wiederholungsprüfungen vor der IHK fanden im Sommer 2005 und im Winter 2005/2006 statt. Auch diese Prüfungen wurden nicht bestanden.
Das Ausbildungsdienstverhältnis war vom Arbeitgeber zunächst bis zum 31. August 2005 verlängert worden. Anschließend bescheinigte die Betriebskrankenkasse dem Kind Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Dezember 2005. Das Kindergeld wurde den Eltern für die Zeit von September bis Dezember 2005 verweigert, weil die Berufsausbildung bereits beendet gewesen sei.
Prüfungsvorbereitung entscheidend
Das Finanzgericht Düsseldorf3) gab der Klage der Eltern statt. Das Kindergeld sei auch für die Zeit von September bis Dezember 2005 zu gewähren, weil sich das Kind ernstlich auf eine (Wiederholungs-)Abschlussprüfung vorbereitet habe.
Hinweis: Nach Ansicht der Finanzrichter gehört die Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung auch dann zur Berufsausbildung, wenn sie außerhalb des Ausbildungsdienstverhältnisses erfolgt. Es sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, die Vorbereitung im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses anders zu behandeln als eine solche Vorbereitung ohne Fortbestehen des Ausbildungsverhältnisses.
Revision anhängig
Gegen die Entscheidung hat die Finanzverwaltung umgehend Revision eingelegt. Der Bundesfinanzhof muss deshalb abschließend über folgende Rechtsfrage entscheiden: Ist die Zeit, in der sich ein Kind auf eine Nachprüfung vorbereitet, auch dann als Berufsausbildung anzusehen, wenn dies außerhalb des Ausbildungsverhältnisses vollkommen eigeninitiativ, also ohne Einbindung in eine schulische Mindestorganisation geschieht?
Vergleichbare Fälle sollten bis zur abschließenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs offengehalten werden.
1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 3 vom 1. Februar 2007, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 19.
2) Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs, 63.3.2.6 Absatz 5 Satz 4.
3) Urteil vom 10. Juli 2007, Aktenzeichen 10 K 4278/06 Kg.
Internet-Info
Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 10. Juli 20073) kann im Internet unter www.justiz.nrw.de –> Rechtsbibliothek –> Rechtsprechung NRW unter dem Entscheidungsdatum 10. Juli 2007 abgerufen werden. |
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(04):17-17