Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Teil 1)

Formalien und Kündigungsfristen


Jasmin Theuringer

Vor Ausspruch einer Kündigung machen sich die meisten Arbeitgeber Gedanken, ob ihnen auch wirklich ein handfester Kündigungsgrund zur Seite steht. Viele Kündigungen scheitern aber oft bereits daran, dass sie formal unwirksam sind oder nicht richtig zugestellt werden.

Der Apothekenleiter bittet seinen Filialleiter am 25. Juni, noch während des laufenden Monats das Arbeitsverhältnis der seit 10 Jahren in der Apotheke beschäftigten arbeitsunfähig erkrankten PTA zu kündigen. Dieser verfasst ein Kündigungsschreiben, in dem er ausführlich erläutert, dass die Arbeitsunfähigkeit zu erheblichen personellen Engpässen führe und darüber hinaus der Verdacht bestehe, dass die Erkrankung nur vorgetäuscht sei. Das Schreiben sendet er an die private E-Mail-Adresse der PTA. Anschließend druckt er es aus, unterzeichnet es in Ver­tretung des Apothekenleiters und versendet es per Einschrei­ben mit Rückschein. Zehn Tage später kommt die Kündigung zurück mit dem Postvermerk „nicht abgeholt“. Der Filialleiter nimmt sodann den Umschlag und wirft ihn persönlich in den Briefkasten der PTA.

Schriftform

Genügte früher noch ein im Zorn gerufenes „Ich kündige!“, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden, ist seit Einführung des § 623 BGB im Jahr 2000 eine Kündigung stets schriftlich auszusprechen. Schriftlich in diesem Sinne bedeutet, dass die Erklärung in Textform auf Papier und unterzeichnet abgegeben werden muss. Eine Kündigung per E-Mail ist also nicht nur stillos, sondern auch unwirksam. Das Landesarbeitsgericht Hamm musste sich im vergangenen Jahr sogar mit einer Kündigung be­fassen, die per SMS versendet wurde. Ebenso unwirksam ist die Übermittlung per Telefax, da das Gerät nicht die Original-Unterschrift, sondern nur eine Kopie übermittelt.

Zugang der Kündigung

Die Kündigung ist eine ein­seitige Erklärung, die mit Zugang beim Empfänger wirksam wird. Vor Gericht ist immer wieder zu beobachten, dass ausgerechnet die mit einfacher Post versandten Schreiben mit wesentlichem Inhalt angeblich nicht angekommen sind. Für die Tatsache, dass eine Kündigung zugegangen ist, ist der kündigende Arbeitgeber beweispflichtig. Es ist also nicht nur darauf zu achten, dass die Kündigung fristgerecht zugeht, sondern auch, dass dies in beweisbarer Art und Weise geschieht.

Ein Versenden per Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein ist dabei alles andere als sicher. Ein Ein­schreiben mit Rückschein ist dem Empfänger persönlich auszuhändigen. Trifft der Postzusteller den Empfänger nicht an, hinterlässt er einen Benachrichtigungszettel mit der Aufforderung, das Einschreiben innerhalb einer Woche bei der Post abzuholen. Wird es nicht abgeholt, geht es zurück an den Absender. Der Benachrichtigungszettel ersetzt keinesfalls den Zugang des Kündigungsschreibens, schließlich ist nur dieser und nicht die Kündigungserklärung zugegangen. Wird das Schreiben bei der Post abgeholt, ist es erst mit dieser Abholung zugegangen. Wird es nicht abgeholt, fehlt es an einem wirksamen Zugang.

Es gibt Rechtsprechung, wonach ein Arbeitnehmer durch das Ignorieren des Benachrichtigungszettels den Zugang vereitele und sich daher auf den fehlenden Zugang nicht berufen könne. Das kann insbesondere dann gelten, wenn der Empfänger – wie hier die durch die E-Mail vorgewarnte PTA – weiß, was ihn erwartet. Der Arbeitgeber muss vor dem Arbeitsgericht ein treuwidriges Verhalten des Mitarbeiters darlegen und nötigenfalls beweisen – was nicht immer gelingen dürfte.

Ein Einwurf-Einschreiben ist in dieser Hinsicht etwas siche­rer, da es vom Postzusteller in den Briefkasten eingeworfen und diese Zustellung von der Post dokumentiert wird. Damit ist die Zustellung notfalls beweisbar.

Eine bleibende Unsicherheit ist aber, dass weder durch ein Einwurf-Einschreiben noch durch ein Einschreiben mit Rückschein bewiesen werden kann, dass dem Arbeitnehmer eine Kündigung zugestellt wurde. Es lässt sich allenfalls beweisen, dass dem Empfänger ein Umschlag zugegan- gen ist – mehr nicht. Findige Arbeitnehmer haben vor Gericht bereits erklärt, einen Umschlag zwar erhalten zu haben, dieser sei aber leer gewesen.

Wirklich sicher ist eine Zustellung durch persönliche Übergabe entweder unter Hinzuziehung eines Zeugen – was diesem aber häufig unangenehm sein dürfte – oder verbunden mit der Bitte, den Empfang auf einer Kopie des Schreibens mit Datum zu quittieren. Da sich manche Mitarbeiter weigern, das Kündigungsschreiben zu unterzeichnen – aus Angst, damit ihr Einverständnis mit der Kündigung auszudrücken –, sollte auf der Kopie der Satz „Dieses Schreiben habe ich heute erhalten“ vom Mitarbeiter unterzeichnet werden.

Alternativ kann das Schreiben durch persönlichen Einwurf in den Briefkasten – ebenfalls unter Hinzuziehung eines Zeugen, der den Inhalt des Umschlags kennt – zugestellt werden. Beim Einwurf in den Briefkasten kommt es nicht darauf an, dass der Empfän-ger von dem Brief tatsächlich Kenntnis nimmt. Hier reicht die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme aus. Ein nach der üblichen Postzustellungszeit eingeworfener Brief gilt dann als am nächsten Werktag zugegangen, unabhängig davon, ob der Briefkasten tatsächlich geleert wird.

Im Beispielfall ist das Kündigungsschreiben also erst mit Einwurf in den Briefkasten wirksam und beweisbar zu­gegangen. Aufgrund des Zeitablaufs kann das Arbeitsverhältnis daher erst einen Monat später als beabsichtigt enden, da eine Zustellung im Juni nicht mehr möglich war.

Unterschrift

Die Kündigungserklärung muss vom Arbeitgeber oder einer bevollmächtigten Person abgegeben werden. Eine durch den Filialleiter ausgesprochene Kündigung kann vom Arbeitnehmer zurückgewiesen werden, denn Arbeitgeber ist auch bei den in einer Filiale beschäftigten Mitar­beitern stets der Apothekenleiter. Der Filialleiter ist in der Regel auch nicht befugt, Personalentscheidungen zu treffen. Einstellungen und Ent­lassungen nimmt regelmäßig ausschließlich der Apothekenleiter vor. Auch wenn der Filialleiter im Beispielfall vom Apothekenleiter beauftragt wurde, die Kündigung auszusprechen, hätte diese Bevollmächtigung schriftlich der Kündigung beigefügt werden müssen. Es ist sicher praktikabler, wenn der Apothekenleiter stattdessen die Kündigung selbst unterzeichnet.

Inhalt des Kündigungsschreibens

An den Inhalt des Kündigungsschreibens werden weit weniger Anforderungen gestellt. Hier ist ein bloßes „Ich kün­dige!“ grundsätzlich ausreichend, wenn auch nicht sehr höflich. Aus der Kündigung muss der Wille des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis einseitig zu beenden, klar hervorgehen. So hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden, dass die Erklärung „Wenn sich das hier nicht ändert, ist der 31. der Letzte!“ keine Kündigung darstellt. Ebenso wenig ließ das Landes­arbeitsgericht Hamm die an den Arbeitnehmer gerichtete Bitte, sich arbeitslos zu melden, als Kündigung gelten.

Ist im Kündigungsschreiben ein unrichtiges Beendigungsdatum genannt, so wird die Kündigung an sich dadurch nicht unwirksam. Sie gilt dann als zum nächstzulässigen Zeitpunkt ausgesprochen. Es ist darüber hinaus weder erforderlich noch ratsam, die Gründe für die Kündigung in das Schreiben aufzunehmen. Sinnvoller ist es, diese in einem persönlichen Gespräch zu erläutern. Im Beispielfall wird die zu Unrecht beschuldigte PTA den Vorwurf, die Erkrankung sei nur vorgetäuscht, nicht hinnehmen wollen. In einem persönlichen Gespräch hätte dies geklärt werden können. Wird der Vorwurf schriftlich erhoben, führt dies schnell dazu, dass der Mitarbeiter sich gegen die Kündigung mit einer Klage wehrt, nur um einen ungerechtfertigten Vorwurf nicht unwidersprochen stehen zu lassen.

Bei der Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses und bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen, die dem Mutterschutz unterliegen, sieht allerdings das Gesetz eine Begründungspflicht vor. Hier ist also der tragende Kündigungsgrund zumindest knapp darzulegen.

Kündigungsfristen

Eine wirksame Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist. Diese kann sich aus dem Gesetz, dem Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmit­arbeiter (BRTV) oder aus dem Arbeitsvertrag ergeben.

Gesetzliche Fristen

Das Gesetz enthält eine sogenannte Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats. Diese Frist gilt für beide Arbeitsvertragspartei­en in den ersten zwei Jahren der Beschäftigung. Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber verlängert sich diese Frist in Abhängigkeit von der Dauer des Arbeitsverhältnis­ses. Nach zwei Jahren entfällt der Kündigungstermin zum 15. eines Monats, die Kündigungsfrist beträgt dann einen Monat zum Monatsende. Sie verlängert sich um jeweils einen weiteren Monat bei einer Beschäftigung von 5, 8, 10, 12 und 15 Jahren und beträgt nach 20 Jahren schließlich sieben Monate zum Monatsende.

Bei der Feststellung der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses sind Zeiten auch län­gerer Arbeitsunfähigkeit, des Mutterschutzes und einer Elternzeit mitzuzählen, da das Arbeitsverhältnis während dieser Zeiten fortbesteht.

Im Gesetz ist weiter geregelt, dass diejenigen Beschäftigungszeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht zu berücksichtigen seien. Diese Regelung dürfte jedoch seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes unwirksam sein, das eine Ungleichbehandlung wegen des Alters verbietet.

Tarifliche Fristen

Der BRTV sieht eine Grund­kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende vor und verweist im Übrigen auf die gesetzliche Regelung. Soweit er auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, gilt die Frist von sechs Wochen zum Quartalsende so lange, bis aufgrund der Beschäftigungsdauer die gesetzlichen Fristen aus Arbeitnehmersicht günstiger sind.

Vertragliche Fristen

Schließlich können im Arbeitsvertrag abweichende Fristen vereinbart werden. Die vertraglich vereinbarten Fristen dürfen dabei die gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Fristen nicht abkürzen. Auch darf die vom Arbeitnehmer einzuhaltende Kündigungsfrist nicht länger sein als die des Arbeitgebers.

Problematisch ist die Berechnung der Kündigungsfrist insbesondere, wenn unklar ist, ob die tarifliche oder die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer günstiger ist. Bei einem Arbeitsverhältnis von fünfjähriger Dauer kann sowohl die tarifliche Grundkündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartals­ende als auch die gesetzliche von zwei Monaten zum Monatsende anwendbar sein. Günstiger ist nach der Rechtsprechung stets die längere Frist.

Wird die Kündigung am 19. Mai ausgesprochen, würde das Arbeitsverhältnis bei Anwendung der tariflichen Frist am 30. Juni enden, die gesetzliche Frist hingegen würde erst zu einer Beendigung zum 31. Juli führen. Sie ist daher als die günstigere Frist anzuwenden. Wird die Kündigung dagegen am 20. Mai ausgesprochen, würde das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der tariflichen Frist erst am 30. Sep­tember enden, denn es sind dann weniger als sechs Wochen bis zum nächsten Quartalsende am 30. Juni. Das führt zu dem Ergebnis, dass für eine am 19. Mai ausgesprochene Kündigung die gesetzliche Frist einzuhalten ist und für die einen Tag später ausgesprochene die tarifliche Frist.

In der nächsten AWA -Ausgabe lesen Sie mehr zum Thema Kündigungsschutz.

Jasmin Theuringer,
Rechts­anwältin,
Bellinger Rechts­anwälte und Steuer­berater,
40212 Düsseldorf,
E-Mail: theuringer@bellinger.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(11):11-11