Zertifikate

Steuervorteile rechtzeitig sichern


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Mit mehr als 300.000 börsennotierten Papieren sind Zertifikate mittlerweile zu einer der wichtigsten und beliebtesten Anlageformen in Deutschland geworden. Wer schnell handelt und vor dem 30. Juni 2008 Zertifikate kauft, kann sich jetzt noch Steuervorteile sichern.

Als die Berliner Politiker über die Details der Abgeltungssteuer berieten, waren die Emittenten von Zertifikaten noch optimistisch: Man werde, so die entsprechenden Presse­meldungen, die Papiere künftig so konstruieren, dass sie dem Anleger dauerhaft steuerfreie Erträge sicherten. Mittlerweile wurde dieses erhoffte Steuerschlupfloch jedoch geschlossen und eine Stichtagsregelung eingeführt: Nur für Zertifikate, die vor dem 15. März 2007 gekauft wurden, gilt das alte Steuerrecht. Das bedeutet, dass die Erträge generell steuerfrei sind, wenn der Anleger die Papiere erst nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist verkauft. Nur beim Verkauf innerhalb dieser Frist ist ein eventueller Gewinn im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu ver­steuern.

Steuerfrei verkaufen bis 30. Juni 2009

Anders ist die Lage bei Pa­pieren, die ab dem 15. März 2007 erworben wurden. Ist hier die einjährige Spekulationsfrist abgelaufen, dann ist ein steuerfreier Verkauf nur noch bis zum 30. Juni 2009 möglich. Werden die Papiere jedoch später veräußert, kommen die Regelun­gen der Abgeltungssteuer zum Tragen.

Bei Verkäufen innerhalb der Ein-Jahres-Frist unterliegen die Gewinne

  • dem persönlichen Steuersatz des Anlegers (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer), sofern der Verkauf bis zum 30. Juni 2009 erfolgt, oder
  • den Regelungen der Abgeltungssteuer bei einem Verkauf ab dem 1. Juli 2009.

Gut beraten sind Zertifikate-Anleger also, wenn sie sich den 30. Juni 2009 im Kalender vormerken: Aus steuerlicher Sicht kann ein Verkauf bis zu diesem Termin immer dann sinnvoll sein, wenn die Ein-Jahres-Frist bereits abgelaufen ist. Aber auch bei Papieren, die sich noch innerhalb der Ein-Jahres-Frist befinden, ist ein Verkauf bis zum 30. Juni 2009 überlegenswert, wenn der persönliche Grenzsteuersatz unter dem künftigen Abschlagssteuersatz liegt. Denn so sparen Sie sich ggf. die detaillierte Aufschlüsselung Ihrer Kapitalerträge ab 2009, mit der Sie die Rückerstattung der zuviel bezahlten Abgeltungssteuer beantragen.

Ein wichtiger Stichtag ist jedoch nicht nur der 30. Juni 2009, sondern bereits der 30. Juni 2008. Wenn Sie vor diesem Tag Zertifikate kaufen und sie nach Ablauf der Ein-Jahres-Frist veräußern, können Sie einen eventuellen Ge­winn noch ganz legal steuerfrei einnehmen.

Garantien führen zur vollen Steuerpflicht

Generell ausgenommen von den Neuregelungen sind allerdings die meisten Garantiezertifikate. Sie werden als Finanzinnovationen eingestuft mit der Folge, dass alle während der Laufzeit eingetrete­nen Kursveränderungen steuerlich relevant sind. Bei Verkäufen bis Ende 2008 ist dabei der persönliche Einkommen­steuersatz des Anlegers maßgeblich, bei Veräußerungen ab 2009 kommt die Abgeltungssteuer zum Tragen.

Eine Grundregel gilt jedoch für alle Zertifikat-Varianten: Die steuerlichen Rahmenbedingungen sind zwar inter­essant, wesentlich wichtiger sind jedoch die Kurs­ver­än­derun­gen bzw. die Chancen und Risiken der einzelnen Papiere. So nützt eine even­tuelle Steuerfreiheit wenig, wenn der Kurs eines Papiers massiv eingebrochen ist. Aber auch bei unverändertem Kurs, jedoch anhaltenden Chancen sollten Sie den fundamentalen Faktoren mehr Gewicht einräumen als den steuerli­chen Regelungen.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(11):15-15