Dr. Christine Ahlheim
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arznei-mittelversorgung (AVWG) am 1. Mai 2006 sind auf den Handelsstufen Einkaufsrabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel unzulässig. Nach §7 Absatz 1 Nr.2, 2. Halbsatz des Heilmittelwerbegesetzes ist es verboten, Geldrabatte entgegen den Preisbindungsvorschriften der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisVO) zu gewähren, aber auch diese als Apotheke anzunehmen. Aktuell scheiden sich die Auffassungen zweier Gerichte an der Frage, ob ein pharmazeutisches Unternehmen verschreibungspflichtige Arzneimittel kurz vor Ablauf des Verfalldatums Apotheken zu Sonderpreisen, die deutlich unter den in der Lauertaxe angegebenen Herstellerpreisen liegen, anbieten darf.
Das Landgericht München I hat ein solches Angebot in seinem Urteil vom 14. Mai 2008 (Aktenzeichen 33 O 18901/07 – nicht rechtskräftig) als Verstoß gegen § 78 Absatz 3 Arzneimittelgesetz in Verbindung mit der AMPreisVO gewertet. Nach diesen Vorschriften müsse ein pharmazeutischer Unternehmer einen einheitlichen Abgabepreis für das betroffene verschreibungspflichtige Präparat sicherstellen, auch wenn dieses möglicherweise zukünftig als nicht erstattungsfähiges Lifestyle-Arzneimittel eingeordnet werde, derzeit aber noch zulasten der GKV abgegeben werden könne. Erklärter Zweck der letzten Gesundheitsreform sei gewesen, Rabatte auf den Abgabepreis nur noch an Kostenträger zu erlauben. Angesichts dessen hätten Ausnahmen von diesem Grundsatz zugunsten schwer absetzbarer Arzneimittel ausdrücklich gesetzlich normiert werden müssen. Es sei objektiv nicht feststellbar, inwieweit sich welche Restlaufzeit in welcher Weise konkret auf die „Verkehrsfähigkeit“ des Arzneimittels auswirke. Eine Tolerierung eines derartigen Sonderpreises könne zu einer Aushöhlung des Rabattverbots führen, denn der Unternehmer könne sich auf jeglichen Grund berufen, der irgendwie geeignet sei, die Verkehrsfähigkeit zu beeinträchtigen.
Damit haben sich die Münchener Richter ausdrücklich nicht der gegenläufigen Auffassung des Landgerichts Hamburg (Urteil vom 11. März 2008, Aktenzeichen 312 O 720/07 – rechtskräftig) zu dem identischen Sachverhalt angeschlossen. Nach dortiger – den Arzneimittelvertrieb eher trivialisierender – Ansicht gehe es bei den ausgelobten Sonderpreisen doch nur darum, dem kaufmännischen Bedürfnis der Unternehmer Rechnung zu tragen, vom Verfall bedrohte Ware un‑ ter Inkaufnahme erheblicher Preisnachteile noch abzusetzen, anstatt sie unweigerlich vernichten zu müssen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(12):2-2