Verbot von Pick-up-Stellen

Drei Fragen an Daniel Bahr


Claudia Mittmeyer

Daniel Bahr (FDP-MdB) ist gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

?Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wieder zu verbieten?

2003 wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen der Versand sowohl der rezeptfreien als auch der verschreibungspflichtigen Medikamente in Deutschland erlaubt. Die FDP hatte sich seinerzeit gegen diese Öffnung im Deutschen Bundestag ausgesprochen. Damit der Versandhandel wieder rückgängig gemacht wird, müsste ein Verbot des Versandhandels von der Mehrheit im Deutschen Bundestag beschlossen werden. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD müssten für ein Verbot des Ver­sandhandels stimmen. Alle Einlassungen aus dem Bundes­gesundheitsministerium und dem Bundeskanzleramt, aber auch aus den Mehrheiten der Fraktionen von Union und SPD haben bisher ergeben, dass keine parlamentarische Mehrheit für ein Verbot zustande käme.

Mittlerweile ist der Versand seit fast fünf Jahren zugelassen und eine Reihe von Apothekern hat einen Versandhandel aufgebaut und investiert. Bei einem Versandverbot haben betroffene Versandhändler schon Klagen angekündigt. Ein Verbot müsste sehr gut begründet sein, die bisher vorge­brachten Gründe könnten nicht ausreichen. Ein Verbot dieser Möglichkeit würde nämlich er­hebliche verfassungsrechtliche Bedenken nach sich ziehen, da diese Betätigung durch Artikel 12 Grundgesetz geschützt sein könnte.

Das Bundeskriminalamt hat zwar auf einen Anstieg von Arzneifälschungen hingewiesen, allerdings sind die Hauptvertriebswege Sportstudios und illegale Internetseiten. Das Risiko, an eine Fälschung zu geraten, ist nach Aussage des BKA in einer legalen Versandapotheke genauso gering wie in einer Apotheke vor Ort. Leider wäre daher auch bei einem Versandverbot weiter mit Arzneifälschungen zu rechnen.

?Auf welchem Weg will die FDP erreichen, dass die sogenannten Pick-up-Stellen zukünftig verboten werden?

Im Gesetz müsste klargestellt werden, dass ein Versand von Arzneimitteln nur aus Apotheken durch Apotheken selbst oder von diesen beauftragte Transportunternehmen unmit­telbar an den Endverbraucher zulässig ist. Auf diese Weise wird den Anforderun­gen an die Arzneimittelsicherheit Rechnung getragen und ein Aufweichen des Bewusstseins, dass Arzneimittel ganz besondere Güter mit zum Teil schweren Nebenwirkun­gen sind, vermieden, ohne die Berufsfreiheit unangemessen ein­zuschränken. Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat in seinem Urteil sogenannte Pick-up-Stellen erlaubt, da der Gesetzgeber keine Beschränkung des Versandwe­ges beschlossen hatte und daher aufgrund der Gesetzeslage auch Abholstellen unter Versandhandel fallen. Im Umkehrschluss bestätigt das unseren Ansatz, den Versand­handel mit Arzneimitteln zu beschränken. Dazu hat die FDP-Bundestagsfraktion schon lan­ge einen entsprechenden Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht.

?Wie sollten sich die öffentlichen Apotheken im Vorfeld des EuGH-Urteils zum Fremdbesitzverbot positionieren?

Meines Erachtens ist es noch völlig offen, wie sich der EuGH im kommenden Jahr entscheiden wird. Mit Panikmache oder Kaffeesatzleserei ist jedenfalls niemandem weitergeholfen. Ich sehe weiterhin gute Gründe für ein Fremd- und Mehrbesitzverbot. Das vielfach zitierte Optiker-Urteil ist meines Erachtens nicht auf Apotheken zu übertragen, da Arzneimittel besondere Güter sind. Allerdings sollten sich die Apotheker auf ihre großen Kompetenzen besinnen und diese selbstbewusst mögli­chen Veränderungen entgegenhalten. Gerade der persönliche Kontakt zum Patienten mit einer kompetenten Fachberatung bietet dem Apotheker einen riesigen Wettbewerbsvorteil. Wir Liberale werden im kommenden Jahr darauf achten, dass in jedem Fall eine wohnortnahe und unabhängige Arzneimittelversorgung der Patienten nicht auf der Strecke bleibt und mögliche Veränderungen nicht zulasten der Gesundheit der Versicherten gehen werden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(21):4-4