Steuer-Spartipp

Kindergeld und Kinderfreibetrag:Fallbeil-Effekt umstritten


Helmut Lehr

Für volljährige, nicht behinder­te Kinder entfällt der Kindergeldanspruch, wenn ihre eigenen Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag (7.680 €) auch nur um einen Euro übersteigen. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, welche Ausgaben von den Einnahmen des Kindes bei der Grenzbetragsprüfung abgezogen werden können.

Private Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen

In einem aktuellen Beschluss1) hat der Bundesfinanzhof nochmals klargestellt, dass Beiträge zu einer privaten Rentenversicherung die Einkünfte des Kindes bei der Prüfung des Kindergeldanspruchs nicht mindern. Damit hat er seine jüngere Rechtsprechung2) bestätigt. Das gilt jedenfalls bis Ende 2000 auch für Beiträge zu privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen, da die gesetzliche Rentenversicherung bis zu diesem Zeitpunkt auch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umfasste. Im Ergebnis sollen nämlich keine Beiträge zusätzlich abzugsfähig sein, die einen über die Grund­sicherung hinausgehenden Schutz/Anspruch verschaffen.

Hinweis: In diesem Beschluss hält der Bundesfinanzhof auch die steuertechnische Ausgestaltung des Jahresgrenzbetrags als Freigrenze für ver­fassungsgemäß. Das bedeu­tet, dass das Kindergeld weiterhin schon immer dann komplett entfällt, wenn die Einkünfte den Grenzbetrag nur geringfügig übersteigen (sogenannter Fallbeil-Effekt)3).

Verfassungs­beschwerde eingelegt

Die vor dem Bundesfinanzhof unterlegene Klägerin hat mittlerweile gegen den Beschluss Verfassungsbeschwerde eingelegt 4) . Sie begründet die Beschwerde mit der fehlenden gesetzlichen Härtefallregelung in solchen Fällen, in denen der Grenzbetrag nur geringfügig überschritten wird.

Hinweis: Das nun anhängige Verfahren ist für all diejeni-gen Eltern von Interesse, deren Kinder den Grenzbetrag unwesentlich überschreiten und deshalb den Anspruch auf Kindergeld laut Gesetz verlieren. Unter Hinweis auf die aktuelle Verfassungsbeschwerde sollten ablehnende Bescheide offengehalten und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

Einkünftekontrolle kurz vor dem Jahreswechsel

Natürlich ist ungewiss, ob die Beschwerde tatsächlich Erfolg haben wird und wie eine etwaige „gleitende Übergangsregelung“ aussehen könnte. Deshalb ist es in jedem Fall sicherer, ein nur geringes Überschreiten der Einkunftsgrenze durch gezielte Gestaltungen zu vermeiden. Allgemein empfiehlt es sich, rechtzeitig vor Jahreswechsel die erzielten Einkünfte des Kindes den für Kindergeldzwecke abzugsfähigen Aus­gaben gegenüberzustellen. Ist dann absehbar, dass die Einkünfte nahe an den Grenz­betrag heranreichen oder diesen sogar leicht übersteigen werden, könnten kurzfristig getätigte zusätzliche berufliche Ausgaben die Einkünfte (z.B. aus einem Ausbildungsdienstverhältnis) entscheidend vermindern. Die Finanzverwaltung hat ausdrücklich klargestellt, dass der „sich nach Abzug der Werbungskosten ergebende Betrag“ maßgebend ist5).

Hinweis: Ob die Aufwendungen (z.B. zusätzliche Fachbücher) dringend beruflich benötigt werden, spielt keine Rolle, sofern ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf (Fachbezogenheit) besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geeignet sind.

1) Vgl. Beschluss vom 29. Mai 2008, Aktenzeichen III R 54/06.
2) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 5 vom 1. März 2008, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 18.
3) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 19 vom 1. Oktober 2006, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 17.
4) Aktenzeichen 2 BvR 1874/08.
5) Vgl. Dienstanweisung Familienleistungsausgleich vom 5. August 2004, DA 63.4.2.1.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(24):17-17