Erbschaft- und Schenkungsteuerreform

Neuregelungen ab 2009


Markus Händeler

Nach langem Hin und Her ist es nun amtlich: Ab 1. Januar 2009 ändert sich die Erbschaft- und Schenkungsteuer. Der Kompromiss der Koalition war nötig, damit die Steuer auch ab 2009 weiter erhoben werden kann. Was sich ändert, wird nachfolgend dargestellt.

Bereits in der AWA -Ausgabe vom 1. März 2008 (Seite 8 bis 11) hatten wir über die Pläne der Bundesregierung und die Auswirkungen auf die Apotheken berichtet. Erst Ende November 2008 konnten sich schließlich alle drei Koalitionsparteien zu einem gemeinsamen Vorschlag durchringen, der nunmehr von Bundestag und Bundesrat angenommen wurde und am 1. Januar 2009 in Kraft tritt. Was sieht der nun gefundene Kompromiss vor?

Bewertung von Grundstücken und Gebäuden

Es kommt der Vorschlag aus dem Frühjahr dieses Jahres zur Umsetzung: Die Bewertung erfolgt zum Verkehrswert zum Zeitpunkt der Schenkung bzw. des Erbanfalls. Hierzu schreibt das Gesetz verschiedene Verfahren vor:

  • Bei unbebauten Grundstücken soll die Formel lauten „qm x aktueller Bodenrichtwert“. Weitere pauschalierte Abschläge wie bisher sind nicht vorgesehen.
  • Bei bebauten vermieteten Grundstücken kommt das sogenannte Ertragswertverfahren zur Anwendung, also die Kapitalisierung der erzielten Jahreskaltmiete. Der so ermittelte Wert wird nur zu 90 % der Besteuerung unterworfen, wenn die Vermietung zu Wohnzwecken erfolgt.
  • Bei eigengenutzten Immobilien, insbesondere Ein- und Zweifamilienhäuser so­wie Eigentumswohnungen, sollen „vergleichbare Objekte“ zur Wertermittlung herangezogen werden. Allerdings gibt es eine Steuerbefreiung, wenn der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner in der Wohnung mindestens zehn Jahre wohnen bleibt. Wohnen nach dem Tod des Erblassers stattdessen die Kinder in der Wohnung, kommt zu den zehn Jahren eine Begrenzung der Steuer­befreiung auf 200 qm Wohnfläche hinzu. Kommt eine Steuerbefreiung nicht in Betracht, so kann die Steuer bis zu zehn Jahre gestundet werden, wenn eine soforti­ge Begleichung der Steuer nur bei Veräußerung der Immobilie möglich wäre.

Bewertung von Betrieben

Hier wurde bis zum Ende gerungen, weil die Parteiinteressen höchst unterschiedlich sind. Der Kompromiss sieht zunächst einfach aus: Die Bewertung von Betriebsvermögen erfolgt zum Verkehrswert. Dieser soll in erster Linie aus vergleichbaren Verkäufen abgeleitet werden. Der Gesetzgeber macht damit etwas zum „Regelfall“, was die Ausnahme bleiben wird. Denn der Verkauf der einen Apotheke ist kaum vergleichbar mit dem Verkauf einer anderen Apotheke.

Damit dürfte die vom Gesetzgeber als „Ausnahme“ bezeichnete Methode der Regelfall werden: die Anwendung des Ertragswertverfahrens. Das bedeutet, dass man die voraussichtlich erzielbaren Erträge des Unternehmens kapitalisiert – eine Rechnung mit Unbekannten, wie wir bereits in der AWA -Ausgabe vom 1. März 2008 dargestellt haben. Denn unklar ist zum Zeitpunkt der Bewertung insbesondere der voraussichtlich zukünftig erzielbare Ertrag.

Außerdem stellt sich die Frage nach dem Kapitalisierungszinssatz, der künftige Chancen und Risiken in einem ausgewogenen Maß berücksichtigen soll. Sah der Gesetzentwurf zunächst einen für alle Branchen einheitlichen Zinssatz von 9 % vor, so gilt jetzt in einem widerlegbaren Bewertungsverfahren ein Risikozuschlag von einheitlich 4,5 %, der sich zu einem jährlich veröffentlichten Basis­zinssatz addiert. Widerlegbar heißt, dass dieses Verfahren nicht anzuwenden ist, wenn es zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Für Apotheken dürfte dies der Fall sein, denn der Risikozuschlag erscheint eindeutig zu gering. Die TREUHAND HANNOVER GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, rechnet bei der Bewertung von Apotheken in der Regel mit einem Zinssatz von insgesamt 13 %, was zu einem deutlich geringeren Ertragswert führt. Das bedeutet, dass künftig eine Einzelbewertung nur für Zwecke der Erbschaftsteuer notwendig werden wird – verbunden mit Kosten für den Apotheker, die sich letztlich aber auszahlen.

Begünstigung von Teilen des Betriebs­vermögens

Der Gesetzgeber sieht nunmehr zwei Varianten für die Begünstigung des Betriebsvermögens vor, zwischen denen sich der Erwerber entscheiden muss. Bei der ersten Variante erfolgt eine Aufteilung des bewerteten Ver­mögens nach dem Maßstab 85:15 in begüns­tigtes und nicht begünstigtes Vermögen. Der nicht begünstigte Teil (15 %) unterliegt, ggf. unter Berücksichtigung weiterer Freibeträge, der Besteuerung. Der begünstigte Teil (85 %) wird zu 100 % von der Steuer freigestellt, wenn das Unternehmen mindestens sieben Jahre fortgeführt wird und – bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern – die gesamte Lohnsumme in diesem Zeitraum nicht weniger als 650 % der Ausgangslohnsumme beträgt. Zur Lohnsummenregelung folgende Erläuterung: Man addiert in den sieben Jahren nach Erwerb die jährlichen Aufwendungen für Löhne und Gehälter und vergleicht diese Summe mit dem Ausgangsbetrag. Diesen wiederum ermittelt man aus dem jährlichen Durchschnitt der Löhne und Gehälter, die in den fünf Wirtschaftsjahren vor der Schenkung/dem Erbanfall gezahlt wurden.

Beispiel: Erbanfall ist am 1. Ja­nuar 2009. Maßgeblich sind die Bruttogehälter der Jahre 2004 bis 2008 (2004: 300.000 €; 2005: 304.000 €; 2006: 305.000 €; 2007: 313.000 €; 2008: 315.000 €) Dies ergibt eine Summe von 1.537.000 €, im Durchschnitt also 307.400 €. Die Summe der Bruttogehälter in den Jahren 2009 bis einschließlich 2015 darf somit nicht unter 650 % von 307.400 € (= 1.998.100 €) rutschen. Falls doch, so ge- hen Steuerbefreiungen anteilig verloren.

Wird der Betrieb weniger als sieben Jahre fortgeführt, also z. B. nach fünf Jahren veräußert, so wird die Steuerbefreiung anteilig (in diesem Fall zu 2/7) nachträglich versagt und die Steuer ist nachzuentrichten.

Die zweite Variante sieht eine Aufteilung des bewerteten Vermögens nach dem Maßstab 100:0 in begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen vor – es gibt also kein nicht begünstigtes Vermögen. Der begünstigte Teil wird zu 100 % von der Steuer freigestellt, wenn das Unternehmen mindestens zehn (statt sieben) Jahre fortgeführt wird und – bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern – die gesamte Lohnsumme in diesem Zeitraum nicht weniger als 1.000 % (statt 650 %) der Ausgangslohnsumme beträgt. Wird der Betrieb weniger als zehn Jahre fortgeführt, also z.B. nach fünf Jahren veräußert, so wird die Steuerbefreiung anteilig (in diesem Fall zu 5/10) nachträglich versagt und die Steuer ist nachzuentrichten.

Persönliche Freibe­träge und Steuersätze

Die Verbesserung der per­sönlichen Freibeträge wurde ebenso wie die Änderung der Steuersätze gegenüber den Vorschlägen aus dem Frühjahr dieses Jahres unverändert übernommen. Zum ersten Mal im Steuerrecht wurden Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft den Ehegatten gleichgestellt – zumindest bei der Höhe des per­sönlichen Freibetrags.

Fazit: Die Koalition hat ihre höchst unterschiedlichen Interessen unter einen sehr großen Hut gebracht. Her­ausgekommen ist dabei ein kompliziertes Regelwerk, das ohne steuerberatende Hilfe kaum durchschaut werden kann. Nach der Reform ist wohl auch hier vor der Reform: Die Koalitionspartner haben nach einem für den einen oder den anderen günstigen Wahlergebnis im Herbst 2009 bereits Korrekturen angekündigt.

Markus Händeler, Steuerberater, TREUHAND HANNOVER GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, 30519 Hannover, E-Mail: markus.haendeler@treuhand-hannover.de

Eine Übersicht zu den ab 2009 gültigen Freibeträgen und Steuersätzen kann hier abgerufen werden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2008; 33(24):11-11