Apotheker als Heilberufler

Drei Fragen an Dr. Hans-Peter Hubmann


Dr. Christine Ahlheim

Dr. Hans-Peter Hubmann ist 1. Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes e.V.

?Welche Befürchtungen haben Sie bezüglich der kommenden Entwicklun-gen beim Thema Rabatt­verträge?

Von Befürchtungen möchte ich nicht sprechen, das wäre zu schwarzmalerisch. Aber es darf auf keinen Fall die Compliance der Patienten leiden, die sich ständig auf neue Präparate einstellen müssen. Ich spreche hier gerade von alten Menschen, die sich unter Umständen über Jahre hinweg an ihr Arzneimittel gewöhnt haben und die jede Umstellung vor Schwierigkeiten stellt.

Außerdem dürfen die Verträge nicht zu diesem exorbi-tant hohen Aufwand in der Apotheke führen. Sei es im Kundengespräch, wo Apotheker die Rabattverträge und nicht das Medikament erklären müssen. Sei es der Aufwand bei Dokumentation und Absicherung gegen Retaxationen mancher Krankenkassen, wo die Verwaltungsarbeit ohnehin immer mehr wird. Erst die Apotheken haben die Ver- träge mit Leben erfüllt und so, mit teils großer Anstrengung, einen wesentlichen Beitrag zu deren Umsetzung geleistet.

Vom Grundgedanken sind Rabattverträge ja korrekt. Der Preis wird zwischen Anbieter und Kostenträger ausgehandelt, also da, wo er hingehört. Aber die Umsetzung von Rabattverträgen muss praktikabel sein. Das heißt, die Arzneimittel müssen ausreichend lieferbar sein, die Patienten müssen von ihren Ver­sicherungen ausreichend informiert sein. Und es sollte die pharmazeutische Kompetenz des Apothekers eingebunden werden. Eine Möglichkeit wäre, der Patient darf aufzahlen, um sein gewohntes Präparat zu erhalten, wenn er es denn weiter haben möchte. Das sind ja oft nur ein paar Cent. Der Patient ist dabei mündig, der Apotheker kann dabei sein Fachwissen einbringen.

?Wie sollten sich die öffentlichen Apotheken Ihrer Meinung nach im Vor-feld des EuGH-Urteils zum Fremdbesitz positionieren?

Ganz klar als Heilberuf. Ich warne eindringlich davor, dass Apotheken Teil der Handelskette werden, also in die Preispolitik eingebunden werden. Wir müssen frei beraten und entscheiden können, ohne dass eine anonyme Management-Etage in einer fernen Stadt oder gar im Ausland Druck ausübt. Natürlich müssen Apotheker von ihrem Beruf auch leben können, ihre Familien ernähren, fürs Alter vorsorgen und ihre Mitarbeiter bezahlen können. Von daher war das Fixum von 8,10 € der richtige politische Schritt. Wir sind abgekoppelt vom Preis und damit unabhängig. Umso wichtiger ist es, unsere Fähigkeiten und Kompetenzen einzusetzen. Und das geht nur über die Qualität. Hier sind Apotheker dank ihrer Ausbildung unschlagbar.

Es muss auch klar sein, dass Arzneimittel Waren der besonderen Art sind. Hier die Regeln des Marktes unkon­trolliert gelten zu lassen, wäre ein riskantes Spiel. Da geht es um hochwirksame Substanzen, die teilweise massiv ins Körpergeschehen eingreifen. Damit kann man nicht einfach umgehen wie mit Gummi­bärchen. Ein kranker Mensch entscheidet schließlich nicht nach Lust und Laune, welches Medikament er gerade einnehmen will. Mit irgendwelchen Sonderangeboten wie „Kaufe drei, zahle zwei“ ist da niemandem geholfen. Ziel ist nicht die Gewinnmaximierung auf Teufel komm raus wie bei Kapitalgesellschaften, sondern die bestmögliche und verantwortungsvolle Versorgung kranker Menschen. Der Apotheker positioniert sich hier auch als Verbraucherschützer.

? Wie kann der einzelne Apotheker auf das Auf­treten einer Pick-up-Stelle in Apothekennähe reagieren?

Auf gar keinen Fall nervös werden. Das mag für einige Zeit ein paar Kunden neugierig machen. Aber die Stärke der Apotheke liegt doch ganz klar in der persönlichen Nähe und Beratung. Außerdem kann sich nur die öffentliche Apotheke individuell auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einstellen. Das beginnt schon damit, dass Sie Ihre Kunden mit Namen begrüßen können. Eine Pick-up-Stelle muss alles pauschal und unpersönlich machen. Wie soll eine Dienstleistung da maßgeschneidert sein? Das kann nur der Apotheker, der seine Kunden persönlich kennt und sein Um- feld einschätzen kann. Sind die Kunden älter oder eher jünger? Habe ich viel Laufkundschaft oder Stammkundschaft? Wie hoch ist der Anteil an Rx und OTC? Das sind nur einige Parameter. Dann ist er in der Lage, seine Stärken auszu­spielen.

Es ergibt auch wenig Sinn, den paar Kunden hinterher­zurennen, die nur nach dem günstigsten Preis schielen und denen die Gesamtleistung egal ist. Solche Kunden werden nie zu Stammkunden, das wäre verschwendete Energie. Ein grundlegender Ratschlag ist: Natürlich darf es auch Preis-Aktionen geben. Das ist ein ganz übliches Instrument des Wettbewerbs. Die Aktionen sollen aber zeitlich und auf ein ganz bestimmtes Sor­timent beschränkt sein. Wer sich aber nur noch über den billigsten Preis definiert, dem droht, dass seine Kernkom­petenz verwässert.

Also, wenn in der Nähe eine Pick-up-Stelle aufmacht: Ruhe bewahren, seine Stärken herausarbeiten und darauf konzentrieren und konsequent umsetzen. Dann muss keinem Apotheker bange sein.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(01):3-3