Helmut Lehr
Aufwendungen für die eigene Fortbildung sind Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn sie ganz überwiegend betrieblich/beruflich veranlasst sind. Bei eindeutig berufsbezogenen Fachkongressen bestehen im Allgemeinen keine Nachweisschwierigkeiten1). Handelt es sich jedoch um Kosten für nicht eindeu- tig berufsspezifische Fachseminare, bereiten die Finanzämter oft Probleme. Die Abziehbarkeit von Aufwendungen für Seminare zur Persönlichkeitsentfaltung und zur Supervision ist deshalb immer wieder umstritten, nicht zuletzt wegen der meist hohen Seminar-/Kursgebühren.
Aktueller Streitfall
Mit Urteil vom 28. August 20082) hat der Bundesfinanzhof eine wichtige Grundsatzentscheidung getroffen, die auch für Apotheker von Bedeutung sein könnte. Folgender Sachverhalt: Die Eheleute erzielten als Angestellte beide Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Ehemann ist Diplom-Kaufmann und war als interner Revisor beschäftigt. Die Ehefrau ist approbierte Apothekerin und war im Streitjahr als Vertretung für verschiedene Apothekenleiter tätig. Sie besuchte „Blockseminare Supervision“ in einem Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung. Dort hatte sie bereits im Vorjahr ein „Blockseminar Supervision“ mit den Schwerpunkten Kommunikation und Kundenansprache absolviert. Zudem begann sie im Streitjahr ein dreijähriges Seminar „Berufsbegleitende Gruppe“ mit einer berufsbegleitenden Supervision sowie Weiterbildung zu den Themen Kommunikation, Führung und berufliche Haltung. Auch der Ehemann nahm unabhängig davon an vergleichbaren Fortbildungen teil.
Hinweis: Teilnehmer der „Berufsbegleitenden Gruppe“ waren Führungskräfte unterschiedlicher Berufsgruppen.
Der beantragte Werbungskostenabzug (Ehemann rund 5.000 DM, Ehefrau rund 10.000 DM) wurde vom Finanzamt nicht anerkannt. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte ebenfalls keinen Erfolg. Für den Besuch der Seminare hätten nämlich private Gründe eine nicht ganz untergeordnete Rolle gespielt. Außerdem sei der Teilnehmerkreis nicht homogen gewesen.
Bundesfinanzhof bestätigt berufliche Veranlassung
Der Bundesfinanzhof hat den Werbungskostenabzug für den Ehemann anerkannt. Hinsichtlich der Kosten der Ehefrau wurde das Verfahren zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nochmals an das Finanzgericht zurückverwiesen. Künftig sind jedoch bei der Beurteilung vergleichbarer Aufwendungen laut Bundesfinanzhof folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- Der Lehrgang muss primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs ausgerichtet sein.
- Bei der erforderlichen Einzelfallprüfung ist der gesamte Lerninhalt einzubeziehen, auch wenn sich Kurse über mehrere Jahre erstrecken. Deshalb können künftig auch Kurse abzugsfähig sein, in denen zunächst nur Grundlagenwissen vermittelt wird, wenn dieses die notwendige Vorstufe für ein später erworbenes berufsspezifisches Spezialwissen ist.
- Dass bestimmte Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung zwangsläufig auch Einblicke in die Arbeitswelt anderer Berufsgruppen (nämlich die der anderen Teilnehmer) bieten, ist unschädlich, sofern die Problemstellungen – wie allgemein bei Führungskräften üblich – vergleichbar sind.
Homogener Teilnehmerkreis
Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Feststellung des Bundesfinanzhofs, dass der grundsätzlich erforderliche „homogene Teilnehmerkreis“ auch dann vorliegen kann, wenn die Teilnehmer zwar verschiedenen Berufsgruppen angehören, aber allesamt in ihrer Eigenschaft als Führungskräfte an den Seminarinhalten interessiert sind.
Hinweis: Es spricht viel dafür, dass das Finanzgericht nun im Laufe des weiteren Verfahrens auch den Werbungskostenabzug für die Ehefrau anerkennen wird. Laut Bundesfinanzhof muss jetzt (lediglich) nochmals geprüft werden, ob der Erwerb von Grundlagenwissen (u.a. „Berufsbegleitende Gruppe“) Vorstufe für die Durchführung von späteren Supervisionen gewesen ist. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, muss das Finanzgericht nach den eindeutigen Vorgaben des Bundesfinanzhofs entscheiden, ob zumindest ein Teil der Aufwendungen den Werbungskosten zugeordnet werden kann.
Natürlich können die Aussagen zur beruflichen Veranlassung auch auf den Betriebsausgabenabzug eines selbstständigen Apothekenleiters übertragen werden. Das Argument des Finanzamts, dass Teilnehmer bestimmter Seminare (insbesondere bei Persönlichkeitstrainings aller Art) nicht derselben Berufsgruppe angehören, greift nun nicht mehr.
Hinweis: Wer zunächst nur Grundlagenkurse besucht, sollte frühzeitig darauf hinweisen, dass (in Folgejahren) ein gezielter berufsbezogener Aufbaukurs in jedem Fall ernsthaft geplant ist. Gegebenenfalls könnte hier eine zunächst nur vorläufige Steuerfestsetzung angeregt werden, damit bei besseren Erkenntnissen in späteren Jahren auch die Grundkurse noch nachträglich berücksichtigt werden können.
In einer weiteren Entscheidung vom 28. August 2008 3) hat der Bundesfinanzhof auch die Aufwendungen für Kurse zum Neuro-Linguistischen Programmieren (NLP) zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit als Werbungskosten anerkannt. Private Anwendungsmöglichkeiten der vermittelten Lerninhalte sind danach unbeachtlich, wenn sie sich als bloße Folge zwangsläufig und untrennbar aus den im beruflichen Interesse gewonnenen Erkenntnissen und Fähigkeiten ergeben.
Hinweis: Auch dieses Urteil dürfte einen entsprechenden Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug für Apothekenleiter bzw. Führungskräfte künftig deutlich erleichtern.
1) Vgl. im Einzelnen AWA -Ausgabe Nr. 7 vom 1. April 2007, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 18.
2) Aktenzeichen VI R 35/05.
3) Aktenzeichen VI R 44/04.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(01):18-18