Offene Immobilienfonds

Hohe Renditen schaffen neue Probleme


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Rentabel, sicher und – vor allem – jederzeit verfügbar: Mit diesen Kriterien wurden jahrzehntelang die Anteile offener Immobilienfonds beworben. Doch die erneute Schließung zahlreicher Fonds zeigt die Probleme, mit denen die Branche konfrontiert ist.

Gewerblich genutzte Immo­bilien gelten nach wie vor als solide Geldanlage: Dank hoher Mieteinnahmen liegt die Bruttorendite in einer Größenordnung zwischen 5,0% und 9,0% p.a., zudem können wesentlich mehr Kosten auf den Mieter umgelegt werden als etwa bei Wohnimmobilien. Für den privaten Anleger ist dieser Markt jedoch nur schwer zugänglich. Die hier erfor­derlichen Investitionssummen von oftmals zweistelligen Millionenbeträgen können sich nur wenige leisten. Als Alternative bieten sich Immobilienfonds an, die in zwei Varianten offeriert werden:

  • Geschlossene Immobilienfonds investieren meist in eine oder wenige Immobilien und geben dafür Anteile aus, die in einer Mindeststückelung ab 10.000 € bis 20.000 € erworben werden können. Der Fonds ist für eine bestimmte Laufzeit konzipiert und bietet meist Steuervorteile. Ein vorzeitiger Ausstieg ist jedoch nicht bzw. nur mit erheblichem Aufwand möglich.
  • Offene Immobilienfonds legen ihr Kapital in einer Vielzahl von Objekten an und ermöglichen mit Stückelungen ab etwa 30 € den Einstieg auch für Kleinanleger. Kauf und Verkauf der Anteile sind – zumindest in der Theorie – jederzeit direkt bei der Fondsgesellschaft oder über die Börse möglich.

Mit Renditesätzen von durchschnittlich 4,5 % in den vergangenen Jahrzehnten konnten die offenen Immobilienfonds durchaus punkten. Ein weiterer Vorteil: Rückläufige Renditen oder gar Verluste kamen praktisch nicht vor, vielmehr war der Wertzuwachs über Jahrzehnte weitgehend konstant.

Solange sich die Wirtschaft und die Lage an den Immobilienmärkten günstig entwickeln, bestehen auch kaum Bedenken hinsichtlich des Einstiegs. Krisenzeiten – dies zeigt sich aktuell noch stärker als bei der letzten Krise vor wenigen Jahren – können die Fonds jedoch in erhebliche Turbulenzen stürzen.

Umstrittene Bewertung

Insbesondere zwei Probleme gelten dabei als gravierend. Zum einen legen die Fonds den Wert ihres Immobilienbestands weitgehend selbst fest. Zwar werden Gutachter zwischengeschaltet, die eine objektive Bewertung gewährleisten sollen. In der Realität klettern jedoch auch im Falle einer Immobilienbaisse die Wertansätze. Branchenkenner Stefan Loipfinger spricht aktuell gar von „Mondpreisen“, in denen der durchschnittliche Marktpreisrückgang von 20% bis 30% in der jüngsten Vergangenheit nicht berücksichtigt sei. Seiner Meinung nach stehen die Gewinne also nur auf dem Papier in der Hoffnung, sie eines Tages beim Verkauf der Immobilien realisieren zu können. Vor allem bei Objek­ten im Ausland baut sich derzeit viel Zündstoff auf, reagieren diese Märkte doch wesentlich volatiler als deutsche Gewerbeimmobilien. Kommt es hier nicht in absehbarer Zeit zu einer Erholung, könn-ten die Fondsmanager zu erheblichen Preiskorrekturen gezwungen sein.

Zum anderen lockten die zuverlässigen Renditen in den vergangenen Jahren zahlrei­che Investoren an, die kaum an der Immobilie als Geldanlage, wohl aber an einem guten Ertrag interessiert waren. Trotz der hohen Gebühren – offene Immobilienfonds berechnen im Durchschnitt 5,5 % Ausgabeaufschlag – lohnte sich der Einstieg im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren: Die Kosten waren in zirka 15 Monaten verdient, ab diesem Zeitpunkt winkte eine um ein bis zwei Prozentpunkte höhere Rendite bei ähnlicher Zuverlässigkeit. Darüber hinaus arbeiteten viele Fondsgesellschaften auch mit institutionellen Investoren zusammen, die die Fonds als kurzzeitige „Parkplätze“ für hohe Millionensummen nutzten und dafür satte Gebührenvorteile versprochen bekamen.

Die Kehrseite dieser großen Mittelzuflüsse: Sie müssen gemäß Statuten – zumindest ab bestimmten Größenordnun­gen – in Immobilien angelegt werden. Der Immobilienbestand und damit auch die Vergütung des Fondsmanagements wachsen mithin. Doch die als „Geldmarkt-Schnorrer“ bezeichneten Hoch­zins-Spekulanten sind keineswegs verlässliche Investoren: So schnell, wie die Summen in die Kassen geflossen sind, werden sie auch wieder zurückgefordert. Dies geschieht einerseits dann, wenn sich am Kapitalmarkt bessere Chancen bieten, etwa in Form von festverzinslichen Wertpapieren, andererseits aber auch in Fällen, in denen die gewählte Anlageart als nicht mehr „völlig risikolos“ eingestuft wird – wie dies im Zuge der Finanzkrise der Fall ist. Der „Schwar­ze Peter“ liegt jedoch stets bei den Fondsgesellschaften, die sich in dieser Geschwindigkeit nicht von ihren Immobilien trennen können.

Fondsschließungen als Sofortmaßnahme

Die Folgen wurden in den vergangenen Monaten deutlich: Die Mehrzahl der deutschen Fondsgesellschaften entschloss sich – bereits zum zweiten Mal seit der Krise 2006 – dazu, Fonds vorübergehend zu schließen. Anteile konnten also nicht mehr zurückgegeben werden, dem Anleger blieb allein der Verkauf über die Börse. Dabei müssen nicht nur die üblichen Börsenspesen bezahlt, sondern auch Preise akzeptiert werden, die zwischen 5% und 15% unter den zuletzt von den Fondsgesellschaften bezahlten Rücknahmepreisen liegen.

Doch auch wenn die Fondsgesellschaften den Handel mit den Anteilen zumindest teilweise wieder aufgenommen haben, sind damit längst noch nicht alle Probleme gelöst. Sofern sich die konjunkturelle Lage nicht sehr schnell wieder bessert, wer­den die Fondsgesell­schaf­ten um Preiskorrekturen nicht herumkommen. Zumindest die Phase des langjährigen zuverlässi­gen Preis­anstiegs könnte zunächst der Vergangenheit angehören, denn schließlich ist keineswegs sicher, ob die langfristigen Mietverträge für Fonds­immobilien unverändert fortgeschrieben werden.

Vorsicht bei Angeboten aus dem Ausland

Noch prekärer kann die Lage bei Fonds werden, die gezielt im Ausland investieren. Bisher setzen manche Fondsmanager darauf, dass sie z.B. in Spanien, Großbritannien, Osteuropa oder den USA „intelligenter“ investieren als die einheimischen Anleger. Dass dies jedoch ein Trugschluss sein kann, haben wir schon mehrfach erlebt: Gerade Objekte, die aus dem Ausland gezielt deutschen Fondsmanagern oder auch direkt Sparern angeboten wurden, haben sich schon oft als Flops erwiesen.

Mit Verstand investieren

Als Konsequenz sollten Anleger jetzt vorsichtiger und, vor allem, mit gesundem Menschenverstand investieren. Schon ein Blick in die Rechenschaftsberichte offenbart oft, welche erheblichen Risiken existieren, z.B. bei Beständen an konjunkturell gefährdeten Standorten. Aber auch bei Auslandsimmobilien kann mit Recherchen im Internet festgestellt werden, wie unabhängige Experten die jeweilige Marktlage einschätzen. Sollten Zweifel an der Werthaltigkeit bestehen, erscheint ein baldiger Ausstieg sinnvoller als ein Festhalten an möglicherweise riskanten Positionen.

Neuengagements sollten Sie in jedem Fall zurückstellen, bis die Branche zu den bereits seit Langem angekündigten, aber immer nur halbherzig durchgeführten Neuordnun­gen findet. Hierzu zählt zum einen ein erhöhtes Maß an Transparenz bei der Immobilienbewertung, zum anderen aber auch die Beschränkung von Missbrauchsmöglichkeiten der Fondsanteile als kurzzeitiger Kapitalparkplatz. Wie dies funktionieren kann, hat die Schweiz bewiesen: Hier haben viele Fonds „Kündigungsfristen“ von bis zu einem Jahr, sodass die Fondsgesellschaft den Geldfluss wesentlich besser steuern kann.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(07):13-13