Prof. Dr. Reinhard Herzog
Anfangs mussten nur einige wenige Banken infolge der Finanzkrise zunächst ihre Partner, dann aber den Staat um Hilfe anrufen. Mittlerweile kommt fast keine größere Bank mehr ohne entsprechende Stützungsmaßnahmen aus – auch wenn sich manchmal der Verdacht aufdrängt, dass einige Geldhäuser die „Gunst der Stunde“ nutzen, um ihre Bilanzen wieder in schwarze Zahlen zu bringen.
Doch selbst wenn die Medien den Eindruck erwecken, das Geld „verschwinde“ einfach, so lässt sich die Problematik durchaus erklären. Geld vermehrt sich, wenn eine Bank einen Kredit vergibt. Sie investiert z.B. in die Geschäftsidee eines Kleinunternehmers, der sich dafür Maschinen kauft und einen Mehrwert schafft. Geht alles gut, kann er den Kredit mitsamt Zinsen planmäßig zurückzahlen. Der gesellschaftliche Wohlstand erhöht sich. Doch auch der Bank selbst gehört das ausgeliehene Geld nicht: Sie refinanziert sich z.B. bei ihrer Zentralbank und hinterlegt dafür Wertpapiere als Sicherheit. Auch dabei handelt es sich letztlich nur um ein Darlehen. Kurz gesagt: Die Summe aller Schulden entspricht der Summe allen Geldes. Solange das Wechselgeschäft aus Darlehen und Anlage funktioniert, gibt es keine Probleme und Banken erzielen Gewinne aus ihrem Geschäft. Denn mit der Zinsspanne decken sie nicht nur die Kosten etwa für das Personal und die Ausstattung ab, sondern auch den einen oder anderen Kreditausfall.
Abwärtsspirale bringt neue Verluste
Die Probleme beginnen, sobald es zu größeren Ausfäl- len kommt. Denn nun werden Abschreibungen erforderlich, die im günstigsten Fall aus den Rücklagen gedeckt werden können, im ungünstigsten Fall jedoch in die Insolvenz führen. So waren es zunächst die amerikanischen Eigenheimbesitzer, die ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten. Die kreditgebenden Banken gerieten in Schwierigkeiten und die Kurse der von ihnen ausgegebenen Aktien und Schuldverschreibungen brachen ein. Entsprechend mussten andere Unternehmen, die in diese Papiere investiert hatten, Verluste verbuchen. Die Folge war ein gesunkener Börsenwert, der wiederum neue Abschreibungen zur Folge hatte. Verstärkt wurde das Debakel diesmal noch durch den allzu freizügigen Weiterverkauf ganzer Forderungspakete in Form von Schuldverschreibungen, deren Konstruktion niemand mehr wirklich verstand.
Damit wird auch klar, wohin die Milliardenbeträge verschwinden. Es handelt sich um Werte, die in der vorangegangenen Hausse aufgebaut wurden. Beispiel US-Immobilien: Eigenheime, die vor zehn Jahren noch 150.000 US-$ gekostet hatten, waren zum Höhepunkt des Immobilienbooms 400.000 US-$ wert. Für die Differenz waren jedoch keinerlei Güter produziert worden, sie war nichts anderes als „heiße Luft“. Doch während die rechtzeitig ausgestiegenen Erst-Investoren gut verdient haben, wird jetzt letztlich die Allgemeinheit zur Kasse gebeten.
Eine Beruhigung der Lage ist erst dann zu erwarten, wenn die Kurse der verschiedenen Anlagen ein realistisches Niveau erreicht haben, das wieder Käufer anlockt. Vor allem ist jedoch eine Vertrauensbildung erforderlich: Solange Banken und Investoren stets in der Furcht leben, es könnten weitere Hiobsbotschaften bekannt werden, wird es keine Stabilisierung geben. Entsprechend gilt für private Anleger nach wie vor die Devise, die weitere Entwicklung abzuwarten und freie Gelder vorerst in sicheren Anlageformen zu „parken“.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(07):15-15