Steuer-Spartipp

Kindergeld und Kinderfreibetrag: Au-pair-Aufenthalt


Helmut Lehr

Als Berufsausbildung im Sinne des „Kindergeldrechts“ kann auch ein Sprachunterricht des Kindes im Rahmen eines Au-pair-Aufenthalts im Ausland anzusehen sein. Ob die Eltern des Au-pairs tatsächlich Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag erhalten, hängt dabei unter anderem davon ab, in welchem Umfang der Sprachunterricht absolviert wird.

Hinweis: Nach den einschlägigen Verwaltungsanweisun­gen1) ist die Ausbildung regelmäßig anzuerkennen, wenn ein begleitender Sprach­unterricht von wöchentlich zehn Unterrichtsstunden stattfindet, weil (nur) dann ein theoretisch-systematischer Unterricht vorliegen soll.

Fall aus der Praxis

Die volljährige Tochter arbeitete nach ihrer Schulausbildung für ein Jahr als Au-pair-Mädchen in England. Sie besuchte einen „ESOL Skills for Life Level 1-Kurs“, der gemäß vorgelegter Bescheinigung zweimal pro Woche zwei Stunden Unterricht vorsah. Tatsächlich nahm sie jedoch offenbar an sechs Unterrichtsstunden pro Woche teil. Die Familienkasse lehnte die Zahlung von Kindergeld für die Zeit des Au-pair-Aufenthalts mangels „Berufsausbildung“ ab.

Hinweis: Die Klage vor dem Finanzgericht München hatte keinen Erfolg2). Zwar könne eine Au-pair-Tätigkeit im Ausland wegen der damit verbundenen, allen Berufen förderlichen Sprachausbildung dem Bereich der Ausbildung zu­gerechnet werden. Allerdings müssten dazu besondere weitere Voraussetzungen erfüllt sein.

Notwendige Kriterien

Nach Ansicht des Finanzgerichts München kann eine Au-pair-Tätigkeit unter folgenden Voraussetzungen als Berufsausbildung für Zwecke des Kindergelds bzw. des Kinderfreibetrags anerkannt werden:

  • Nach der Ausbildungs-/Studienordnung des ange­strebten Studiums ist ein Auslandssprachaufenthalt erforderlich oder
  • der Aufenthalt wird von einem theoretisch-syste­matischen Sprachunterricht von mindestens zehn Unterrichtsstunden pro Woche begleitet oder
  • der Sprachkurs dient bei geringerer Stundenzahl der Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss und das Kind strebt diesen Abschluss an.

Hinweis: In letzterem Fall muss der Abschluss international oder zumindest in dem Land anerkannt sein, in dem das Kind die Berufstätigkeit anstrebt.

Revisionsverfahren anhängig

Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts München ist mittlerweile das entsprechende Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig3). Die obersten Steuerrichter werden voraussichtlich auch darüber entscheiden müssen, ob die „notwendigen“ zehn Wochenstunden auch durch zusätzliche Übungen bzw. Hausaufgaben erreicht werden können. Bis auf Weiteres sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die erforderlichen zehn Wochenstunden mit regulärem Unterricht erreicht werden, sofern der Auslandsaufenthalt nicht zweifelsfrei zur „Berufsausbildung“ gehört

Hinweis: Zu den für den Jahresgrenzbetrag (7.680 €) relevanten eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes zählt der Bundesfinanzhof neben eventuell erhaltenen „Taschen­geldern“ auch den (Sachbezugs-)Wert einer ggf. kostenfreien Unterkunft und Ver­pflegung des Kindes bei den ausländischen Gast­eltern4).

1) Vgl. Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs vom 5. August 2004, DA 63.3.2.5.
2) Vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 22. Januar 2008, Aktenzeichen 12 K 775/07.
3) Aktenzeichen III R 58/08.
4) Vgl. Urteil vom 24. Oktober 2004, Aktenzeichen VIII R 43/04.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(12):17-17