Ute Jürgens
Der Wille zur Fortbildung hängt zudem mit grundsätzlichen Erwartungen und Einstellungen zusammen, die der Apothekenleiter bezüglich seiner Mitarbeiter hat. Erwartet er etwa ein hohes Maß an Fortbildungsbereitschaft bzw. hat er die Einstellung, dass regelmäßige Besuche von Veranstaltungen Pflicht und selbstverständlich in der Freizeit zu leisten sind, wirkt er möglicherweise zu fordernd auf die Mitarbeiter. Fühlen sich diese unter Druck gesetzt, sind sie zu weniger Extraarbeit bereit, als wenn der Apothekenleiter den Seminarbesuch als besondere Leistung betrachtet und sich dementsprechend äußert.
Die Angestellten kommen ferner mit eigenen Erfahrungen aus anderen Betrieben. Sie haben unterschiedliche Erwartungen in Bezug auf die Bezahlung von Veranstaltungen und Freizeitausgleich. Für die Apothekenleitung ist es von Vorteil, die „Basis“ jedes einzelnen Mitarbeiters zu kennen.
Positive Anreize
Eine dauerhafte Motivation ist nur durch positive Anreize möglich:
- Grundsätzliches Motto: Locken funktioniert immer besser als Schieben.
- Nicht alle Angestellten reagieren gleich, unterschiedliche Anreize sind gefragt. Neben elementaren Vergünstigungen wie Freizeitausgleich freut sich jeder über Extras wie einen überraschenden Blumenstrauß oder einen gelegentlichen Buchgutschein.
- Lassen Sie sich als Leiter nicht entmutigen, wenn nach dem „Haken an der Sache“ gefragt wird oder Sie sich mal mit einem kleinen Bonus „verschätzt“ haben, weil etwas anderes gewünscht wurde. Manche Menschen haben hohe, andere geringe Erwartungen. Einige sind auch nur „stille Wasser“ und können ihre Freude nicht zeigen.
- Einen besonderen Anlass etwa für eine kleine Feier bieten auch die Fortbildungszertifikate der Kammern, die schwarz auf weiß Zeugnis abgeben von der Weiterqualifizierung.
- Welche Themen locken welchen Mitarbeiter? Fördern Sie vorhandene Stärken, schicken Sie auch mal eine Approbierte zu einem Dekokurs oder eine PKA zu einer PTA-Veranstaltung, wenn Sie entsprechendes Interesse beobachten. Vielleicht will jemand seine Fähigkeiten mit dem Computerprogramm verbessern oder andere nicht direkt pharmazeutische Fertigkeiten lernen, die trotzdem der Apotheke zugutekommen.
- Fragen Sie den Mitarbeiter „am Tag danach“, wie ihm die Fortbildung gefallen und was er konkret für sich mitgenommen hat. Wenn die Mitarbeiter diese Frage immer hören, bereiten sie sich innerlich darauf vor. Sie haben die Antwort parat und damit auch den Stoff des vergangenen Tages wiederholt. Zusätzlich bietet sich ein Fünf-Minuten-Referat bei der nächsten Teamsitzung an, so profitieren alle.
- Wenn die Mitarbeiter den Nutzen einer Veranstaltung für sich selbst erkennen, steigen die Energie und die Aufmerksamkeit für das Seminar. Sonst wird der Tag ggf. nur trotzig abgesessen.
- Visieren Sie gemeinsam mit dem Mitarbeiter sei-ne (Fern-)Ziele an. Wecken Sie Begehrlichkeiten und unterhalten Sie sich über eventuelle Weiterbildungskurse und andere umfangreiche Qualifizierungen.
- Vergewissern Sie sich über die persönliche Lage Ihres Gegenübers. Wenn momentane private Belastungen, gesundheitliche Unannehmlichkeiten oder Unstimmigkeiten mit Kollegen stärker sind als alles andere, fehlt jegliche Kraft für zusätzliche Arbeit.
- Manchmal besteht aus anderen Gründen keine Motivation. Der Betreffende fühlt sich fit in allen Wissensgebieten, ist vom Typ her eher bequem oder hat nur noch die in drei Jahren bevorstehende Rentenzeit im Sinn. Nehmen Sie die Herausforderung an und eruieren Sie, wie Sie „die Nuss knacken“ und den Angestellten motivieren können.
- Ihr Interesse am Mitarbeiter wirkt oft an sich schon motivierend. Wenn Sie fragen „Wieso fällt es Ihnen so schwer, zur Fortbildung zu gehen?“ oder paradox „Wieso glauben Sie, dass es für Sie besser ist, sich nicht fortzubilden?“ heißt das, dass Sie bereit sind, bei der Beseitigung von Hindernissen behilflich zu sein. Bei einer ausweichenden Antwort sollten Sie zunächst vielleicht lieber zurückhaltend reagieren und das Thema zu ei-nem späteren Zeitpunkt erneut ansprechen.
- Alles, was die Souveränität der Mitarbeiter unterstützt, ist eine sinnvolle Maßnahme zur Verbesserung der Motivation allgemein.
Demotivation
Demotivierend wirken alle Variationen von Zwang, geringe Wertschätzung der „Untergebenen“ und ihre Abwertung vor anderen, insbesondere vor den Kunden. Mitarbeiter, die für alles eingeteilt, unselbstständig gehalten werden und nur wenig selbst entscheiden können, werden in ihrer Arbeits- und Fortbildungslust behindert.
Leider gibt es auch Leiter, die aus verschiedenen Gründen die Fortbildung ihrer Mitarbeiter bewusst behindern. Einladungen zu Veranstaltun- gen und die Infozeitungen der Hersteller wandern direkt ins Altpapier, Seminarwünsche werden grundsätzlich abgeschlagen, weil nicht genug Personal da ist, oder die für einzelne Mitarbeiter interessanten Themen werden als überflüssig bezeichnet. Diese Chefs schöpfen sich Wasser ins eigene Boot und wundern sich dann über ihren schwerfällig dümpelnden Kahn und das frustrierte Personal an Bord.
Auch zuviel ist ungesund ! Eine andere „Bremsmethode“ besteht in der Ausübung von extremem Druck, zu bestimmten, vom Apothekenleiter verordneten Vorträgen zu gehen, und Sanktionen, falls man nicht jede Woche an einer betriebsinternen Firmenschulung etc. teilnimmt. Hier wird zuviel des Guten verlangt, der freie Wille des Angestellten wird missachtet und die eigene Motivation kann nicht reifen.
Falls Sie grundlegend am Thema Fortbildungsmotivation „arbeiten“ möchten, gibt es mehrere Möglichkeiten: das Mitarbeitergespräch, die Teamsitzung oder einen Fragebogen. Letzterer wird sinnvollerweise den anderen beiden Möglichkeiten vorgeschaltet. Wenn Sie ehrliche Antworten möchten, halten Sie ihn anonym; falls Mitarbeiter über einzelne Punkte offen sprechen möchten, werden sie das von sich aus tun. Versuchen Sie zu verhindern, dass die Mitarbeiter vor dem Ausfüllen über den Bogen untereinander diskutieren, sonst schreiben alle das Gleiche.
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Ute Jürgens, Kommunikations-
trainerin und Einzelcoach,
KomMed, 28865 Lilienthal,
E-Mail: KomMed@freenet.de
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(12):9-9