Apothekenrecht

Zulässige Gestaltungsmöglichkeiten bei Insolvenz einer Apotheke


Dr. Christine Ahlheim

Mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird dem Apothekeninhaber die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen als unabdingbare Voraussetzungen für die Apothekenführung entzogen. Eine Apothekenschließung kann dennoch verhindert werden.

Das Thema Insolvenz war für Apothekerinnen und Apotheker lange Zeit nicht existent. Inzwischen geraten aber auch Apotheken in bedrohliche betriebswirtschaftliche Krisen.

Zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens kann zunächst außergerichtlich über eine „vergleichsweise“ Einigung mit den Gläubigern zur Reduzierung der Verbindlichkeiten verhandelt werden. Wenn der außergerichtliche Sanierungsversuch scheitert, geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers der Apothekenerlaubnis gemäß §80 Absatz 1 der Insolvenzordnung (InsO) dessen Recht, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf einen Insolvenzverwalter über. Ab diesem Zeitpunkt kann der Erlaubnisinhaber und Insolvenzschuldner die Apotheke nicht mehr den gesetzlichen An­forderungen entsprechend selbstständig führen. Auch der Insolvenzverwalter darf die Apotheke nicht selbst fortführen, da ihm die fachlichen Voraussetzungen dazu fehlen.

Meist folgt daher die Schließung und der Verkauf der Apotheke. Dies ist allerdings keine zwingende Folge, denn die Apothekenbetriebserlaubnis erlischt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht.

Welche Anforderungen an die Fortführung einer Apotheke bei Insolvenz des Betriebs­erlaubnisinhabers bestehen, lässt sich in der wenig bekannten, aber aufschlussreichen Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts (Beschluss vom 7. Juni 2002, Aktenzeichen 14 A 51.02), bestätigt durch das Oberverwaltungsgericht Berlin (Beschluss vom 18. Juni 2002, Aktenzeichen 5 S 14.02) nachlesen.

Dem Verfahren lag die aufsichtsbehördliche Schließung einer Apotheke zugrunde, die unerlaubt durch einen Insolvenzverwalter betrieben wurde. Um die Fortführung des Apothekenbetriebs während des laufenden Insolvenzverfahrens zu ermöglichen, hatte der Insolvenzverwalter der Apothekerin als Insolvenzschuldnerin die mit dem Weiterbetreiben ihrer Apotheke verbundenen pharmazeutischen Aufgaben im Wege einer „generellen Erlaubnis“ übertragen. Die Kompetenzverteilung sah vor, dass sich der Insolvenzverwalter nicht in den Apothekenbetrieb vor Ort einmischen, sondern nur den Zahlungsverkehr und Forderungseinzug wahrnehmen sollte. Das Verwaltungsgericht wies den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die im Wege des Sofortvollzugs vorgenommene Schließung der Apotheke zurück. Die dagegen mit der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht vorgebrachten Gründe rechtfertigten keine andere Entscheidung.

Strenge Anforderungen des Apothekengesetzes

Gemäß §23 des Gesetzes über das Apothekenwesen (ApoG) sei das Betreiben einer Apotheke ohne die erforderliche Erlaubnis „strafbewehrt“. §23 ApoG umfasse mit dem Tatbestandsmerkmal „Betreiben“ auch das „Mitbetreiben“, d.h. die Übernahme bestimmter betrieblicher Aufgaben ohne entsprechende Betriebserlaubnis. Denn das ApoG verlange grundsätzlich die eigenverantwortliche Leitung des Betriebs sowohl in pharmazeutischer, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht aus einer Hand, um die indirekte Einflussnahme seitens Dritter auszuschließen. Der Insolvenzverwalter werde zum „Mitbetreiber“ der Apotheke ohne apothekenrechtliche Betriebserlaubnis, denn die gewählte Konstruktion sei apothekenrechtlich nicht vorge­sehen.

Der tatsächliche Betrieb einer Apotheke außerhalb der gesetzlich abschließend geregelten Organisationsformen sei bereits als ausreichende Gefährdungssituation anzu­sehen. Der Gesetzgeber habe mit den strikten, keine Ausnahme zulassenden Regelungen des Apothekengesetzes jeder vom Betrieb einer Apotheke abstrakt ausgehenden Gefahr für die Volksgesundheit von vornherein vorbeugen wollen. Eine Ar­gumentation allein auf der Grundlage des Insolvenzrechts verkenne, dass das ApoG an die Zulässigkeit des Betreibens einer Apotheke Anforderungen stellt, die nicht unterschritten werden dürfen.

Alleinige Eigen­verantwortlichkeit

Die Pflicht des Erlaubnisinhabers zur persönlichen Leitung in eigener Verantwortung gemäß §7 ApoG, das Verbot der auch stillen Beteiligung Dritter gemäß §8 ApoG, die durch die §§9 und 13 ApoG eng gezogenen Grenzen bei Verpachtung bzw. Verwaltung einer Apotheke sowie das Verbot von Absprachen mit Ärzten, Herstellern und Händlern bekräftigten die geforderte alleinige Eigenverantwortlichkeit des Erlaubnisinhabers beim Betreiben der Apotheke, die eine Aufspaltung der Verantwortlichkeiten nicht zulasse.

Bedeutsam ist die Feststellung der Richter, dass den Belangen des Insolvenzverwalters sowie der Schuldnerin durch Verpachtung gemäß §9 Absatz 1 Nr. 1 ApoG oder im Wege der Eigenverwaltung gemäß §§270 ff InsO Rechnung getragen werden könne.

Ausweg: Verpachtung oder Eigenverwaltung

Beim Pachtvertragsabschluss handelt der Insolvenzverwalter anstelle des Insolvenzschuldners. Der betroffene Apotheker ist verpachtungsberechtigt, weil er wegen des laufenden Insolvenzverfahrens die Apotheke vorübergehend nicht selbst betreiben kann.

Auch der Weg der Eigenverwaltung gemäß §§270 ff. InsO kann eine apothekenrechtskonforme Weiterführungsmöglichkeit eröffnen. In besonderen Fallkonstellationen, so auch bei der Insolvenz eines Heilberuflers, kann es vorteilhaft sein, wenn der Schuldner sein Unternehmen behält, um es im eigenen Namen fortzuführen.

Anstelle eines Insolvenzverwalters wird ihm vom Insolvenzgericht gemäß §270 Absatz 3 Satz 1 InsO ein Sachwalter zur Seite gestellt. Der Apotheker darf zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes einen vereinbarten Betrag entnehmen. Nachdem die Eigenverwaltung eingerichtet ist und der Betrieb wieder reibungslos läuft, wird ein Plan erstellt, um die Gläubiger abzufinden und das Unternehmen zu sanieren.

Die Eigenverwaltung ist allerdings an enge Vorraussetzungen geknüpft. Zunächst muss der Schuldner über den von ihm gestellten Insolvenzantrag hinaus gem. §270 Absatz 2 Ziffer 1 InsO die Eigenverwaltung ausdrücklich beantragen. Soweit der Insolvenzantrag von einem Gläu­biger gestellt wurde, ist die Anordnung einer Eigenverwaltung nur möglich, wenn der antragstellende Gläubiger dem Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung zustimmt. Die Hinzuziehung eines erfahrenen Beraters ist hierbei unbedingt anzuraten.

Weitere rechtliche Konsequenzen hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft haben unternehmerisch gescheiterte Apotheker grundsätzlich nicht zu befürchten. Bei der Prüfung ihrer Zuverlässigkeit wird eine Prognose erstellt, ob der Erlaubnisinhaber in Zukunft durch Ausübung einer Betriebserlaubnis eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt. Die wirtschaftliche Insolvenz allein ist kein solches Indiz. Anders ist es beim Vorliegen strafbarer Handlungen, die der Apotheker möglicherweise zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage begangen hat.

Dr. Bettina Mecking,
Justiziarin der Apothekerkammer Nord­rhein,
Fachanwältin für Medizinrecht,
40213 Düsseldorf,
E-Mail: b.mecking@aknr.de

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(17):10-10