Steuer-Spartipp

Ausbildung: Studienkosten voll abzugsfähig


Helmut Lehr

Seit 2004 sind die Aufwen- dun­gen für ein Erststudium – außerhalb eines Dienstver­hältnisses – nur noch bis zu 4.000 € jährlich als Sonderausgaben abzugsfähig1). Damit hat der Gesetzgeber die für die Jahre zuvor ergangene steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs praktisch ausgehebelt.

Musterverfahren

Bis vor Kurzem war vor dem Bundesfinanzhof ein sogenanntes Musterverfahren anhängig, in dem u.a. verfassungsrechtliche Zweifel an der „Abzugsbegrenzung“ geltend gemacht wurden2). Geklagt hatte eine (jetzige) Lehrerin, die in ihrer Einkommensteuererklärung 2005 rund 6.500 € als vorweggenommene Werbungskosten für ihr Erststudium (Lehramt) geltend gemacht hatte. Dabei handelte es sich um Fahrtkosten zur Universität, Studien­gebühren und Aufwendungen für Arbeitsmittel. Das Finanzamt hatte lediglich 4.000 € als Sonderausgaben anerkannt.

Hinweis: Im Streitfall ist allerdings die Besonderheit zu beachten, dass die Lehrerin vor Aufnahme ihres Erststudiums bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung zur Buchhändlerin absolviert hatte. Das bedeutet, dass das erstmalige Studium nicht zugleich auch die erstmalige Berufsausbildung war.

Grundsatzentscheidung

Der Bundesfinanzhof hat nun entschieden, dass die Kosten in voller Höhe als vorweg­genommene Werbungskosten anzuerkennen sind3). Die Vorschrift des §12 Nummer 5 Einkommensteuergesetz steht danach einem Abzug von Aufwendungen als Werbungs­kosten für ein Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung nicht entgegen.

Hinweis: Zu den von der Klägerin geäußerten verfassungs­rechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift hat sich der Bundesfinanzhof leider nicht geäußert, weil diese nicht entscheidungserheblich waren.

Bedeutung des Urteils

Die Rechtsprechung hat wesentliche Bedeutung für all diejenigen Fälle, in denen ein Studium nach bereits abgeschlossener Berufsausbildung absolviert wird und das Finanzamt die Aufwendungen lediglich in Höhe von maximal 4.000 € pro Kalenderjahr an­erkennt, weil es sich um ein Erststudium handelt.

Hinweis: Schon bislang haben die Finanzämter die Ausgaben für ein Master-, Zweit-, Zusatz-, Ergänzungs- oder Aufbaustudium bei einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit einer späteren beruflichen Tätigkeit als Werbungskosten akzeptiert4).

Klassisches Erststudium

Von der Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs hatte man sich auch ein klares Signal für solche Fälle erwartet, in denen das Erststudium direkt nach dem Abitur – also ohne vorherige Berufsausbildung – aufgenommen wird. Die Aussagen hierzu sind jedoch nicht eindeutig. Danach erfasst das grundsätzliche Abzugsverbot, das allerdings mit einem Sonderausgabenabzug von bis zu 4.000 € jährlich einhergeht, laut Bundesfinanzhof „allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet“.

Legt man das Wörtchen „allenfalls“ im Sinne von „wenn überhaupt“ aus, könnte es durchaus sein, dass der Bundesfinanzhof diese Frage in einem geeigneten Verfahren nochmals ausführlich prüfen wird. Insofern besteht auch für das klassische Erststudium noch (etwas) Hoffnung auf steuerliche Anerkennung.

1) Vgl. §12 Nummer 5 und §10 Absatz 1 Nummer 7 Einkommen­steuergesetz.
2) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 11 vom 1. Juni 2007, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 17.
3) Urteil vom 18. Juni 2009, Akten­zeichen VI R 14/07.
4) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 2 vom 15. Januar 2006, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 19.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(20):17-17