Prof. Dr. Reinhard Herzog
Unternehmensanleihen spielten in Deutschland lange Zeit keine besondere Rolle: Anleger setzten auf Staatspapiere oder von Banken herausgegebene Inhaberschuldverschreibungen. Hingegen wurden Unternehmensanleihen allenfalls dann gewählt, wenn es sich um besonders renditestarke Papiere handelte.
Entsprechend groß war der Absturz des Marktes Ende 2008: Als nach den spektakulären Pleiten renommierter Emittenten (u.a. Lehman Brothers, General Motors) insbesondere institutionelle Anleger größere Volumina zum Verkauf stellten, hielten sich private Anleger – sonst oft die Stütze des Marktes – zurück. Die Folge: Die Kurse brachen ein. Viele Papiere selbst renommierter Unternehmen kosteten nur noch 80, 70 oder weniger Prozent ihres Nennwerts und waren dennoch weitgehend unverkäuflich. Die Renditen schnellten auf mehr als 8% p.a., manche Papiere aus der zweiten Reihe brachten sogar zweistellige Ertragssätze.
Mittlerweile hat sich die Marktlage grundlegend geändert: Staatspapiere bieten aufgrund der damit verbundenen Sicherheit so niedrige Zinsen, dass kaum die Abgeltungssteuer und die Inflationsrate „verdient“ werden. Aber auch Bankschuldverschreibungen werden immer seltener aufgelegt, setzt man in diesem Sektor doch verstärkt auf hauseigene Produkte – die dem Anleger zwar nur niedrige Zinsen bringen, dem Emittenten aber den Vorteil der Unkündbarkeit über mehrere Jahre bieten.
Hohe Erträge
Informierte Anleger suchen daher nach Lösungen, ihr Geld zu höheren Renditesätzen bei angemessenen Risiken zu investieren. Und jetzt sind es gerade die Unternehmensanleihen, die mit einer bisherigen Jahresperformance von oft mehr als 10% in den Fokus rücken. Das Kaufinteresse ist so groß, dass manche Papiere nur noch mit Geduld und entsprechenden Preiszugeständnissen an der Börse erworben werden können. Die Emittenten sehen diese Entwicklung gern: Da Bankkredite vor dem Hintergrund der Finanzkrise teuer geworden sind und oft sogar mangels Bonität verweigert werden, legen sie eigene Anleihen in großen Volumina auf. Bis zum Juli 2009 wurden bereits Firmenbonds für über 220 Mrd. € in Umlauf gebracht, mithin schon weit mehr als im Boomjahr 2001, als Papiere für 181 Mrd. € neu auf den Markt kamen.
Diese Marktbelebung hat allerdings auch Schattenseiten. Lag der Renditevorsprung von Unternehmensanleihen gegenüber Staatspapieren zu Jahresbeginn noch bei durchschnittlich 4%-Punkten, so ist er mittlerweile auf unter 2%-Punkte geschrumpft. Gleichzeitig haben sich die Renditedifferenzen zwischen Papieren mit gesicherter Bonität und Titeln aus der zweiten und dritten Reihe deutlich reduziert. Und nicht zuletzt nützen auch Emittenten mit schwachem finanziellem Background das gestiegene Interesse, um sich preiswert am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Das Risiko tragen letztlich jedoch die Anleger, da in den kommenden Monaten noch mit mancher Unternehmenspleite gerechnet werden muss.
Risiken prüfen
Unternehmensanleihen stellen durchaus eine überlegenswerte Depotbeimischung dar. Vor dem Kauf sollten Sie allerdings die Risiken genau prüfen – etwa anhand der Bonitätsbewertung von Ratingagenturen. Auch eine hohe Spanne zwischen Geld- und Briefkurs an der Börse signalisiert gewisse Gefahren. Hingegen darf allein ein „bekannter Name“ noch längst kein Kaufkriterium sein.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2009; 34(20):14-14