Steuer-Spartipp

Außergewöhnliche Belastung: Umbauten wegen Behinderung


Helmut Lehr

Krankheitskosten im engeren Sinn können in der Regel als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Hierzu zählen zum Teil auch Mehraufwendungen, die wegen einer Behinderung entstehen. Kostenintensive Um­baumaßnahmen an bzw. in der eigenen Wohnung werden allerdings nur in seltenen Fällen von der Finanzverwaltung anerkannt. So sollen die Aufwendungen für die Ausstattung eines Einfamilienhauses mit einem Fahrstuhl und eine behindertengerechte Bauausführung (Einbau breiter Türen, ei­nes großen Bades etc.) grundsätzlich keine außergewöhnli­chen Belastungen darstellen1).

Gegenwert als K.-o.-Kriterium?

Der Abzug vergleichbarer Aufwendungen scheitert aus Sicht der Finanzämter in der Regel an der sogenannten Gegenwerttheorie. Diese wurde in der Vergangenheit durch die Rechtsprechung geprägt und wird von der Finanzverwaltung nach wie vor „dankbar“ aufgegriffen. Die Argumentation lautet dann: Durch den Einbau eines Fahrstuhls, einer Rollstuhlrampe oder eines behindertengerechten Bades erhöhe sich der Wert des Objekts, weil diese Einrichtungen auch von nicht behinderten Menschen genutzt werden könnten und somit kein verlorener Aufwand vorliege.

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 22. Oktober 20092) dieser pauschalen Sichtweise eine klare Absage erteilt und Folgendes entschieden: Aufwendungen für den behin­dertengerechten Umbau eines Hauses können ungeachtet eines etwa erlangten Gegenwerts als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein. Im Streitfall hatten Eheleute, nachdem der Mann einen Schlaganfall erlitten hatte, ihr Haus aufwendig umbauen lassen. Die Kosten für eine Rollstuhlrampe, ein neues Bad und die Umgestaltung des Arbeitszimmers in einen Schlafraum (insgesamt rund 140.000 DM) wurden sowohl vom Finanzamt als auch vom Finanzgericht zu­nächst nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt.

Hinweis: Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs liegt ein Gegenwert, der den Abzug als außergewöhnliche Belastung möglicherweise ausschließt, allenfalls dann vor, wenn dieser durch ein Sachverstän­digengutachten belegt wird. Allein die theoretische Möglichkeit, nicht behinderte Men­schen/Angehörige könnten die „Umbauten“ ebenfalls nutzen, genügt hier nicht.

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Die Rechtsprechung zu vergleichbaren Aufwendungen war in der Vergangenheit sehr uneinheitlich3). Aus Sicht des Steuerbürgers ist erfreulich, dass die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs von dem seit 2009 nun allein für die außergewöhnlichen Belastungen zuständigen VI. Senat gefällt wurde und daher Kontinuität verspricht. Dies sollte auch gegenüber den Finanzbehörden deutlich gemacht werden.

Hinweis: Ein sofortiger Abzug der in der Regel recht hohen Kosten für Umbaumaßnahmen ist wegen des progressiven Steuertarifs steuerlich nicht immer die beste Lösung. Eventuell sollte deshalb auch über eine Verteilung der Aufwendungen über mehrere Jahre nachgedacht werden. Die Finanzverwaltung hat sich in der Vergangenheit bereits für eine Verteilung der Kosten über die „Nutzungsdauer“ ausgesprochen – zumindest hinsichtlich der behinderungsbedingten Umbaumaßnahmen bei einem Kfz4). Generell könnte es sich als sinnvoll erweisen, im Vorfeld einer größeren Umbaumaßnahme eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung zu suchen.

1) Vgl. H 33.1-33.4 Einkommen­steuer-Hinweise 2008, Stichwort: Behindertengerechte Ausstattung.
2) Aktenzeichen VI R 7/09.
3) Vgl. auch AWA -Ausgabe Nr. 8 vom 15. April 2008, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 17.
4) Vgl. Oberfinanzdirektion Frankfurt/ Main, Verfügung vom 13. November 2008, Aktenzeichen S 2284 A - 46 - St 216.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(05):17-17