Kooperationen

Drei Fragen an Prof. Dr. Dieter Benatzky


Dr. Christine Ahlheim

Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf/Oberbayern und emeritierter Professor für Marketing an der Fachhochschule Rosenheim.

?Welche Überlegungen sollte jeder Apotheker anstellen, bevor er einer Kooperation beitritt?

Eine Kooperation muss zunächst einmal eine Größe besitzen, welche kooperative Vorteile ermöglicht. Hierzu gehören z.B. Einkaufsvorteile, Werbevorteile und Vorteile durch Bekanntheitsgrad und Image. Schließlich sollte die Kooperation erfolgreich sein, also einen ständigen Mitgliederzuwachs haben. Erfolgreiche Kooperationen haben immer zwei Ursachen: Die Professionalität der Kooperations-Zentrale und die Professionalität der kooperierten Apotheken.

Kooperationen sind kein Unterschlupf für schwache Apotheken, sondern eine Gruppe professionell geführter Apotheken, die mit der Koopera­tion ihren Auftritt und Erfolg beständig weiterentwickeln wollen.

Weiter werden die Kooperations-Konditionen und -Leistungen zu prüfen sein. Diese Überlegungen relativieren sich jedoch. Wichtiger ist die Frage, ob und wie die gesamten Kooperations-Leistungen genutzt werden können und wie das Kooperations-Konzept zur eigenen Apotheke passt.

Dieser Kooperations-Fit ist wohl das entscheidende Kri­terium, welches zu prüfen ist. Der Fit muss mindestens auf den folgenden drei Ebenen stimmen, auf der Ebene der Profilbildung bzw. Apothekenkonzeption, auf der organisatorischen Ebene und auf der Ebene der eingesetzten Marketinginstrumente. Das Resultat ist ein Apothekenteam, das sich mit der Kooperation identifiziert. Damit werden die kooperativen Leistungen vollständig genutzt und erfolgreich zum Apothekenkunden getragen.

? Wo sehen Sie die Möglichkeiten für Eigenmarken von Kooperationen?

Handelsmarken können für Apotheken eine sehr interessante Option sein. Sie tragen zur Verbesserung der Ertragssituation bei, sie fördern die Kundenbindung und sie sichern vor allem die Profilbildung der Apotheke gegen­über dem Wettbewerb. Eine Befragung von Handelsunternehmen (Nicht-Apotheken) der Universität Münster hat gezeigt, dass beim Ranking der Handelsmarken-Ziele die Profilbildung an erster Stelle steht, gefolgt von der Kundenbindung und der Ertragssteigerung.

Eigenmarken können nur dann erfolgreich werden, wenn die Apotheken-Kooperation si­cher­stellt, dass der Markenwert ihrer Eigenmarken entwickelt wird. Hierzu müssen Markenprägnanz und Markenbekanntheit aufgebaut werden. Da Markenwerbung im größeren Stil naturgemäß entfällt, kann die Prägnanz nur über das Produkt selbst und über das Profil der Apotheke aufgebaut werden. Die Bekanntheit wird ausschließlich über die Marketinginstrumente der Apotheke, insbesondere über die Platzierung, über Kauf und Wiederkauf entwickelt. Dies kann ein langwieriger und schwieriger Weg sein.

Wenn die kooperierenden Apotheken hier nicht durchhalten und die Eigenmarken trotz schleppendem Absatz platzieren und empfehlen, werden kritische Distribution und kritischer Absatz nicht erreicht. Die nicht zu unterschätzende Kapitalbindung wird ein Ärgernis und der Produktflop mit den negativen Folgen für das Image ist vorprogrammiert.

Damit Eigenmarken erfolgreich sind, ist ein klares Konzept erforderlich. Eigenmarken können für Versorgungsprodukte der Freiwahl als klassische Handelsmarke oder aber auch als Gattungsmarke geführt werden. Wichtig ist hier die Platzierung neben dem Marktführer der Warengruppe.

Erlebnis- oder High-Involvement-Produkte können als klassische Handelsmarke und darüber hinaus als Premiummarke geführt werden. Voraussetzung für einen nachhaltigen Erfolg ist hier allerdings eine exzellente Beratung durch das Apothekenteam. Wenn dies gewährleistet ist, können sich Eigenmarken auch als Sortimentsmarken erfolgreich durchsetzen.

? Was empfehlen Sie Apothekern, die in keine Kooperation passen und Einzelkämpfer bleiben?

Wer im Nicht-Rx-Bereich die Vorteile einer Kooperation nicht nutzt, gerät im Wettbewerb gegenüber kooperie­ren­den Apotheken immer stärker ins Hintertreffen. Allein auf die Einkaufsvorteile und Marketingmöglichkeiten einer Ko­operation kann meistens nicht mehr verzichtet werden.

Wenn man dann noch an den Wettbewerb professionell geführter Franchise-Filialketten oder aber an das Erscheinungsbild von Drogeriemärkten denkt, dann ist für Apotheken die Unterstützung durch eine professionelle Apothekenkooperation sehr wichtig.

Selbstverständlich kann man auch erfolgreich Einzelkämpfer bleiben. Das ist in den folgenden drei Fällen mögli

  • Erstens Lage: Hierzu gehören alle Apotheken, die sich im Wesentlichen auf das Rx-Geschäft stützen und im Ärztehaus oder im Medizinischen Versorgungszentrum angesiedelt sind. Außerdem gehören hierzu Apotheken in abolut hochfrequentierten Lagen. Ihr entscheidender Marketingvorteil ist eben diese Lage, und da spielen häufig an­dere Instrumente gar keine Rolle. Allerdings bringen im Nicht-Rx-Bereich Einkaufskonditionen sofort spürbare Ergebnissteigerungen. Hier kann auch der pharmazeutische Großhandel interessante Angebote machen, insbesondere wenn die Vorteile einer Minimierung von Lagerhaltung und Kapitalbindung berücksichtigt werden.
  • Zweitens Profil: Apotheken in einer Nischenposition, die sich mit einem ganz spezialisierten Angebot profiliert haben, finden keine passende Kooperation und sie brauchen auch keine. In diesem Fall entwickelt die Apotheke alle Vorteile einer einzigartigen Profilierung selbstständig.
  • Drittens Größe und Marktbedeutung: Apotheken, die an ihrem Platz als „Local Hero“ eine überragende Marktbedeutung besitzen und – möglicherweise mit ihren Filialapotheken – eine entsprechende Größe aufweisen, bieten eine Professionalität, die sie von Apothekenkooperationen unabhängig macht.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(05):3-3