Prof. Dr. Reinhard Herzog
Fragt man einen Bankberater nach den „besten“ Aktien, erntet man meist ein Schulterzucken. Die individuelle Beratung ist im Aktiengeschäft zum Erliegen gekommen. Zu groß ist die Sorge um mögliche Regressforderungen, zu verlockend sind die Erträge, die sich mit der Empfehlung etwa von Investmentfonds erzielen lassen. Dabei bietet die Börse durchaus Chancen auf überdurchschnittliche Erträge.
Informationsquelle Internet
Das Internet ist inzwischen zum unverzichtbaren „Anlageberater“ geworden. Aktuelle Kurse und Umsatzzahlen, Kursgrafiken und fundamentale Auswertungen etwa nach der Dividendenrendite werden von zahlreichen Dienstleistern kostenfrei angeboten. Daneben werben Diskussionsforen, Börsen-Blogs und nicht zuletzt professionelle Börsenbriefe für den Einstieg am Aktienmarkt. Bis vor wenigen Jahren spielten die Homepages der Unternehmen bei der Entscheidungsfindung kaum eine Rolle: Zu einseitig, oftmals veraltet und nicht zuletzt unübersichtlich präsentierten sich die meisten Aktiengesellschaften im Netz. Dies hat sich mittlerweile grundlegend geändert. Die meisten Unternehmen haben erkannt, dass nicht nur die Käufer ihrer Produkte umworben werden wollen, sondern auch die „Geldgeber“ – sprich: Aktionäre. Zudem haben der Gesetzgeber und die Börsenbetreiber mit entsprechenden Vorschriften zu mehr Transparenz beigetragen.
Für den Anleger spielen dabei insbesondere zwei Rubriken eine Rolle: die Bereiche „Investor Relations“ sowie „Presse“, die oft vergleichbare Informationen enthalten. Zu finden sind sie meist direkt über die Startseite der Aktiengesellschaft, bei Firmen mit umfangreichen Produktinformationen muss manchmal der Umweg über die Rubik „Konzern“ oder „Unternehmen“ gewählt werden.
Unter „Investor Relations“ geben die meisten Firmen einen kurzen Überblick über ihren geschichtlichen Hintergrund, der oft amüsant zu lesen ist, aber keine konkrete Anlagehilfen bietet. Ähnliches gilt meist bei den Zielen, erschöpfen sich hier die Aussagen doch oft in nichtssagenden Angaben wie eine Verbesserung der Performance, die Entwicklung neuer Wachstumsmöglichkeiten und die Optimierung des Produktportfolios. Spannender ist da schon die Rubik „News“: Hier finden sich mehr oder minder ausführliche Darstellungen der jüngsten Unternehmensentwicklung, neuer Produkte und aktueller Zahlen. In enger Verbindung dazu stehen die Geschäfts- und Zwischenberichte, die unverzichtbare Grundlage jeder fundierten Anlageentscheidung sein sollten. Noch mehr gilt dies für den „Ausblick“, denn hier lässt sich erkennen, ob man in den Vorstandsetagen eher optimistisch oder skeptisch ist. In jedem Fall sollten Anleger den Finanzterminkalender beachten: Oft lohnt es sich, vor dem Kauf erst den nächsten Termin einer Ergebnisveröffentlichung abzuwarten.
Hintergrundwissen lässt sich unter „Corporate Governance“ und hier beim Unterpunkt „Directors´ Dealings“ gewinnen, denn dort müssen die Unternehmen Wertpapiertransaktionen ihrer Vorstandsmitglieder veröffentlichen.
Keinesfalls sollten Sie sich allerdings von den Homepage-Informationen blenden lassen, denn eine gewisse Einseitigkeit lässt sich kaum vermeiden. Zusammen mit anderen Daten und Fakten erleichtern sie jedoch durchaus die Bewertung einer Aktie und damit die Anlageentscheidung.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(11):12-12