Immobilienfinanzierungen

Ein Darlehensverkauf erfordert besondere Wachsamkeit


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Käufer von Immobilien haben derzeit allen Grund zur Freude: Noch nie waren die Zinsen so niedrig wie in diesem Jahr, auch bei der vertraglichen Gestaltung zeigen sich viele Institute verhandlungsbereit. Bei Altkunden ist man indes deutlich restriktiver.

Für Aufregung sorgte unlängst ein Schreiben der zur WestLB zählenden WestImmo an rund 3.000 Darlehenskunden: Die Forderung, so war zu lesen, sei an die – in Finanzkreisen bisher weitgehend unbekannte – „Erste Abwicklungsanstalt“ übertragen worden. Alle Zins- und Tilgungszahlungen würden künftig von diesem Kredit­institut eingezogen, das gleich­zei­tig alleiniger Ansprechpart­ner für alle Vertragsfragen sei.

Grund zur Sorge besteht zumindest in diesem Fall jedoch zunächst nicht: Bei der „Ers­ten Abwicklungsanstalt“ handelt es sich um eine „Bad Bank“ der WestLB, die mit dem Ziel gegründet wurde, die Bilanz des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts zu stabilisieren. Hier werden u.a. unsicher erscheinende Wertpapierbestände eingebracht, aber auch – wie bei der Immobilienfinanzierung – ganze Geschäftsbereiche. Die Übertragung basiert also nicht unbedingt auf bonitätsmäßigen Bedenken, sondern in erster Linie auf strategischen Überlegungen. Eigentümer der „Ersten Abwicklungsanstalt“ sind im Übrigen u.a. das Land Nordrhein-Westfalen sowie mehrere Sparkassenverbände, denen schon aus eigenem Interesse an einer seriösen Geschäftsbeziehung gelegen sein sollte.

„Kredithaie“ als Käufer

Doch nicht jeder Forderungsverkauf ist derart unproblematisch: In den vergangenen Jahren haben auch zahlreiche andere Kreditinstitute ihre Darlehensbestände an meist ausländische Finanzgesellschaften verkauft, denen lediglich an einer schnellen Abwicklung der Forderungen gelegen war. Mit rüden Methoden wurden Darlehens­nehmer unter Druck gesetzt, die Zinsen im Rahmen der vertraglichen Möglichkeiten drastisch erhöht und schon im Fall kleinster Unregelmäßigkeiten bei den Tilgungszahlungen Zwangsvollstreckungen eingeleitet. Erst der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 30. März 2010 (Aktenzeichen XI ZR 200/09) verschiedene Vorgaben gemacht, die dem Darlehensnehmer einen gewissen Schutz bieten.

Für betroffene Kreditkunden ergeben sich daraus mehrere Konsequenzen. Vergleichsweise sicher sind sie, solange sie die Zins- und Tilgungsraten planmäßig leisten. Dann ist auch der neue Geldgeber an das Vertragswerk gebunden und kann – zumindest rechtlich – keine Schritte zur schnellen Auflösung des Vertrags einleiten. Ist der Kunde allerdings mit seinen Zahlungen im Rückstand, wird meist nicht lange diskutiert: Insbesondere dann, wenn einer vergleichsweise niedrigen Forderung hohe Sicherheiten in Form von Grundschulden gegenüberstehen, wird oftmals innerhalb kür­zester Zeit die Zwangsversteigerung eingeleitet.

Aber auch bei Ende der Zinsfestschreibung kommt für viele betroffene Darlehensnehmer ein böses Erwachen: Da Abwicklungsgesellschaf­ten die Kunden schnell loswerden möchten, werden oftmals weit überhöhte Zinsen für die Anschlussfinanzierung verlangt, meist wird auch kein neues Darlehen angeboten. Gut beraten sind betroffene Kunden also, wenn sie sich bereits frühzeitig nach einem anderen Geldgeber umsehen. Da dies bei kleineren Restsummen schwierig werden kann – eine Immobilien­finanzierung rechnet sich für die Bank erst ab rund 100.000 € – sollte als Alternative auch die Rückzahlung aus eigenen Ersparnissen in Betracht gezogen werden.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(16):16-16