Helmut Lehr
Seit dem Jahr 2004 sind die Kosten für ein erstmaliges Studium grundsätzlich nur noch begrenzt als Sonderausgaben (maximal 4.000 €/Jahr) abzugsfähig. Ein voller Kostenabzug ist nur möglich, wenn das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert wird, z.B. als Beamtenanwärter.
Hinweis: Wir hatten darüber berichtet1) , dass der Bund der Steuerzahler eine Klage vor dem Finanzgericht Münster unterstützt, und empfohlen, ablehnende Bescheide bis auf Weiteres offenzuhalten.
Bundesfinanzhof muss nun entscheiden
Zwischenzeitlich hat der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. mitgeteilt2) , dass ein Musterverfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig ist3) . Deshalb haben Studierende nun die Möglichkeit, die Kosten für ihr Erststudium als (vorweggenommene) Werbungskosten/Betriebsausgaben geltend zu machen, gegen ablehnende Bescheide Einspruch einzulegen und ein Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Ein eigenes Klagerisiko ist damit zunächst nicht verbunden. Die Finanzverwaltung muss diesen Anträgen jetzt zustimmen.
Hinweis: Wer vor seinem Studium schon eine Berufsausbildung abgeschlossen hat, kann sich auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs berufen. Danach greift die Abzugsbegrenzung (4.000 €/Jahr) nicht, wenn zuvor bereits ein Beruf erlernt wurde4) .
Diese Ausgaben sind abzugsfähig
Zu den grundsätzlich begünstigten Kosten zählen sämtliche Ausgaben, die für das Studium notwendig sind und nicht zur typischen Lebenshaltung gehören. In Betracht kommen insbesondere
- Studien-/Semestergebühren,
- Fahrtkosten (für den Weg zur Hochschule),
- Aufwendungen für Repetitorien / Seminare/Exkursionen inkl. Fahrtkosten,
- Fachliteratur,
- Schreibwaren,
- PC etc.
Hinweis: Auch wenn die 4.000-€-Grenze nicht erreicht wird, ist die Unterscheidung zwischen Sonderausgaben und Werbungskosten/Betriebsausgaben von großer Bedeutung. Sonderausgaben verlieren nämlich dann ihre Wirkung, wenn – wie bei Studierenden oftmals der Fall – im Laufe des Jahres keine oder nur geringe einkommensteuerpflichtige Einkünfte erzielt werden. Hingegen können vorweggenommene Werbungskosten/Betriebsausgaben grundsätzlich immer geltend gemacht werden, ggf. im Rahmen einer Verlustfeststellung. Ein solcher Verlust kann dann in späteren Jahren – nach Studienende – steuerwirksam verrechnet werden.
Aktuelle Finanzrechtsprechung
Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 6. Mai 20105) einem Rettungssanitäter den Werbungskostenabzug für eine anschließende Pilotenausbildung (mehr als 30.000 €) versagt. Begründung: Der im Rahmen seines Zivildienstes zum Rettungssanitäter ausgebildete Pilot habe zuvor noch keine erstmalige Berufsausbildung absolviert, weil es sich um keine anerkannte Berufsausbildung (z.B. nach dem Berufsausbildungsgesetz oder der Handwerksordnung) gehandelt habe. Folglich wurde die Pilotenausbildung als erstmalige Berufsausbildung gewertet und die Kosten lediglich in Höhe von 4.000 € als Sonderausgaben anerkannt.
Hinweis: Einen Verlustvortrag in Folgejahre und damit eine Berücksichtigung der Kosten in den Jahren, in denen Einkünfte als Pilot erzielt wurden, lehnte das Gericht ab.
1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 6 vom 15. März 2010, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 17.
2) Vgl. Pressemitteilung Nr. 22 vom 14. Juli 2010, www.bdl-online.de.
3) Aktenzeichen: VI R 7/10.
4) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 20 vom 15. Oktober 2009, Steuer-Spartipp Nr. 1, Seite 17.
5) Aktenzeichen 3 K 3347/07 F.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(16):17-17