Dr. Christine Ahlheim
? Welche Maßnahmen, um die Motivation im Apothekenteam hochzuhalten, haben aus Ihrer Sicht den größten Erfolg?
Zunächst einmal müssen natürlich bestimmte Basisvoraussetzungen stimmen. Man könnte diese – aus der Motivationstheorie stammend – Hygienefaktoren nennen. Dazu zählen zweifelsfrei in einer Apotheke die Vergütung, die Teamgröße und ausgewogene Arbeitszeiten.
Bei der Vergütung als Basisvoraussetzung ist gemeint, dass die Verdienstmöglichkeiten auf jeden Fall durchschnittlich für die jeweils ausgeübte Tätigkeit sein müssen. Wenn das Gehalt darunter bleibt, muss es Gründe geben, die genannt werden können bzw. müssen. Es sollte aber den Angestellten auch bekannt sein, wenn sie eine überdurchschnittliche Entlohnung erhalten. Im Übrigen sollte man nicht nur mit einem Fixgehalt arbeiten, sondern die Mitarbeiter auch an erreichten Zielen partizipieren lassen und damit zum einen den unternehmerischen Erfolg teilen, aber auch das unternehmerische Risiko, da nur verteilt werden kann, was gemeinsam erwirtschaftet wurde. Dabei ist sorgsam darauf zu achten, dass die Ziele, die für eine derartige Vergütung herangezogen werden, klar und transparent sind und auch von den Mitarbeitern beeinflusst werden können. Diese Art der Provisionierung macht insbesondere dann Sinn, wenn Apotheken losgelöst vom Rx-Umsatz sehr hohe Umsatzanteile im Ergänzungssortiment oder auch im OTC-Segment erwirtschaften.
Neben diesen Basisvoraussetzungen muss der Apothekenleiter Vorbild sein. Eine charismatische Chef-Persönlichkeit erhöht die Motivation ungemein. Ein Chef, zu dem man sprichwörtlich aufschauen kann, von dem man etwas lernen kann, der mit seinem Wirken und Handeln Leitbild ist, steigert in aller Regel die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter.
Eine offene Kommunikation gefällt den meisten Mitarbeitern auch. Was gut ist, wird gelobt, wichtige Dinge im Team besprochen, Ideen werden aufgegriffen und Widerstände diskutiert. Mangelnde Kenntnisse werden durch Informationen beseitigt und vor allem auch Minderleistungen nicht toleriert, im Gegenteil – in einer offenen Gesprächskultur wird dies thematisiert und artikuliert. Fleißige Mitarbeiter haben dadurch den Eindruck, dass nicht ausreichendes Engagement erkannt und ggf. sanktioniert wird.
Man könnte noch eine Reihe weiterer Erfolgsfaktoren nennen, die die Motivation positiv beeinflussen können. Dies hängt auch immer etwas von der Größe des Teams ab, von den Schwerpunkten in der Apotheke und den ergänzenden Dienstleistungen, die für die Kunden erbracht werden.
? Wie kann erreicht werden, dass die zur Steigerung der Motivation eingesetzten Instrumente auch langfristig wirken?
Vergleichsweise einfach: Konsequenz und Nachhaltigkeit sind gefragt. Es geht nicht darum, ständig etwas Neues auszuprobieren, sondern einen Stil zu prägen und dafür auch zu stehen. Deshalb ist es nicht richtig, mal eine Betriebssause zu machen und es richtig krachen zu lassen und dann passiert zwei Jahre lang nichts. Wenn es einen Betriebsausflug oder eine Weihnachtsfeier gibt, muss dies jährlich stattfinden. Die Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass sie sich auf ihr Unternehmen verlassen können.Dies gilt ebenso für Besprechungen. Natürlich kommt es vor, dass beim nach regelmäßigem Turnus stattfindenden Gespräch nichts oder nicht viel zu besprechen ist, aber dennoch sollte eingeladen werden, zumindest aber den Mitarbeitern die Gelegenheit eingeräumt werden, ihrerseits Punkte vortragen zu können.
Zudem gibt es in aller Regel immer Aufgaben, die zwar nicht dringlich sind, aber den langfristigen Erfolg beeinflussen können und die man sonst immer vernachlässigt. Diese sind dann in den Vordergrund zu stellen. Und auch hier ist wichtig, wenn man etwas ändern möchte, diese Änderung im Kollektiv als gemeinsame Entscheidung herbeizuführen. Dann ist auch jedem klar, warum so gehandelt wird und es kommt nicht zu lähmenden Erklärungsrunden und Verwerfungen, weil sich mal wieder jemand nicht eingebunden fühlt.
? Auf welchem Weg kann verhindert werden, dass ehrgeizige Mitarbeiter durch die in den öffentlichen Apotheken sehr begrenzten Aufstiegschancen demotiviert werden?
Jedem muss klar sein, wie das Arbeitsumfeld in Apotheken aussieht. Und die Hierarchien in Apotheken sind flach. Von daher müsste das Problem überschaubar sein. Angestellte Apotheker suchen bisweilen genau dieses Umfeld, weil sie die Selbstständigkeit scheuen und sind dankbar für die Stelle. Selbst die Übernahme von Filialen ist nicht jedermanns Sache. Aber es gibt natürlich auch ambitionierte Mitarbeiter. Hier muss man klären, ob diese Ambitioniertheit auf echte Qualitäten zurückzuführen ist oder ob dieser Ehrgeiz andere Ursprünge hat, die nicht mit den Leistungen korrelieren.
Wenn ambitionierte Mitarbeiter tatsächlich starke Leistungen bringen, kann man versuchen, ihnen Aufgabengebiete, Indikationsgebiete usw. komplett zu übertragen und damit auch hierfür die Verantwortung abzugeben. Die Vergütung dieses Mitarbeiters kann mit dem Erfolg in diesem Aufgabengebiet gekoppelt werden. So schafft man ggf. Zufriedenheit.
Es ist extrem wichtig, dass ambitionierte Mitarbeiter ab und an ein Lob erhalten. Manchmal hilft es auch, ihnen einen besonderen Titel zu geben, der auf die Bedeutung des Mitarbeiters hinweist und ihn damit positiv gegenüber den Kunden von den Kollegen abgrenzt, aber auch als Signal gegenüber dem eigenen privaten Umfeld dient. Insgesamt stärkt dies in der Regel das Selbstwertgefühl des Mitarbeiters hinreichend stark.
Für den Fall, dass dies immer noch nicht ausreichen sollte, muss man mit dem Mitarbeiter sprechen. Wenn es ganz schlimm kommt, gibt es keine gemeinsame Zukunft, denn auf Dauer schadet ein zu ehrgeiziger Mitarbeiter dem gesamten Team und er ruft in aller Regel auch nicht seine ganze Leistungskraft ab. Dann muss man sich trennen.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(20):3-3