Festverzinsliche Wertpapiere

Die Duration als Maßstab für das Risiko


Prof. Dr. Reinhard Herzog

Steuerlich spielt es mittlerweile keine Rolle mehr, ob eine Anleihe hohe oder niedrige Zinsen abwirft: Neben den Zinszahlungen unterliegen auch Kursveränderungen der Abgeltungssteuer. Sehr wohl Unterschiede gibt es jedoch bei der Renditeberechnung.

Anleihefans haben es vergleichsweise einfach: Wird das Geld für die nächsten vier Jahre nicht benötigt, können sie ein Papier mit vier Jahren Restlaufzeit kaufen. Da es in jedem Fall zum vollen Nennwert von 100% zurückgezahlt wird und – eine gute Bonität des Emittenten vorausgesetzt – auch die Zinsen regelmäßig fließen, lässt sich der Gesamtertrag des Papiers exakt vorhersagen.

Problematischer ist die Situation jedoch zum einen im Fall eines geplanten vorzeitigen Verkaufs, zum anderen aber auch dann, wenn das Geld grundsätzlich unbefristet zur Verfügung steht. Denn schließlich handelt es sich bei Anleihen um börsennotierte Produkte mit entsprechenden Kursschwankungen. Je länger die Papiere noch laufen, umso größer fallen diese Schwankungen aus. Wie hoch die Risi­ken sind, konnte man gerade in jüngster Vergangenheit beobachten: Nur weil die Umlaufrendite im Juli 2010 von 2,1% auf 2,4% anstieg, gab beispielsweise der Kurs der 4,25%igen Bundesanleihe mit Laufzeit bis 2039 um 2,5% von 118% auf 115% nach.

Nicht alle Anleihen eines Laufzeitbereichs reagieren jedoch gleichermaßen auf Zinsver­änderungen am Kapitalmarkt. Denn schließlich sind auch die Zahlungsströme zu berücksichtigen: Bei hohem Nominalzins fließt das investierte Geld viel schneller an den Anleger zurück als bei niedrigem Zins. Als Vergleichsmaßstab verschiedener festverzinslicher Wertpapiere wird daher heu- te zunehmend die Duration herangezogen. Dabei handelt es sich – vereinfacht ausgedrückt – um die durchschnittliche Laufzeit eines festverzinslichen Papiers unter Berücksichtigung aller zwischenzeitlichen Zahlungsströme. Wird ein Bond genau zum Ablauf der Duration verkauft, heben sich Zinsänderungsrisiko und Wiederanlageeffekt gegenseitig auf.

Rechenhilfe im Internet

Sowohl die Duration als solche wie auch Kursveränderungen muss der Anleger jedoch nicht selbst errechnen. Internet-Pro­gramme wie von der Börse Stutt­gart ( www.boersestutt-gart. de 1 Tools und Services 1 Renditerechner ) bieten um­fangreiche Rechenhilfen, die die Titelauswahl erleichtern. Allerdings sollte sich jeder Anleger etwas mit den Grundlagen befassen. So erfolgt die Berechnung der Duration in drei Schritten: Zunächst werden die Zeitpunkte ermittelt, zu denen der Anleger die Zinsen und Tilgungszahlung(en) erhält. Im zweiten Schritt werden nun die Barwerte der einzelnen Zahlungen festgestellt. Denn schließlich ist eine Zinszahlung in einem Jahr über beispielsweise 100 € wegen der Möglichkeit zur schnellen Wiederanlage „mehr wert“ als eine gleich hohe Zahlung nach fünf oder gar zehn Jahren. Im dritten Schritt werden dann die Barwerte noch mit dem Zeitfaktor gewichtet, addiert und durch die Summe der errechneten Barwerte divi­diert. Das Ergebnis ist die Duration, die bei normalverzinsten Papieren immer kürzer ist als die Restlaufzeit der Anleihe.

Die Duration bietet also konkrete Möglichkeiten, das Kurs­risiko abzuschätzen. Erwirbt ein Anleger ein Papier mit einer Duration, die exakt seinem Planungshorizont entspricht, bleibt seine Rendite auch bei Zinsschwankungen kalkulierbar. Er geht also kein Risiko ein, selbst wenn das Papier erst nach dem Verfügungszeitpunkt fällig wird. In allen an­‑ de­ren Fällen, insbesondere al­so bei einer Anlage mit un­bestimmtem Verfügungszeitpunkt, lassen sich mit Hilfe der Duration die Kursveränderun­gen genau ermitteln, die sich aus Renditeschwankungen am Kapitalmarkt ergeben können.

Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(23):14-14