Helmut Lehr
Werden im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge Immobilien an die Kinder übertragen, geschieht dies nicht selten gegen Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts zugunsten der Eltern als frühere Eigentümer. Tatsächlich wird das lebenslange Wohnrecht oft gar nicht bis zum Ableben des Berechtigten beansprucht, weil z.B. altersbedingt der Umzug in ein Heim notwendig ist. Damit erlischt allerdings das dingliche Wohnrecht nicht automatisch. Wollen die Eigentümer (Kinder bzw. deren Rechtsnachfolger) mit dem Objekt nun Einkünfte durch Vermietung erzielen, könnte das Finanzamt Probleme bereiten.
Beispiel: Apothekerin Berg ist Eigentümerin eines Einfamilienhauses, das sie vor zehn Jahren von ihrer Mutter unentgeltlich übertragen bekommen hat. Auf dem Objekt „lastet“ ein lebenslanges dingliches Wohnrecht zugunsten der Mutter. Nachdem diese im Alter von 80 Jahren in ein Wohnheim gezogen war, renovierte Frau Berg das Objekt umfangreich und vermietete es dann an fremde Dritte. Zuvor hatte die Mutter dieser Vorgehensweise schriftlich zugestimmt und auch ihr Einverständnis erteilt, dass die Tochter die Miete selbst vereinnahmen (und behalten) darf.
Der aufgrund der hohen Werbungskosten entstandene Verlust aus Vermietung und Verpachtung wird vom Finanzamt nicht berücksichtigt. Weil das Grundstück noch mit einem dinglichen Wohnrecht zugunsten der Mutter belastet sei, hätte Frau Berg nicht mit Einnahmeerzielungsabsicht gehandelt, so die Behörde. Der Nutzungswert des Hauses stünde der Mutter zu.
Wirtschaftliche Dispositionsbefugnis entscheidend
Das Hessische Finanzgericht hat in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass der Verlust aus Vermietung beim Eigentümer der Immobilie anzuerkennen ist1). Danach ist in erster Linie maßgebend, wer die wirtschaftlichen Dispositionen über das Mietobjekt und damit die eigentliche Vermietungstätigkeit selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter ausübt. Da die Mutter ihr Wohnrecht erkennbar nicht mehr ausgeübt und der Vermietung auch ausdrücklich zugestimmt hat, ist die Tochter zweifelsfrei als Vermieterin aufgetreten. Zudem hat sie die Renovierung sowie die Vermietung in eigenem Namen veranlasst und die entsprechenden Kosten getragen.
Hinweis: Die Vermieterstellung der Tochter wurde zusätzlich durch das Einverständnis der Mutter bekräftigt, was faktisch einer schuldrechtlichen Nutzungsvereinbarung gleichkommt. Das bestehende, aber nicht mehr ausgeübte dingliche Wohnrecht steht dem nicht entgegen.
In vergleichbaren Fällen argumentieren die Finanzämter gerne mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach Aufwendungen, die ein Eigentümer für eine mit einem Wohnrecht belastete Wohnung macht, im Allgemeinen nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind. Hier wurden jedoch regelmäßig Sachverhalte entschieden, in denen das Wohnrecht tatsächlich noch ausgeübt wurde und aufgrund der Lebenserwartung des Berechtigten noch gar nicht absehbar war, wann überhaupt Einkünfte erzielt werden können.
Hinweis: Die Entscheidung des Finanzgerichts kommt der Praxis entgegen, weil sie nicht die mit Kosten verbundene Löschung eines Wohnrechts im Grundbuch voraussetzt, um die Vermieterposition auch steuerrechtlich zu bekräftigen. In jedem Fall sollte jedoch mit dem Wohnberechtigten eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden, wonach dieser mangels weiteren Bedarfs auf seine Berechtigung verzichtet und auch vorsorglich einer Vermietung umfassend zustimmt, sofern dies den beiderseitigen Interessen der Beteiligten entspricht.
1) Vgl. Urteil vom 30. Juli 2009, Aktenzeichen 13 K 1121/07.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2010; 35(23):17-17