Prof. Dr. Reinhard Herzog
1.450 € für einen Flug von Amsterdam nach Kapstadt, 1.162 € für einen neuen Laptop von einem Internet-Händler in Kopenhagen und 62 € für einen Barbesuch in London – die Überraschung war groß, als Apotheker Wendler seine Kreditkartenabrechnung erhielt. Schließlich hatte er die Karte bisher ausnahmslos für geschäftliche Zahlungen wie etwa das Betanken des Firmenfahrzeugs eingesetzt, nicht jedoch für Reisen oder Freizeitvergnügen – und schon gar nicht im Ausland.
Ein Anruf beim Kartenemittenten brachte schnell Klarheit: Die Kartendaten waren offenbar in die Hände Krimineller geraten und so wurden rund um den Globus Einkäufe getätigt und Dienstleistungen bezahlt. Mittlerweile waren beim Emittenten bereits drei weitere Buchungen für das Konto eingegangen, diesmal aus Osteuropa. Der Hotline-Mitarbeiter ließ erkennen, dass solche Fälle inzwischen Routine geworden sind. Er kündigte ein Formblatt an, auf dem der Vorgang zusammengefasst werden sollte, und veranlasste das Ausstellen einer neuen Karte. Innerhalb einer Woche werde das Geld wieder gutgeschrieben, eine Anzeige bei der Polizei war nicht erforderlich.
In der Tat sind solche Missbrauchsfälle inzwischen nicht mehr ungewöhnlich: Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden mehr als 40% aller in Deutschland ausgegebenen Kreditkarten von den Emittenten ausgetauscht, weil entsprechende Gefahren bestanden. Die Möglichkeiten des Missbrauchs sind vielfältig: Einmal ist es ein Datenleck bei einer der zwischengeschalteten Abrechnungsstellen, ein anderes Mal eine Panne bei einem Versandhändler und nicht zuletzt gehen auch manche Karteninhaber recht freigiebig mit den Zahlenangaben auf ihrem Plastikgeld
Algorithmen geknackt?
Gerüchten zufolge soll es Betrügerbanden aber auch schon gelungen sein, die Zahlenalgorithmen mehrerer Kartenemittenten zu knacken, sodass sie problemlos eigene Karten mit „funktionierenden“ Nummernkombinationen erstellen konnten. Das erklärt auch, warum fast alle Missbrauchsfälle ausgesprochen unbürokratisch und schnell zugunsten des Karteninhabers geregelt werden und nicht einmal die Polizei eingeschaltet werden soll.
Hinsichtlich der Haftung müssen sich Karteninhaber wenig Sorgen machen: Eine vollständige Haftung ist allenfalls bei grober Fahrlässigkeit denkbar, wenn z.B. die Karte inklusive Geheimnummer gestohlen wurde. Ansonsten gilt die Regel, dass bei Verlust oder Diebstahl eine Selbstbeteiligung von maximal 150 € vorgesehen ist. Sobald das Abhandenkommen gemeldet wurde, entfällt sogar jede Haftung. Dies gilt gleichermaßen für Missbrauchsfälle im Internet, bei denen der strittige Betrag dem Händler zurückbelastet wird.
Konto beobachten
Dessen ungeachtet sollte jeder Karteninhaber sein Konto laufend beobachten und auffällige Zahlungen sofort melden, damit eine Sperre der Karte erfolgt. Die Ersatzkarte wird im Übrigen bei Betrugsfällen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Positiv zu bewerten sind zusätzliche Sicherungsmaßnahmen, die jetzt zunehmend eingesetzt werden. American Express stattet beispielsweise neue Karten mit einem Chip aus, sodass die Unterschrift durch eine Geheimnummer ersetzt wird. Die DKB schickt Inhabern der Lufthansa-MasterCard auf Wunsch sogar eine SMS, sobald größere Beträge mit der Karte bezahlt werden oder ein Länderwechsel erfolgt ist.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(01):12-12