Helmut Lehr
Unter welchen Voraussetzungen Darlehen zwischen nahen Angehörigen steuerlich anerkannt werden, hat die Finanzverwaltung aus ihrer Sicht kürzlich klargestellt1). Darlehen unter Angehörigen sind insbesondere dann interessant, wenn der Darlehensnehmer die gezahlten Zinsen als Betriebsausgaben/Werbungskosten absetzen kann und der Darlehensgeber die erhaltenen Zinsen in einem relativ niedrigen Progressionsbereich versteuert.
Hinweis: In diesem Zusammenhang stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die von einem nahen Angehörigen erhaltenen Zinsen der Abgeltungssteuer unterliegen oder dem individuellen Steuersatz.
Bisherige gesetzliche Regelung
Die Abgeltungssteuer war bislang nicht anzuwenden, wenn Darlehensgläubiger und -schuldner nahestehende Personen sind. Dadurch sollte die gezielte Gestaltung einer „Steuersatzspreizung“ vermieden werden.
Sofern nämlich der Schuldner die Zinsen steuerlich geltend machen kann und einem relativ hohen persönlichen Steuersatz unterliegt, könnten innerhalb der Familie kräftig Steuern gespart werden, weil der Darlehensgeber nur die Abgeltungssteuer (25% zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) entrichten muss – unabhängig von der Höhe seiner tatsächlichen (persönlichen) Steuerprogression.
Hinweis: Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 20102) wurde nun klargestellt, dass diese Ausnahme von der Abgeltungssteuer nur gilt, soweit – vereinfacht ausgedrückt – die gezahlten Zinsen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind und in Zusammenhang mit im Inland besteuerten Einkünften stehen. Anders formuliert: Kann der Schuldner die gezahlten Zinsen steuerlich nicht absetzen (z.B. Finanzierung des selbst genutzten Wohnhauses), muss der Darlehensgeber nur die 25%ige Abgeltungssteuer für seine Zinsen entrichten.
Beispiel
Apotheker Holdmann gibt seinem Sohn ein Darlehen über 200.000 € zu einem Zinssatz von 5%. Damit finanziert sein Sohn ein Mietobjekt. Die Vertragsbedingungen und deren tatsächliche Durchführung halten dem Fremdvergleich stand.
Apotheker Holdmann muss nach Ansicht der Finanzverwaltung die erhaltenen Zinsen mit seinem individuellen Steuersatz versteuern – die mitunter günstigere Abgeltungssteuer greift für ihn nicht.
Benachteiligung gegenüber Bankzinsen
Da im Beispiel Bedingungen wie unter fremden Dritten vereinbart wurden, liegt eigentlich kein „Missbrauchsfall“ vor. Schließlich hätte Herr Holdmann sein Geld auch bei der Bank anlegen können – die daraus erzielten Zinsen würden dann der Abgeltungssteuer unterliegen und mitunter deutlich niedriger besteuert werden als die Zinsen, die ihm sein Sohn zahlt.
Hinweis: Zurzeit ist beim Finanzgericht Niedersachsen ein Verfahren anhängig, in dem über die Anwendung der Abgeltungssteuer bei Zinseinnahmen aus Angehörigen-Darlehen gestritten wird3). Die Versteuerung der Zinsen nach dem persönlichen Steuersatz sollte deshalb bis auf Weiteres dann nicht widerspruchslos akzeptiert werden, wenn dies zu einer höheren Belastung als unter Anwendung der Abgeltungssteuer führt. In diesem Zusammenhang wurde auch die Verfassungsmäßigkeit der entsprechenden gesetzlichen Regelung infrage gestellt.
1) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 2 vom 15. Januar 2011, Steuer-Spartipp Nr. 2, Seite 18.
2) Vgl. AWA -Ausgabe Nr. 3 vom 1. Februar 2011, Seite 10 bis 12.
3) Aktenzeichen 15 K 417/10.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(04):17-17