Prof. Dr. Reinhard Herzog
Der Ertrag einer Lebensversicherungspolice setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen: Basis ist der sogenannte Höchstrechnungszins, besser bekannt als Garantiezins. Er wird vom Gesetzgeber festgelegt und gilt für alle neu abgeschlossenen Verträge für die gesamte Laufzeit. Hinzu kommen Gewinnanteile, die je nach Vertragsart in unterschiedlicher Form berechnet werden. Bei einem aktuellen Garantiezins von 2,25% erwirtschaften die meisten Gesellschaften ihren Kunden eine Rendite zwischen 3,0% und 4,5%. Wichtig dabei: Die in den Medien publizierten Angaben beziehen sich nur auf den Sparanteil der Prämie. Da zuvor noch Risiko- sowie Verwaltungskosten abgezogen werden, liegt die reale Rendite einer Kapitallebensversicherung heute in einer Größenordnung zwischen 1,5% und 3,5%.
Heftig diskutiert wird derzeit jedoch über die Höhe des Garantiezinses. Traditionell gibt die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) der Bundesregierung jedes Jahr eine Empfehlung, basierend auf den Renditesätzen von Bundesanleihen. Der jüngste Vorschlag lautet auf 2,0%, gültig für alle Verträge mit Abschlussdatum ab dem 1. Januar 2012. Doch das zuständige Bundesfinanzministerium will strenger sein: In einem Entwurf zur entsprechenden Verordnung soll der Garantiezins bereits Mitte 2011 um 0,5 Prozentpunkte auf nur noch 1,75% zurückgenommen werden.
Sinkende Versicherungssummen
Schon jetzt nützen Versicherungsvermittler die Pläne als Werbeargument, um den nach wie vor stockenden Absatz von Neuverträgen anzukurbeln. Nur ein Vertragsabschluss vor Änderung des Garantiezinses – so wird versprochen – sichere die bisherigen Renditen. Verbraucherschützer warnen indes vor übereiltem Handeln.
Zwar hat eine Herabsetzung des Garantiezinses zum einen niedrigere Versicherungssummen zur Folge, zum anderen auch geringere Ablaufleistungen, wenn die Kapitalmarktzinsen weiterhin auf Talfahrt sind und die Versicherer keine Überschüsse mehr erwirtschaften können. Wesentlich geringer ist die Bedeutung aber bei „normaler“ Entwicklung der Kapitalmarktzinsen in Form regelmäßiger Schwankungen. Denn schließlich werden dann die höheren Erträge in Form von Überschüssen an die Kunden weitergegeben, sodass sich an der Rendite letztlich nicht viel ändert. Mehr noch: Je niedriger der garantierte Rechnungszins eines Vertrags, umso liberaler kann die Gesellschaft die Kundengelder investieren. Die Folge: Die Ablaufleistung einer Police mit niedrigem Garantiezins kann grundsätzlich sogar höher ausfallen als bei den heute mit mindestens 2,25% verzinsten Verträgen.
Eigenanlage sinnvoller
Daher sollten Änderungen des Garantiezinses keinesfalls zum Anlass genommen werden, noch schnell einen Versicherungsvertrag abzuschließen. Entscheidend ist vielmehr der tatsächliche Bedarf, etwa in Verbindung mit der Absicherung der Familie oder der persönlichen Altersvorsorge. Im Klaren sollten sich Interessenten auch darüber sein, dass Lebens- und Rentenversicherungen keine „Renditerenner“ mehr sind und auch unter steuerlichen Gesichtspunkten die „goldenen Jahre“ längst vorbei sind. Oft sinnvoller ist daher die Eigenanlage, etwa in Rentenwerten und Aktien, verbunden mit einer preiswert bei einem Direktversicherer abgeschlossenen Risikolebensversicherung zur Absicherung der Familie.
Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker 2011; 36(04):16-16